rechtigkeit überlieferten und ihr bekannten, daß sie nur allein dem Wunsch, recht gründlich bekehrt zu werden und ganz gewiß seelig zu sterben, das Leben eines unschuldigen Mitmenschen geopfert hätten.
So wie die Regierung (wenigstens die Preußi- sche) um diese letztre Abscheulichkeit zu hemmen, zu- getreten und die so auffallend unschickliche, prahleri- sche Bekehrung der Verbrecher untersagt hat; so dünkt mich, ist hier überhaupt der Fall, wo der Staat sich um Religionslehren bekümmern muß, die so schädliche moralische Folgen äußern. Freilich ver- bieten kann er so tief eingewurzelte, so heilig geach- tete Vorurtheile nicht, aber wohl durch den Unter- richt der Jugend, richtigere Kenntnisse von dem Werth und den Folgen menschlicher Handlungen verbreiten, und dadurch wenigstens die werdende Generation vor dem Fortdauern so unnatürlicher Verwirrungen sichern. Auch wäre der Staat aller- dings berechtiget, den Religionslehrern aller Par- theyen eine weisere und vorsichtigre Behandlung dieser Materien aufzugeben, und wenigstens muß er die Wür- digen unter ihnen begünstigen, welche in protestanti- schen und itzt auch in katholischen Ländern, jene Vor- urtheile schon mit so glücklichem Erfolg bestritten und die Menschen wider zu der so einfachen, aber so wich-
tigen
rechtigkeit uͤberlieferten und ihr bekannten, daß ſie nur allein dem Wunſch, recht gruͤndlich bekehrt zu werden und ganz gewiß ſeelig zu ſterben, das Leben eines unſchuldigen Mitmenſchen geopfert haͤtten.
So wie die Regierung (wenigſtens die Preußi- ſche) um dieſe letztre Abſcheulichkeit zu hemmen, zu- getreten und die ſo auffallend unſchickliche, prahleri- ſche Bekehrung der Verbrecher unterſagt hat; ſo duͤnkt mich, iſt hier uͤberhaupt der Fall, wo der Staat ſich um Religionslehren bekuͤmmern muß, die ſo ſchaͤdliche moraliſche Folgen aͤußern. Freilich ver- bieten kann er ſo tief eingewurzelte, ſo heilig geach- tete Vorurtheile nicht, aber wohl durch den Unter- richt der Jugend, richtigere Kenntniſſe von dem Werth und den Folgen menſchlicher Handlungen verbreiten, und dadurch wenigſtens die werdende Generation vor dem Fortdauern ſo unnatuͤrlicher Verwirrungen ſichern. Auch waͤre der Staat aller- dings berechtiget, den Religionslehrern aller Par- theyen eine weiſere und vorſichtigre Behandlung dieſer Materien aufzugeben, und wenigſtens muß er die Wuͤr- digen unter ihnen beguͤnſtigen, welche in proteſtanti- ſchen und itzt auch in katholiſchen Laͤndern, jene Vor- urtheile ſchon mit ſo gluͤcklichem Erfolg beſtritten und die Menſchen wider zu der ſo einfachen, aber ſo wich-
tigen
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rechtigkeit uͤberlieferten und ihr bekannten, daß ſie
nur allein dem Wunſch, recht gruͤndlich bekehrt zu
werden und ganz gewiß ſeelig zu ſterben, das Leben
eines unſchuldigen Mitmenſchen geopfert haͤtten.
So wie die Regierung (wenigſtens die Preußi-
ſche) um dieſe letztre Abſcheulichkeit zu hemmen, zu-
getreten und die ſo auffallend unſchickliche, prahleri-
ſche Bekehrung der Verbrecher unterſagt hat;
ſo duͤnkt mich, iſt hier uͤberhaupt der Fall, wo der
Staat ſich um Religionslehren bekuͤmmern muß, die
ſo ſchaͤdliche moraliſche Folgen aͤußern. Freilich ver-
bieten kann er ſo tief eingewurzelte, ſo heilig geach-
tete Vorurtheile nicht, aber wohl durch den Unter-
richt der Jugend, richtigere Kenntniſſe von dem
Werth und den Folgen menſchlicher Handlungen
verbreiten, und dadurch wenigſtens die werdende
Generation vor dem Fortdauern ſo unnatuͤrlicher
Verwirrungen ſichern. Auch waͤre der Staat aller-
dings berechtiget, den Religionslehrern aller Par-
theyen eine weiſere und vorſichtigre Behandlung dieſer
Materien aufzugeben, und wenigſtens muß er die Wuͤr-
digen unter ihnen beguͤnſtigen, welche in proteſtanti-
ſchen und itzt auch in katholiſchen Laͤndern, jene Vor-
urtheile ſchon mit ſo gluͤcklichem Erfolg beſtritten und
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Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/336>, abgerufen am 24.11.2024.
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