Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

schen, desto mehr und vervielfältigte Nahrungswege
desto mehr Schärfung der Industrie, mehr Auf-
klärung, mehr Benutzung aller physischen und poli-
tischen Vortheile, die Boden und Lage darbieten,
desto mehr Kraft um äussern Anfällen zu widerstehn,
desto mehr Ruhe und Festigkeit der innern Einrichtun-
gen. Jeder Staat muß also immer bemühet seyn
die Zahl seiner Bürger sowohl durch die natürliche
Vermehrung der Eingebohrnen, als durch willkom-
mene Aufnahme der Fremden, die sich ihm anschlies-
sen, unaufhörlich bis zu dem höchsten Maaße, das
seine physische Beschaffenheit und seine Lage erlauben,
zu vergrößern *). Dieses aber kann er nur dann,

wenn
*) Wenn zwischen demjenigen, was ich hierüber im
Anfange meiner Schrift und Hr. Moses Mendels-
sohn
in der Vorrede zu Manasseh S. 22 bemerkt,
ein Widerspruch zu seyn scheint, so ist er in der
That nur scheinbar, und wir denken hierüber ganz
einstimmig. Meine Absicht war den Satz der Be-
völkerung mit Bestimmtheit darzustellen. Es giebt
bekanntlich politische Schriftsteller, welche die zu
vermehrende Volksmenge für den letzten Zweck der
Gesellschaft halten; dieß scheint sie mir nicht, son-
dern nur das in den meisten Fällen zweckmäßigste
Mit-

ſchen, deſto mehr und vervielfaͤltigte Nahrungswege
deſto mehr Schaͤrfung der Induſtrie, mehr Auf-
klaͤrung, mehr Benutzung aller phyſiſchen und poli-
tiſchen Vortheile, die Boden und Lage darbieten,
deſto mehr Kraft um aͤuſſern Anfaͤllen zu widerſtehn,
deſto mehr Ruhe und Feſtigkeit der innern Einrichtun-
gen. Jeder Staat muß alſo immer bemuͤhet ſeyn
die Zahl ſeiner Buͤrger ſowohl durch die natuͤrliche
Vermehrung der Eingebohrnen, als durch willkom-
mene Aufnahme der Fremden, die ſich ihm anſchlieſ-
ſen, unaufhoͤrlich bis zu dem hoͤchſten Maaße, das
ſeine phyſiſche Beſchaffenheit und ſeine Lage erlauben,
zu vergroͤßern *). Dieſes aber kann er nur dann,

