Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

giebt Fälle, wo Geld nicht Menschen aufwiegt,
und man käme dadurch wieder in den vorigen
Cirkul, und müßte eingestehn, daß Bürger,
welche nicht die Gesellschaft zu der sie gehören,
vertheidigen, keine Bürger wie andere seyn,
nicht gleiche Rechte verlangen können und drü-
ckende Unterschiede sich gefallen laßen müssen.

Ich habe es selbst gesagt, daß dieser Einwurf der
wichtigste von allen sey, und ich bin noch itzt der
Meynung, daß die Juden, so lange sie nicht zu
Kriegsdiensten sich eben so willig als fähig bewiesen
haben, nicht auf gleiche Rechte mit den übrigen Glie-
dern der Gesellschaft Anspruch machen können. Ein
Staat, dessen Bürger einem Angriff ihrer Ruhe und
Besitzungen, mit Gewalt zu wehren, sich durch Ge-
bote des Himmels untersagt halten, läßt sich nicht
denken und kann nicht bestehen; die Erhaltung der
gemeinen Sicherheit gegen fremde Gewalt ist der
erste und Hauptzweck jeder politischen Vereinigung,
wer von jenem sich loßsagt, kann zu dieser nicht ge-
hören; wenigstens wer nicht gleiche Lasten tragen
will, kann nicht gleiche Vortheile verlangen; der bloß
Beschützte darf nie mit dem Beschützer in ganz glei-
cher Reihe gehen. Dieß sind Wahrheiten, die dem ge-
sunden Menschenverstande einleuchten, die er zu allen

Zeiten

giebt Faͤlle, wo Geld nicht Menſchen aufwiegt,
und man kaͤme dadurch wieder in den vorigen
Cirkul, und muͤßte eingeſtehn, daß Buͤrger,
welche nicht die Geſellſchaft zu der ſie gehoͤren,
vertheidigen, keine Buͤrger wie andere ſeyn,
nicht gleiche Rechte verlangen koͤnnen und druͤ-
ckende Unterſchiede ſich gefallen laßen muͤſſen.

Ich habe es ſelbſt geſagt, daß dieſer Einwurf der
wichtigſte von allen ſey, und ich bin noch itzt der
Meynung, daß die Juden, ſo lange ſie nicht zu
Kriegsdienſten ſich eben ſo willig als faͤhig bewieſen
haben, nicht auf gleiche Rechte mit den uͤbrigen Glie-
dern der Geſellſchaft Anſpruch machen koͤnnen. Ein
Staat, deſſen Buͤrger einem Angriff ihrer Ruhe und
Beſitzungen, mit Gewalt zu wehren, ſich durch Ge-
bote des Himmels unterſagt halten, laͤßt ſich nicht
denken und kann nicht beſtehen; die Erhaltung der
gemeinen Sicherheit gegen fremde Gewalt iſt der
erſte und Hauptzweck jeder politiſchen Vereinigung,
wer von jenem ſich loßſagt, kann zu dieſer nicht ge-
hoͤren; wenigſtens wer nicht gleiche Laſten tragen
will, kann nicht gleiche Vortheile verlangen; der bloß
Beſchuͤtzte darf nie mit dem Beſchuͤtzer in ganz glei-
cher Reihe gehen. Dieß ſind Wahrheiten, die dem ge-
ſunden Menſchenverſtande einleuchten, die er zu allen

