Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873.

Bild:
<< vorherige Seite

einige weichherzige Abgeordnete mit ihren Herzen zu-
gleich um ihre politische Gesinnung kommen könnten.

Die Aeußerung dieses Staatsmannes, die die poli-
tische Gesinnung der Männer so bedauerlich angreift,
findet ein Pendant in den Ansichten des sehr gelehrten
und berühmten Herrn Professor Gneist.

Professor Gneist sprach sich gegen die Zulassung der
Frauen an deutschen Universitäten sehr energisch aus,
weil - die Professoren aus Eitelkeit und um der un-
zulänglichen Vorbereitung Rechnung zu tragen, sich zum
Nachtheil der Wissenschaft zu mehr glänzenden und ober-
flächlichen Vorträgen könnten hinreißen lassen. (Die
Rede des Herrn Professors ist mir nicht zur Hand, ich
citire deshalb nicht seine Worte, sondern nur seine
Meinung.)

Entspricht diese Anschauung nicht einem Verfahren,
wie es unter der modernen Willkürherrschaft des ersten
Napoleon den Frauen gegenüber in Paris gehandhabt
würde? Damals kam es nämlich in Paris häufig vor,
daß anständige junge Mädchen, die wegen ihrer hübschen
Erscheinung beleidigende Blicke und Aeußerungen der
Männer dulden mußten, von einem Sergeanten ange-
halten und kraft der Ordonnanz von 1802 bei der Po-
lizei angeklagt wurden als schuldig, die Jugend zum
Bösen verführt zu haben.

einige weichherzige Abgeordnete mit ihren Herzen zu-
gleich um ihre politische Gesinnung kommen könnten.

Die Aeußerung dieses Staatsmannes, die die poli-
tische Gesinnung der Männer so bedauerlich angreift,
findet ein Pendant in den Ansichten des sehr gelehrten
und berühmten Herrn Professor Gneist.

Professor Gneist sprach sich gegen die Zulassung der
Frauen an deutschen Universitäten sehr energisch aus,
weil – die Professoren aus Eitelkeit und um der un-
zulänglichen Vorbereitung Rechnung zu tragen, sich zum
Nachtheil der Wissenschaft zu mehr glänzenden und ober-
flächlichen Vorträgen könnten hinreißen lassen. (Die
Rede des Herrn Professors ist mir nicht zur Hand, ich
citire deshalb nicht seine Worte, sondern nur seine
Meinung.)

Entspricht diese Anschauung nicht einem Verfahren,
wie es unter der modernen Willkürherrschaft des ersten
Napoleon den Frauen gegenüber in Paris gehandhabt
würde? Damals kam es nämlich in Paris häufig vor,
daß anständige junge Mädchen, die wegen ihrer hübschen
Erscheinung beleidigende Blicke und Aeußerungen der
Männer dulden mußten, von einem Sergeanten ange-
halten und kraft der Ordonnanz von 1802 bei der Po-
lizei angeklagt wurden als schuldig, die Jugend zum
Bösen verführt zu haben.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0227" n="219"/>
einige weichherzige Abgeordnete mit ihren Herzen zu-<lb/>
gleich um ihre politische Gesinnung kommen könnten.</p><lb/>
          <p>Die Aeußerung dieses Staatsmannes, die die poli-<lb/>
tische Gesinnung der Männer so bedauerlich angreift,<lb/>
findet ein Pendant in den Ansichten des sehr gelehrten<lb/>
und berühmten Herrn Professor Gneist.</p><lb/>
          <p>Professor Gneist sprach sich gegen die Zulassung der<lb/>
Frauen an deutschen Universitäten sehr energisch aus,<lb/>
weil &#x2013; die Professoren aus Eitelkeit und um der un-<lb/>
zulänglichen Vorbereitung Rechnung zu tragen, sich zum<lb/>
Nachtheil der Wissenschaft zu mehr glänzenden und ober-<lb/>
flächlichen Vorträgen könnten hinreißen lassen. (Die<lb/>
Rede des Herrn Professors ist mir nicht zur Hand, ich<lb/>
citire deshalb nicht seine Worte, sondern nur seine<lb/>
Meinung.)</p><lb/>
          <p>Entspricht diese Anschauung nicht einem Verfahren,<lb/>
wie es unter der modernen Willkürherrschaft des ersten<lb/>
Napoleon den Frauen gegenüber in Paris gehandhabt<lb/>
würde? Damals kam es nämlich in Paris häufig vor,<lb/>
daß anständige junge Mädchen, die wegen ihrer hübschen<lb/>
Erscheinung beleidigende Blicke und Aeußerungen der<lb/>
Männer dulden mußten, von einem Sergeanten ange-<lb/>
halten und kraft der Ordonnanz von 1802 bei der Po-<lb/>
lizei angeklagt wurden als schuldig, die Jugend zum<lb/>
Bösen verführt zu haben.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[219/0227] einige weichherzige Abgeordnete mit ihren Herzen zu- gleich um ihre politische Gesinnung kommen könnten. Die Aeußerung dieses Staatsmannes, die die poli- tische Gesinnung der Männer so bedauerlich angreift, findet ein Pendant in den Ansichten des sehr gelehrten und berühmten Herrn Professor Gneist. Professor Gneist sprach sich gegen die Zulassung der Frauen an deutschen Universitäten sehr energisch aus, weil – die Professoren aus Eitelkeit und um der un- zulänglichen Vorbereitung Rechnung zu tragen, sich zum Nachtheil der Wissenschaft zu mehr glänzenden und ober- flächlichen Vorträgen könnten hinreißen lassen. (Die Rede des Herrn Professors ist mir nicht zur Hand, ich citire deshalb nicht seine Worte, sondern nur seine Meinung.) Entspricht diese Anschauung nicht einem Verfahren, wie es unter der modernen Willkürherrschaft des ersten Napoleon den Frauen gegenüber in Paris gehandhabt würde? Damals kam es nämlich in Paris häufig vor, daß anständige junge Mädchen, die wegen ihrer hübschen Erscheinung beleidigende Blicke und Aeußerungen der Männer dulden mußten, von einem Sergeanten ange- halten und kraft der Ordonnanz von 1802 bei der Po- lizei angeklagt wurden als schuldig, die Jugend zum Bösen verführt zu haben.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-07-10T17:06:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-07-10T17:06:15Z)

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/227
Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/227>, abgerufen am 21.11.2024.