wenn
*) Wenn zwiſchen demjenigen, was ich hieruͤber im
Anfange meiner Schrift und Hr. Moſes Mendels-
ſohn
in der Vorrede zu Manaſſeh S. 22 bemerkt,
ein Widerſpruch zu ſeyn ſcheint, ſo iſt er in der
That nur ſcheinbar, und wir denken hieruͤber ganz
einſtimmig. Meine Abſicht war den Satz der Be-
voͤlkerung mit Beſtimmtheit darzuſtellen. Es giebt
bekanntlich politiſche Schriftſteller, welche die zu
vermehrende Volksmenge fuͤr den letzten Zweck der
Geſellſchaft halten; dieß ſcheint ſie mir nicht, ſon-
dern nur das in den meiſten Faͤllen zweckmaͤßigſte
Mit-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0167" n="159"/>
&#x017F;chen, de&#x017F;to mehr und vervielfa&#x0364;ltigte Nahrungswege<lb/>
de&#x017F;to mehr Scha&#x0364;rfung der Indu&#x017F;trie, mehr Auf-<lb/>
kla&#x0364;rung, mehr Benutzung aller phy&#x017F;i&#x017F;chen und poli-<lb/>
ti&#x017F;chen Vortheile, die Boden und Lage darbieten,<lb/>
de&#x017F;to mehr Kraft um a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;ern Anfa&#x0364;llen zu wider&#x017F;tehn,<lb/>
de&#x017F;to mehr Ruhe und Fe&#x017F;tigkeit der innern Einrichtun-<lb/>
gen. Jeder Staat muß al&#x017F;o immer bemu&#x0364;het &#x017F;eyn<lb/>
die Zahl &#x017F;einer Bu&#x0364;rger &#x017F;owohl durch die natu&#x0364;rliche<lb/>
Vermehrung der Eingebohrnen, als durch willkom-<lb/>
mene Aufnahme der Fremden, die &#x017F;ich ihm an&#x017F;chlie&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en, unaufho&#x0364;rlich bis zu dem ho&#x0364;ch&#x017F;ten Maaße, das<lb/>
&#x017F;eine phy&#x017F;i&#x017F;che Be&#x017F;chaffenheit und &#x017F;eine Lage erlauben,<lb/>
zu vergro&#x0364;ßern <note xml:id="note-0167" next="#note-0168" place="foot" n="*)">Wenn zwi&#x017F;chen demjenigen, was ich hieru&#x0364;ber im<lb/>
Anfange meiner Schrift und Hr. <hi rendition="#fr">Mo&#x017F;es Mendels-<lb/>
&#x017F;ohn</hi> in der Vorrede zu <hi rendition="#fr">Mana&#x017F;&#x017F;eh</hi> S. 22 bemerkt,<lb/>
ein <hi rendition="#fr">Wider&#x017F;pruch</hi> zu &#x017F;eyn &#x017F;cheint, &#x017F;o i&#x017F;t er in der<lb/>
That nur &#x017F;cheinbar, und wir denken hieru&#x0364;ber ganz<lb/>
ein&#x017F;timmig. Meine Ab&#x017F;icht war den Satz der Be-<lb/>
vo&#x0364;lkerung mit Be&#x017F;timmtheit darzu&#x017F;tellen. Es giebt<lb/>
bekanntlich politi&#x017F;che Schrift&#x017F;teller, welche die zu<lb/>
vermehrende Volksmenge fu&#x0364;r den <hi rendition="#fr">letzten Zweck</hi> der<lb/>
Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft halten; dieß &#x017F;cheint &#x017F;ie mir nicht, &#x017F;on-<lb/>
dern nur das in den mei&#x017F;ten Fa&#x0364;llen <hi rendition="#fr">zweckma&#x0364;ßig&#x017F;te</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">Mit-</hi></fw></note>. Die&#x017F;es aber kann er nur <hi rendition="#fr">dann</hi>,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wenn</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[159/0167] ſchen, deſto mehr und vervielfaͤltigte Nahrungswege deſto mehr Schaͤrfung der Induſtrie, mehr Auf- klaͤrung, mehr Benutzung aller phyſiſchen und poli- tiſchen Vortheile, die Boden und Lage darbieten, deſto mehr Kraft um aͤuſſern Anfaͤllen zu widerſtehn, deſto mehr Ruhe und Feſtigkeit der innern Einrichtun- gen. Jeder Staat muß alſo immer bemuͤhet ſeyn die Zahl ſeiner Buͤrger ſowohl durch die natuͤrliche Vermehrung der Eingebohrnen, als durch willkom- mene Aufnahme der Fremden, die ſich ihm anſchlieſ- ſen, unaufhoͤrlich bis zu dem hoͤchſten Maaße, das ſeine phyſiſche Beſchaffenheit und ſeine Lage erlauben, zu vergroͤßern *). Dieſes aber kann er nur dann, wenn *) Wenn zwiſchen demjenigen, was ich hieruͤber im Anfange meiner Schrift und Hr. Moſes Mendels- ſohn in der Vorrede zu Manaſſeh S. 22 bemerkt, ein Widerſpruch zu ſeyn ſcheint, ſo iſt er in der That nur ſcheinbar, und wir denken hieruͤber ganz einſtimmig. Meine Abſicht war den Satz der Be- voͤlkerung mit Beſtimmtheit darzuſtellen. Es giebt bekanntlich politiſche Schriftſteller, welche die zu vermehrende Volksmenge fuͤr den letzten Zweck der Geſellſchaft halten; dieß ſcheint ſie mir nicht, ſon- dern nur das in den meiſten Faͤllen zweckmaͤßigſte Mit-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/167
Zitationshilfe: Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/167>, abgerufen am 24.11.2024.