Zeiten
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p>
            <pb facs="#f0231" n="223"/> <hi rendition="#fr">giebt Fa&#x0364;lle, wo Geld nicht Men&#x017F;chen aufwiegt,<lb/>
und man ka&#x0364;me dadurch wieder in den vorigen<lb/>
Cirkul, und mu&#x0364;ßte einge&#x017F;tehn, daß Bu&#x0364;rger,<lb/>
welche nicht die Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft zu der &#x017F;ie geho&#x0364;ren,<lb/>
vertheidigen, keine Bu&#x0364;rger wie andere &#x017F;eyn,<lb/>
nicht gleiche Rechte verlangen ko&#x0364;nnen und dru&#x0364;-<lb/>
ckende Unter&#x017F;chiede &#x017F;ich gefallen laßen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</hi> </p><lb/>
          <p>Ich habe es &#x017F;elb&#x017F;t ge&#x017F;agt, daß die&#x017F;er Einwurf der<lb/>
wichtig&#x017F;te von allen &#x017F;ey, und ich bin noch itzt der<lb/>
Meynung, daß die Juden, &#x017F;o lange &#x017F;ie nicht zu<lb/>
Kriegsdien&#x017F;ten &#x017F;ich eben &#x017F;o willig als fa&#x0364;hig bewie&#x017F;en<lb/>
haben, nicht auf gleiche Rechte mit den u&#x0364;brigen Glie-<lb/>
dern der Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft An&#x017F;pruch machen ko&#x0364;nnen. Ein<lb/>
Staat, de&#x017F;&#x017F;en Bu&#x0364;rger einem Angriff ihrer Ruhe und<lb/>
Be&#x017F;itzungen, mit Gewalt zu wehren, &#x017F;ich durch Ge-<lb/>
bote des Himmels unter&#x017F;agt halten, la&#x0364;ßt &#x017F;ich nicht<lb/>
denken und kann nicht be&#x017F;tehen; die Erhaltung der<lb/>
gemeinen Sicherheit gegen fremde Gewalt i&#x017F;t der<lb/>
er&#x017F;te und Hauptzweck jeder politi&#x017F;chen Vereinigung,<lb/>
wer von jenem &#x017F;ich loß&#x017F;agt, kann zu <hi rendition="#fr">die&#x017F;er</hi> nicht ge-<lb/>
ho&#x0364;ren; wenig&#x017F;tens wer nicht gleiche La&#x017F;ten tragen<lb/>
will, kann nicht gleiche Vortheile verlangen; der bloß<lb/><hi rendition="#fr">Be&#x017F;chu&#x0364;tzte</hi> darf nie mit dem <hi rendition="#fr">Be&#x017F;chu&#x0364;tzer</hi> in ganz glei-<lb/>
cher Reihe gehen. Dieß &#x017F;ind Wahrheiten, die dem ge-<lb/>
&#x017F;unden Men&#x017F;chenver&#x017F;tande einleuchten, die er zu allen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Zeiten</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[223/0231] giebt Faͤlle, wo Geld nicht Menſchen aufwiegt, und man kaͤme dadurch wieder in den vorigen Cirkul, und muͤßte eingeſtehn, daß Buͤrger, welche nicht die Geſellſchaft zu der ſie gehoͤren, vertheidigen, keine Buͤrger wie andere ſeyn, nicht gleiche Rechte verlangen koͤnnen und druͤ- ckende Unterſchiede ſich gefallen laßen muͤſſen. Ich habe es ſelbſt geſagt, daß dieſer Einwurf der wichtigſte von allen ſey, und ich bin noch itzt der Meynung, daß die Juden, ſo lange ſie nicht zu Kriegsdienſten ſich eben ſo willig als faͤhig bewieſen haben, nicht auf gleiche Rechte mit den uͤbrigen Glie- dern der Geſellſchaft Anſpruch machen koͤnnen. Ein Staat, deſſen Buͤrger einem Angriff ihrer Ruhe und Beſitzungen, mit Gewalt zu wehren, ſich durch Ge- bote des Himmels unterſagt halten, laͤßt ſich nicht denken und kann nicht beſtehen; die Erhaltung der gemeinen Sicherheit gegen fremde Gewalt iſt der erſte und Hauptzweck jeder politiſchen Vereinigung, wer von jenem ſich loßſagt, kann zu dieſer nicht ge- hoͤren; wenigſtens wer nicht gleiche Laſten tragen will, kann nicht gleiche Vortheile verlangen; der bloß Beſchuͤtzte darf nie mit dem Beſchuͤtzer in ganz glei- cher Reihe gehen. Dieß ſind Wahrheiten, die dem ge- ſunden Menſchenverſtande einleuchten, die er zu allen Zeiten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/231
Zitationshilfe: Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/231>, abgerufen am 21.11.2024.