lich an einem Tage oder auch außerdem nach dem Gutfinden einzelner Menschen unverbindlich er- klären -- dieß wäre eine Ungereimtheit, bey der keine menschliche Gesellschaft bestehn könnte, die selbst das menschliche Gefühl derer, denen sie eine so ge- meinschädliche Freyheit ertheilte, empören müßte, -- eine Ungereimtheit also, die man ohne die unumstöß- lichsten Beweise denen nicht zutrauen muß, welche sonst Menschenverstand und Gefühl für Recht und Billigkeit beweisen. Offenbar hätten die Rabbinen durch ihr Col niddre und ihre Dispensations-Fähig- keit diese verletzt, wenn bey demselben von einer Auf- hebung der Eydschwüre die Rede wäre. Denn da weder in dem Gebet des Versöhnungstages, noch in der Verordnung wegen der rabbinischen Gelübden- befreyung, irgend eines Unterschiedes zwischen Ju- den und Nicht-Juden erwähnt wird, so folgt, daß jeder Hebräer von jedem Eyde, auch seinem Glau- bensgenossen abgelegt, von einem Rabbinen oder an dessen statt von drey Männern seiner Nation be- freyet werden könne, -- ja es folgt, daß die sämt- lichen im verwichnen Jahre abgelegten oder gar im künftigen noch abzulegenden Eyde aller Juden, so viel ihrer am Versöhnungstage in der Synagoge das Col niddre absingen, ohne ihr Verlangen für null
und
lich an einem Tage oder auch außerdem nach dem Gutfinden einzelner Menſchen unverbindlich er- klaͤren — dieß waͤre eine Ungereimtheit, bey der keine menſchliche Geſellſchaft beſtehn koͤnnte, die ſelbſt das menſchliche Gefuͤhl derer, denen ſie eine ſo ge- meinſchaͤdliche Freyheit ertheilte, empoͤren muͤßte, — eine Ungereimtheit alſo, die man ohne die unumſtoͤß- lichſten Beweiſe denen nicht zutrauen muß, welche ſonſt Menſchenverſtand und Gefuͤhl fuͤr Recht und Billigkeit beweiſen. Offenbar haͤtten die Rabbinen durch ihr Col niddre und ihre Diſpenſations-Faͤhig- keit dieſe verletzt, wenn bey demſelben von einer Auf- hebung der Eydſchwuͤre die Rede waͤre. Denn da weder in dem Gebet des Verſoͤhnungstages, noch in der Verordnung wegen der rabbiniſchen Geluͤbden- befreyung, irgend eines Unterſchiedes zwiſchen Ju- den und Nicht-Juden erwaͤhnt wird, ſo folgt, daß jeder Hebraͤer von jedem Eyde, auch ſeinem Glau- bensgenoſſen abgelegt, von einem Rabbinen oder an deſſen ſtatt von drey Maͤnnern ſeiner Nation be- freyet werden koͤnne, — ja es folgt, daß die ſaͤmt- lichen im verwichnen Jahre abgelegten oder gar im kuͤnftigen noch abzulegenden Eyde aller Juden, ſo viel ihrer am Verſoͤhnungstage in der Synagoge das Col niddre abſingen, ohne ihr Verlangen fuͤr null
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lich an einem Tage oder auch außerdem nach dem
Gutfinden einzelner Menſchen unverbindlich er-
klaͤren — dieß waͤre eine Ungereimtheit, bey der
keine menſchliche Geſellſchaft beſtehn koͤnnte, die ſelbſt
das menſchliche Gefuͤhl derer, denen ſie eine ſo ge-
meinſchaͤdliche Freyheit ertheilte, empoͤren muͤßte, —
eine Ungereimtheit alſo, die man ohne die unumſtoͤß-
lichſten Beweiſe denen nicht zutrauen muß, welche
ſonſt Menſchenverſtand und Gefuͤhl fuͤr Recht und
Billigkeit beweiſen. Offenbar haͤtten die Rabbinen
durch ihr Col niddre und ihre Diſpenſations-Faͤhig-
keit dieſe verletzt, wenn bey demſelben von einer Auf-
hebung der Eydſchwuͤre die Rede waͤre. Denn da
weder in dem Gebet des Verſoͤhnungstages, noch in
der Verordnung wegen der rabbiniſchen Geluͤbden-
befreyung, irgend eines Unterſchiedes zwiſchen Ju-
den und Nicht-Juden erwaͤhnt wird, ſo folgt, daß
jeder Hebraͤer von jedem Eyde, auch ſeinem Glau-
bensgenoſſen abgelegt, von einem Rabbinen oder an
deſſen ſtatt von drey Maͤnnern ſeiner Nation be-
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lichen im verwichnen Jahre abgelegten oder gar im
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Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/324>, abgerufen am 25.11.2024.
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