Bruder ihm lieber werde, als der, mit dem er nichts, als einige spekulative Meynungen gemein hat. Und wir haben ja der Beyspiele genug, daß zwischen den durch diese Gemeinschaft der Meynungen vereinten Völkern, doch recht ernstliche Kriege geführt sind, so wie zwischen denen, die zu einer Hauptnation ge- hören, eine Sprache, gleiche Sitten haben. Wie oft haben nicht Katholiken gegen Katholiken, Deut- sche gegen Deutsche gefochten. Man muß in Unter- suchungen dieser Art sich nie die Wirkung einer Ur- sache abgesondert und einzeln, sondern immer, wie sie in der Natur sind, mehrerer vereint und eine die an- dere bestimmend denken.
Hrn. Michaelis Einwurf wegen des den Ju- den abgehenden Soldatenmaases dürfte sich dann auch wohl heben lassen. Ich habe nicht genug Ju- den gesehen, oder beobachtet, um zu wissen, ob die Bemerkung richtig sey; wäre sie es, so habe ich zu der bessern Behandlung und völligen Umbildung der Nation auch das Vertrauen, daß sie, wie in allen bürgerlichen Vollkommenheiten, so auch in der Lei- beslänge zunehmen werde. Bis dahin darf der He- bräer freylich auf die Stelle eines Flügelmanns kei- nen Anspruch machen, aber die Ehre fürs Vater- land zu sterben, kann ihm darum doch werden. Sie
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Bruder ihm lieber werde, als der, mit dem er nichts, als einige ſpekulative Meynungen gemein hat. Und wir haben ja der Beyſpiele genug, daß zwiſchen den durch dieſe Gemeinſchaft der Meynungen vereinten Voͤlkern, doch recht ernſtliche Kriege gefuͤhrt ſind, ſo wie zwiſchen denen, die zu einer Hauptnation ge- hoͤren, eine Sprache, gleiche Sitten haben. Wie oft haben nicht Katholiken gegen Katholiken, Deut- ſche gegen Deutſche gefochten. Man muß in Unter- ſuchungen dieſer Art ſich nie die Wirkung einer Ur- ſache abgeſondert und einzeln, ſondern immer, wie ſie in der Natur ſind, mehrerer vereint und eine die an- dere beſtimmend denken.
Hrn. Michaelis Einwurf wegen des den Ju- den abgehenden Soldatenmaaſes duͤrfte ſich dann auch wohl heben laſſen. Ich habe nicht genug Ju- den geſehen, oder beobachtet, um zu wiſſen, ob die Bemerkung richtig ſey; waͤre ſie es, ſo habe ich zu der beſſern Behandlung und voͤlligen Umbildung der Nation auch das Vertrauen, daß ſie, wie in allen buͤrgerlichen Vollkommenheiten, ſo auch in der Lei- beslaͤnge zunehmen werde. Bis dahin darf der He- braͤer freylich auf die Stelle eines Fluͤgelmanns kei- nen Anſpruch machen, aber die Ehre fuͤrs Vater- land zu ſterben, kann ihm darum doch werden. Sie
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Bruder ihm lieber werde, als der, mit dem er nichts,
als einige ſpekulative Meynungen gemein hat. Und
wir haben ja der Beyſpiele genug, daß zwiſchen den
durch dieſe Gemeinſchaft der Meynungen vereinten
Voͤlkern, doch recht ernſtliche Kriege gefuͤhrt ſind,
ſo wie zwiſchen denen, die zu einer Hauptnation ge-
hoͤren, eine Sprache, gleiche Sitten haben. Wie
oft haben nicht Katholiken gegen Katholiken, Deut-
ſche gegen Deutſche gefochten. Man muß in Unter-
ſuchungen dieſer Art ſich nie die Wirkung einer Ur-
ſache abgeſondert und einzeln, ſondern immer, wie ſie
in der Natur ſind, mehrerer vereint und eine die an-
dere beſtimmend denken.
Hrn. Michaelis Einwurf wegen des den Ju-
den abgehenden Soldatenmaaſes duͤrfte ſich dann
auch wohl heben laſſen. Ich habe nicht genug Ju-
den geſehen, oder beobachtet, um zu wiſſen, ob die
Bemerkung richtig ſey; waͤre ſie es, ſo habe ich zu
der beſſern Behandlung und voͤlligen Umbildung der
Nation auch das Vertrauen, daß ſie, wie in allen
buͤrgerlichen Vollkommenheiten, ſo auch in der Lei-
beslaͤnge zunehmen werde. Bis dahin darf der He-
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Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/251>, abgerufen am 18.12.2024.
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