17. Um den Verkehr mit Auswärtigen zu beför- dern, müßte ein mit einem Christen besetztes Wirthshaus in der Stadt seyn; der Wirth wäre Bürger und stünde als solcher unter dem Magi- strat.
Meine Absicht ist hier keinesweges einen ganzen Plan zur Errichtung und Einrichtung einer neuen Judenstadt, sondern bloß einen kleinen Grundriß da- zu zu entwerfen, denn ich glaube es komme hiebey hauptsächlich darauf an, einmal den Juden eine Ehr- begierde einzuflößen und sie sich selbst hochschätzen zu lehren, und denn sie vor der Verachtung der Chri- sten zu bewahren. Das Erste würde der 1, 7, 8, 9, 11 und 17te Punkt, das Andere der 3, 4, 5, 8, 10, 15 und 16te ziemlich leisten, das Band der Gesel- ligkeit aber durch die Nro. 4, 5, 9, 11, 12, 13, 14, 17 bemerkte Verkehre auch nach und nach mehr ge- knüpfet werden.
Die unumschränkte bürgerliche Freyheit und To- leranz der Juden in den Städten wo sie unter Chri- sten wohnen, ist so vielen beynahe unüberwindlichen Schwierigkeiten unterworfen, daß solche zu heben, mehr als ein menschliches Alter erforderlich seyn mög- te; was würde es erst kosten ihnen Toleranz und Freyheit da zu verschaffen wo sie noch gar keine Nie-
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17. Um den Verkehr mit Auswaͤrtigen zu befoͤr- dern, muͤßte ein mit einem Chriſten beſetztes Wirthshaus in der Stadt ſeyn; der Wirth waͤre Buͤrger und ſtuͤnde als ſolcher unter dem Magi- ſtrat.
Meine Abſicht iſt hier keinesweges einen ganzen Plan zur Errichtung und Einrichtung einer neuen Judenſtadt, ſondern bloß einen kleinen Grundriß da- zu zu entwerfen, denn ich glaube es komme hiebey hauptſaͤchlich darauf an, einmal den Juden eine Ehr- begierde einzufloͤßen und ſie ſich ſelbſt hochſchaͤtzen zu lehren, und denn ſie vor der Verachtung der Chri- ſten zu bewahren. Das Erſte wuͤrde der 1, 7, 8, 9, 11 und 17te Punkt, das Andere der 3, 4, 5, 8, 10, 15 und 16te ziemlich leiſten, das Band der Geſel- ligkeit aber durch die Nro. 4, 5, 9, 11, 12, 13, 14, 17 bemerkte Verkehre auch nach und nach mehr ge- knuͤpfet werden.
Die unumſchraͤnkte buͤrgerliche Freyheit und To- leranz der Juden in den Staͤdten wo ſie unter Chri- ſten wohnen, iſt ſo vielen beynahe unuͤberwindlichen Schwierigkeiten unterworfen, daß ſolche zu heben, mehr als ein menſchliches Alter erforderlich ſeyn moͤg- te; was wuͤrde es erſt koſten ihnen Toleranz und Freyheit da zu verſchaffen wo ſie noch gar keine Nie-
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17. Um den Verkehr mit Auswaͤrtigen zu befoͤr-
dern, muͤßte ein mit einem Chriſten beſetztes
Wirthshaus in der Stadt ſeyn; der Wirth waͤre
Buͤrger und ſtuͤnde als ſolcher unter dem Magi-
ſtrat.
Meine Abſicht iſt hier keinesweges einen ganzen
Plan zur Errichtung und Einrichtung einer neuen
Judenſtadt, ſondern bloß einen kleinen Grundriß da-
zu zu entwerfen, denn ich glaube es komme hiebey
hauptſaͤchlich darauf an, einmal den Juden eine Ehr-
begierde einzufloͤßen und ſie ſich ſelbſt hochſchaͤtzen zu
lehren, und denn ſie vor der Verachtung der Chri-
ſten zu bewahren. Das Erſte wuͤrde der 1, 7, 8, 9,
11 und 17te Punkt, das Andere der 3, 4, 5, 8, 10,
15 und 16te ziemlich leiſten, das Band der Geſel-
ligkeit aber durch die Nro. 4, 5, 9, 11, 12, 13, 14,
17 bemerkte Verkehre auch nach und nach mehr ge-
knuͤpfet werden.
Die unumſchraͤnkte buͤrgerliche Freyheit und To-
leranz der Juden in den Staͤdten wo ſie unter Chri-
ſten wohnen, iſt ſo vielen beynahe unuͤberwindlichen
Schwierigkeiten unterworfen, daß ſolche zu heben,
mehr als ein menſchliches Alter erforderlich ſeyn moͤg-
te; was wuͤrde es erſt koſten ihnen Toleranz und
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Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/130>, abgerufen am 27.11.2024.
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