wegen sie sich taufen zu lassen, und sie bleiben im Grunde was sie waren. Die besten neueren Schrif- ten über die Erziehung erkennen es, daß man mit Kindern nicht von Glaubensartikeln sprechen müsse. Der Verfasser des Memoires fur l'Etat des Juifs en Alsace behauptet pag. 196 selbst diese Wahrheit, wi- derspricht sich aber gleich darauf "s'il est des cas, sagt er, ou la puissance paternelle doeit etre sans force contre la volonte des enfants lors qu'il s'agit de salut, il faut sans doute que la violence ou la ruse n'y ayent aucune part, l'acte le plus essentiel ne doit etre que l'effet de la reflexion" und wenn er die ergangenen Verord- nungen anführt, hinzusetzt: "toutes ces autorites se "reunissent au voeu de la nature pour laisser aux pe- "res & meres l'autorite qu' elle leur donne sur leurs En- "fans." Welche Violence und Ruse kann wohl stärker würken, als diejenige, die sich des schwachen Verstan- des der Kinder bemeistert; welche Reflexion kann man von solchem Kinde erwarten, und das im 12ten Jahre? Nicht vor dem 15ten sollte den jungen Leu- ten von Glaubensartikeln vorgesprochen werden, und wenigstens nicht vor dem 18ten verlangt werden, daß sie eine Wahl treffen, unter den verschiedenen Reli- gionen. Ich muß dieses Wort brauchen, welches ich sehr ungerne thue, weil es wenige giebt die mehr
Zwey-
wegen ſie ſich taufen zu laſſen, und ſie bleiben im Grunde was ſie waren. Die beſten neueren Schrif- ten uͤber die Erziehung erkennen es, daß man mit Kindern nicht von Glaubensartikeln ſprechen muͤſſe. Der Verfaſſer des Mémoires fur l’Etat des Juifs en Alſace behauptet pag. 196 ſelbſt dieſe Wahrheit, wi- derſpricht ſich aber gleich darauf „s’il eſt des cas, ſagt er, ou la puiſſance patèrnelle doît etre ſans force contre la volonté des enfants lors qu’il s’agit de ſalut, il faut ſans doute que la violence ou la ruſe n’y ayent aucune part, l’acte le plus eſſentiel ne doit etre que l’effet de la reflexion“ und wenn er die ergangenen Verord- nungen anfuͤhrt, hinzuſetzt: „toutes ces autorités ſe „reuniſſent au voeu de la nature pour laiſſer aux pe- „res & meres l’autorité qu’ elle leur donne ſur leurs En- „fans.“ Welche Violence und Ruſe kann wohl ſtaͤrker wuͤrken, als diejenige, die ſich des ſchwachen Verſtan- des der Kinder bemeiſtert; welche Reflexion kann man von ſolchem Kinde erwarten, und das im 12ten Jahre? Nicht vor dem 15ten ſollte den jungen Leu- ten von Glaubensartikeln vorgeſprochen werden, und wenigſtens nicht vor dem 18ten verlangt werden, daß ſie eine Wahl treffen, unter den verſchiedenen Reli- gionen. Ich muß dieſes Wort brauchen, welches ich ſehr ungerne thue, weil es wenige giebt die mehr
Zwey-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0144"n="136"/>
wegen ſie ſich taufen zu laſſen, und ſie bleiben im<lb/>
Grunde was ſie waren. Die beſten neueren Schrif-<lb/>
ten uͤber die Erziehung erkennen es, daß man mit<lb/>
Kindern nicht von Glaubensartikeln ſprechen muͤſſe.<lb/>
Der Verfaſſer des <hirendition="#aq">Mémoires fur l’Etat des Juifs en<lb/>
Alſace</hi> behauptet <hirendition="#aq">pag.</hi> 196 ſelbſt dieſe Wahrheit, wi-<lb/>
derſpricht ſich aber gleich darauf <hirendition="#aq">„s’il eſt des cas,</hi>ſagt<lb/>
er, <hirendition="#aq">ou la puiſſance patèrnelle doît etre ſans force contre<lb/>
la volonté des enfants lors qu’il s’agit de ſalut, il faut<lb/>ſans doute que la violence ou la ruſe n’y ayent aucune<lb/>
part, l’acte le plus eſſentiel ne doit etre que l’effet de<lb/>
la reflexion“</hi> und wenn er die ergangenen Verord-<lb/>
nungen anfuͤhrt, hinzuſetzt: <hirendition="#aq">„toutes ces autorités ſe<lb/>„reuniſſent au voeu de la nature pour laiſſer aux pe-<lb/>„res & meres l’autorité qu’ elle leur donne ſur leurs En-<lb/>„fans.“</hi> Welche <hirendition="#aq">Violence</hi> und <hirendition="#aq">Ruſe</hi> kann wohl ſtaͤrker<lb/>
wuͤrken, als diejenige, die ſich des ſchwachen Verſtan-<lb/>
des der Kinder bemeiſtert; welche Reflexion kann<lb/>
man von ſolchem Kinde erwarten, und das im 12ten<lb/>
Jahre? Nicht vor dem 15ten ſollte den jungen Leu-<lb/>
ten von Glaubensartikeln vorgeſprochen werden, und<lb/>
wenigſtens nicht vor dem 18ten verlangt werden, daß<lb/>ſie eine Wahl treffen, unter den verſchiedenen <hirendition="#fr">Reli-<lb/>
gionen</hi>. Ich muß dieſes Wort brauchen, welches ich<lb/>ſehr ungerne thue, weil es wenige giebt die mehr<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Zwey-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[136/0144]
wegen ſie ſich taufen zu laſſen, und ſie bleiben im
Grunde was ſie waren. Die beſten neueren Schrif-
ten uͤber die Erziehung erkennen es, daß man mit
Kindern nicht von Glaubensartikeln ſprechen muͤſſe.
Der Verfaſſer des Mémoires fur l’Etat des Juifs en
Alſace behauptet pag. 196 ſelbſt dieſe Wahrheit, wi-
derſpricht ſich aber gleich darauf „s’il eſt des cas, ſagt
er, ou la puiſſance patèrnelle doît etre ſans force contre
la volonté des enfants lors qu’il s’agit de ſalut, il faut
ſans doute que la violence ou la ruſe n’y ayent aucune
part, l’acte le plus eſſentiel ne doit etre que l’effet de
la reflexion“ und wenn er die ergangenen Verord-
nungen anfuͤhrt, hinzuſetzt: „toutes ces autorités ſe
„reuniſſent au voeu de la nature pour laiſſer aux pe-
„res & meres l’autorité qu’ elle leur donne ſur leurs En-
„fans.“ Welche Violence und Ruſe kann wohl ſtaͤrker
wuͤrken, als diejenige, die ſich des ſchwachen Verſtan-
des der Kinder bemeiſtert; welche Reflexion kann
man von ſolchem Kinde erwarten, und das im 12ten
Jahre? Nicht vor dem 15ten ſollte den jungen Leu-
ten von Glaubensartikeln vorgeſprochen werden, und
wenigſtens nicht vor dem 18ten verlangt werden, daß
ſie eine Wahl treffen, unter den verſchiedenen Reli-
gionen. Ich muß dieſes Wort brauchen, welches ich
ſehr ungerne thue, weil es wenige giebt die mehr
Zwey-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/144>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.