Lehrer darinn enthalten oder daraus abzuleiten sich berechtiget glauben. Gleiche Unpartheylich- keit muß man auch hier beweisen. Möge die Ver- folgung dem Geiste des Christenthums noch so sehr zu- wider seyn, mögen einzelne Lehrer dieß noch so deut- lich anerkannt haben; genug wenn der große Haufe seiner Verehrer, wenn die öffentlichen Lehrbegriffe der Kirchen, und die angesehensten Lehrer sie darinn fanden, und, wo sie konnten, darnach handelten. Die römische Obrigkeit konnte nicht untersuchen, ob die Schlüsse, welche die Christen ihrer Zeit aus der Lehre ihres Stifters ableiteten, richtig gefolgert wä- ren oder nicht; sie konnte diese Lehre nur nach den Aeusserungen ihrer Anhänger beurtheilen. Und wenn sie dieses that, dürfen wir sie tadeln, wenn sie die- jenigen, nie eines völligen Genusses bürgerlicher Rech- te fähig erkläret hätte, welche alle ihre andersdenken- de Mitbürger verdammten, über deren künftiges Elend frohlockten und sobald sie die Oberhand bekom- men würden, sich durch ihr Gewissen verbunden hiel- ten, auf das schmerzhafteste den Leib zu tödten, um die Seele zu retten? -- Ich gestehe es, daß ich keinen Grundsatz kenne, der eine religiöse Gesell- schaft einer unbeschränkten Duldung mehr unfähig machte -- als die geglaubte Pflicht der Unduldsam-
keit.
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Lehrer darinn enthalten oder daraus abzuleiten ſich berechtiget glauben. Gleiche Unpartheylich- keit muß man auch hier beweiſen. Moͤge die Ver- folgung dem Geiſte des Chriſtenthums noch ſo ſehr zu- wider ſeyn, moͤgen einzelne Lehrer dieß noch ſo deut- lich anerkannt haben; genug wenn der große Haufe ſeiner Verehrer, wenn die oͤffentlichen Lehrbegriffe der Kirchen, und die angeſehenſten Lehrer ſie darinn fanden, und, wo ſie konnten, darnach handelten. Die roͤmiſche Obrigkeit konnte nicht unterſuchen, ob die Schluͤſſe, welche die Chriſten ihrer Zeit aus der Lehre ihres Stifters ableiteten, richtig gefolgert waͤ- ren oder nicht; ſie konnte dieſe Lehre nur nach den Aeuſſerungen ihrer Anhaͤnger beurtheilen. Und wenn ſie dieſes that, duͤrfen wir ſie tadeln, wenn ſie die- jenigen, nie eines voͤlligen Genuſſes buͤrgerlicher Rech- te faͤhig erklaͤret haͤtte, welche alle ihre andersdenken- de Mitbuͤrger verdammten, uͤber deren kuͤnftiges Elend frohlockten und ſobald ſie die Oberhand bekom- men wuͤrden, ſich durch ihr Gewiſſen verbunden hiel- ten, auf das ſchmerzhafteſte den Leib zu toͤdten, um die Seele zu retten? — Ich geſtehe es, daß ich keinen Grundſatz kenne, der eine religioͤſe Geſell- ſchaft einer unbeſchraͤnkten Duldung mehr unfaͤhig machte — als die geglaubte Pflicht der Unduldſam-
keit.
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Lehrer darinn enthalten oder daraus abzuleiten
ſich berechtiget glauben. Gleiche Unpartheylich-
keit muß man auch hier beweiſen. Moͤge die Ver-
folgung dem Geiſte des Chriſtenthums noch ſo ſehr zu-
wider ſeyn, moͤgen einzelne Lehrer dieß noch ſo deut-
lich anerkannt haben; genug wenn der große Haufe
ſeiner Verehrer, wenn die oͤffentlichen Lehrbegriffe
der Kirchen, und die angeſehenſten Lehrer ſie darinn
fanden, und, wo ſie konnten, darnach handelten.
Die roͤmiſche Obrigkeit konnte nicht unterſuchen, ob
die Schluͤſſe, welche die Chriſten ihrer Zeit aus der
Lehre ihres Stifters ableiteten, richtig gefolgert waͤ-
ren oder nicht; ſie konnte dieſe Lehre nur nach den
Aeuſſerungen ihrer Anhaͤnger beurtheilen. Und wenn
ſie dieſes that, duͤrfen wir ſie tadeln, wenn ſie die-
jenigen, nie eines voͤlligen Genuſſes buͤrgerlicher Rech-
te faͤhig erklaͤret haͤtte, welche alle ihre andersdenken-
de Mitbuͤrger verdammten, uͤber deren kuͤnftiges
Elend frohlockten und ſobald ſie die Oberhand bekom-
men wuͤrden, ſich durch ihr Gewiſſen verbunden hiel-
ten, auf das ſchmerzhafteſte den Leib zu toͤdten,
um die Seele zu retten? — Ich geſtehe es, daß
ich keinen Grundſatz kenne, der eine religioͤſe Geſell-
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Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/207>, abgerufen am 21.11.2024.
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