Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

sie würden gewiß der Vermehrung der fechten kön-
nenden Oesterreichischen Unterthanen nicht hinder-
lich werden. Vielleicht könnte der Staat ohne sei-
nen Schaden zwey, drey Millionen Juden aufneh-
men. Aber nun welche Proportion von einer Mil-
lion neuer Juden im Preußischen? würde die nicht
wenigstens der Vermehrung deutscher Bürger, die
die Waffen tragen können, hinderlich seyn? Bräch-
ten sie viel Geld ins Land, desto schlimmer, denn
so könnten sie Aecker und Gewerbe an sich ziehen.
Gerade an Gelde hat der Preußische Staat zur Zeit
des Krieges nicht eben Mangel gelitten: aber nach
Verhältniß seiner Unterthanen hat er eine sehr grosse
Armee, sehr viele Hände, unentbehrlich nöthig. An-
geworbene Ausländer sind, wie Herr D. selbst ge-
steht, doch angebohrnen Unterthanen nicht gleich zu
schätzen, desertiren auch mehr; aber es können Zei-
ten kommen, sonderlich wenn Deutschland noch mehr
Bürger in andern Welttheilen verliert, da die aus-
wärtige Werbung schwer oder unmöglich wird. Also
scheinen es zwey sehr verschiedene Fragen zu seyn,
soll Oesterreich? soll Preußen? und noch eine dritte
sehr verschiedene Frage würde es seyn, soll Groß-
britannien thun, was Herr D. räth?

Aber
D 3

ſie wuͤrden gewiß der Vermehrung der fechten koͤn-
nenden Oeſterreichiſchen Unterthanen nicht hinder-
lich werden. Vielleicht koͤnnte der Staat ohne ſei-
nen Schaden zwey, drey Millionen Juden aufneh-
men. Aber nun welche Proportion von einer Mil-
lion neuer Juden im Preußiſchen? wuͤrde die nicht
wenigſtens der Vermehrung deutſcher Buͤrger, die
die Waffen tragen koͤnnen, hinderlich ſeyn? Braͤch-
ten ſie viel Geld ins Land, deſto ſchlimmer, denn
ſo koͤnnten ſie Aecker und Gewerbe an ſich ziehen.
Gerade an Gelde hat der Preußiſche Staat zur Zeit
des Krieges nicht eben Mangel gelitten: aber nach
Verhaͤltniß ſeiner Unterthanen hat er eine ſehr groſſe
Armee, ſehr viele Haͤnde, unentbehrlich noͤthig. An-
geworbene Auslaͤnder ſind, wie Herr D. ſelbſt ge-
ſteht, doch angebohrnen Unterthanen nicht gleich zu
ſchaͤtzen, deſertiren auch mehr; aber es koͤnnen Zei-
ten kommen, ſonderlich wenn Deutſchland noch mehr
Buͤrger in andern Welttheilen verliert, da die aus-
waͤrtige Werbung ſchwer oder unmoͤglich wird. Alſo
ſcheinen es zwey ſehr verſchiedene Fragen zu ſeyn,
ſoll Oeſterreich? ſoll Preußen? und noch eine dritte
ſehr verſchiedene Frage wuͤrde es ſeyn, ſoll Groß-
britannien thun, was Herr D. raͤth?

Aber
D 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0061" n="53"/>
&#x017F;ie wu&#x0364;rden gewiß der Vermehrung der fechten ko&#x0364;n-<lb/>
nenden Oe&#x017F;terreichi&#x017F;chen Unterthanen nicht hinder-<lb/>
lich werden. Vielleicht ko&#x0364;nnte der Staat ohne &#x017F;ei-<lb/>
nen Schaden zwey, drey Millionen Juden aufneh-<lb/>
men. Aber nun welche Proportion von einer Mil-<lb/>
lion neuer Juden im Preußi&#x017F;chen? wu&#x0364;rde die nicht<lb/>
wenig&#x017F;tens der Vermehrung deut&#x017F;cher Bu&#x0364;rger, die<lb/>
die Waffen tragen ko&#x0364;nnen, hinderlich &#x017F;eyn? Bra&#x0364;ch-<lb/>
ten &#x017F;ie viel Geld ins Land, de&#x017F;to &#x017F;chlimmer, denn<lb/>
&#x017F;o ko&#x0364;nnten &#x017F;ie Aecker und Gewerbe an &#x017F;ich ziehen.<lb/>
Gerade an Gelde hat der Preußi&#x017F;che Staat zur Zeit<lb/>
des Krieges nicht eben Mangel gelitten: aber nach<lb/>
Verha&#x0364;ltniß &#x017F;einer Unterthanen hat er eine &#x017F;ehr gro&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Armee, &#x017F;ehr viele Ha&#x0364;nde, unentbehrlich no&#x0364;thig. An-<lb/>
geworbene Ausla&#x0364;nder &#x017F;ind, wie Herr D. &#x017F;elb&#x017F;t ge-<lb/>
&#x017F;teht, doch angebohrnen Unterthanen nicht gleich zu<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;tzen, de&#x017F;ertiren auch mehr; aber es ko&#x0364;nnen Zei-<lb/>
ten kommen, &#x017F;onderlich wenn Deut&#x017F;chland noch mehr<lb/>
Bu&#x0364;rger in andern Welttheilen verliert, da die aus-<lb/>
wa&#x0364;rtige Werbung &#x017F;chwer oder unmo&#x0364;glich wird. Al&#x017F;o<lb/>
&#x017F;cheinen es zwey &#x017F;ehr ver&#x017F;chiedene Fragen zu &#x017F;eyn,<lb/>
&#x017F;oll Oe&#x017F;terreich? &#x017F;oll Preußen? und noch eine dritte<lb/>
&#x017F;ehr ver&#x017F;chiedene Frage wu&#x0364;rde es &#x017F;eyn, &#x017F;oll Groß-<lb/>
britannien thun, was Herr D. ra&#x0364;th?</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">D 3</fw>
        <fw place="bottom" type="catch">Aber</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[53/0061] ſie wuͤrden gewiß der Vermehrung der fechten koͤn- nenden Oeſterreichiſchen Unterthanen nicht hinder- lich werden. Vielleicht koͤnnte der Staat ohne ſei- nen Schaden zwey, drey Millionen Juden aufneh- men. Aber nun welche Proportion von einer Mil- lion neuer Juden im Preußiſchen? wuͤrde die nicht wenigſtens der Vermehrung deutſcher Buͤrger, die die Waffen tragen koͤnnen, hinderlich ſeyn? Braͤch- ten ſie viel Geld ins Land, deſto ſchlimmer, denn ſo koͤnnten ſie Aecker und Gewerbe an ſich ziehen. Gerade an Gelde hat der Preußiſche Staat zur Zeit des Krieges nicht eben Mangel gelitten: aber nach Verhaͤltniß ſeiner Unterthanen hat er eine ſehr groſſe Armee, ſehr viele Haͤnde, unentbehrlich noͤthig. An- geworbene Auslaͤnder ſind, wie Herr D. ſelbſt ge- ſteht, doch angebohrnen Unterthanen nicht gleich zu ſchaͤtzen, deſertiren auch mehr; aber es koͤnnen Zei- ten kommen, ſonderlich wenn Deutſchland noch mehr Buͤrger in andern Welttheilen verliert, da die aus- waͤrtige Werbung ſchwer oder unmoͤglich wird. Alſo ſcheinen es zwey ſehr verſchiedene Fragen zu ſeyn, ſoll Oeſterreich? ſoll Preußen? und noch eine dritte ſehr verſchiedene Frage wuͤrde es ſeyn, ſoll Groß- britannien thun, was Herr D. raͤth? Aber D 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/61
Zitationshilfe: Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/61>, abgerufen am 24.11.2024.