Gegen das Zulassen zu Handwerken habe ich vor- hin schon meine Zweifel gesagt: einige treffen auch ihre Zulassung zum Ackerbau, aber wenn ein Staat wirklich wüste Gegenden hätte, so trete ich in dem Fall Herrn D. bey, daß man einen Versuch machen könnte, Juden als Colonisten zu gebrauchen: sogar, wenn auch ein reicher Jude eine völlig wüste Gegend urbar machen wollte, glaube ich, auch der Versuch wäre zu machen, nur dergestalt, daß er entweder lauter Hände armer Juden, oder, wenn er Chri- sten nöthig hätte, verheyrathete Christen gebrauchen und ihnen zu leben geben sollte, damit nicht durch Dienste bey ihm die Bevölkerung des Landes mit fech- ten könnenden Bürgern vermindert würde. Dabey kommt mir, da es doch erst Versuch ist, von dem man ohne Erfahrung nicht weiß, wie er ausschlägt, das kayserliche Toleranzedict weise vor, das den Ju- den die Aecker auf eine Zeit von 20 Jahren giebt, und denn erst auf ewig, wenn sie Christen werden. Nur habe ich einen grossen Zweifel, ob die des herum- laufens bisher gewohnten, sich vor Handarbeit so sehr scheuenden Juden, zum Ackerbau Lust haben werden. Auch werden christliche zu Kriegesdiensten brauchbare Colonisten, selbst aus andern Ländern, wenn man sie haben kann, dem Staate vortheilhaf- ter seyn, als jüdische.
Wenn
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Gegen das Zulaſſen zu Handwerken habe ich vor- hin ſchon meine Zweifel geſagt: einige treffen auch ihre Zulaſſung zum Ackerbau, aber wenn ein Staat wirklich wuͤſte Gegenden haͤtte, ſo trete ich in dem Fall Herrn D. bey, daß man einen Verſuch machen koͤnnte, Juden als Coloniſten zu gebrauchen: ſogar, wenn auch ein reicher Jude eine voͤllig wuͤſte Gegend urbar machen wollte, glaube ich, auch der Verſuch waͤre zu machen, nur dergeſtalt, daß er entweder lauter Haͤnde armer Juden, oder, wenn er Chri- ſten noͤthig haͤtte, verheyrathete Chriſten gebrauchen und ihnen zu leben geben ſollte, damit nicht durch Dienſte bey ihm die Bevoͤlkerung des Landes mit fech- ten koͤnnenden Buͤrgern vermindert wuͤrde. Dabey kommt mir, da es doch erſt Verſuch iſt, von dem man ohne Erfahrung nicht weiß, wie er ausſchlaͤgt, das kayſerliche Toleranzedict weiſe vor, das den Ju- den die Aecker auf eine Zeit von 20 Jahren giebt, und denn erſt auf ewig, wenn ſie Chriſten werden. Nur habe ich einen groſſen Zweifel, ob die des herum- laufens bisher gewohnten, ſich vor Handarbeit ſo ſehr ſcheuenden Juden, zum Ackerbau Luſt haben werden. Auch werden chriſtliche zu Kriegesdienſten brauchbare Coloniſten, ſelbſt aus andern Laͤndern, wenn man ſie haben kann, dem Staate vortheilhaf- ter ſeyn, als juͤdiſche.
Wenn
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Gegen das Zulaſſen zu Handwerken habe ich vor-
hin ſchon meine Zweifel geſagt: einige treffen auch
ihre Zulaſſung zum Ackerbau, aber wenn ein Staat
wirklich wuͤſte Gegenden haͤtte, ſo trete ich in dem
Fall Herrn D. bey, daß man einen Verſuch machen
koͤnnte, Juden als Coloniſten zu gebrauchen: ſogar,
wenn auch ein reicher Jude eine voͤllig wuͤſte Gegend
urbar machen wollte, glaube ich, auch der Verſuch
waͤre zu machen, nur dergeſtalt, daß er entweder
lauter Haͤnde armer Juden, oder, wenn er Chri-
ſten noͤthig haͤtte, verheyrathete Chriſten gebrauchen
und ihnen zu leben geben ſollte, damit nicht durch
Dienſte bey ihm die Bevoͤlkerung des Landes mit fech-
ten koͤnnenden Buͤrgern vermindert wuͤrde. Dabey
kommt mir, da es doch erſt Verſuch iſt, von dem
man ohne Erfahrung nicht weiß, wie er ausſchlaͤgt,
das kayſerliche Toleranzedict weiſe vor, das den Ju-
den die Aecker auf eine Zeit von 20 Jahren giebt,
und denn erſt auf ewig, wenn ſie Chriſten werden.
Nur habe ich einen groſſen Zweifel, ob die des herum-
laufens bisher gewohnten, ſich vor Handarbeit ſo
ſehr ſcheuenden Juden, zum Ackerbau Luſt haben
werden. Auch werden chriſtliche zu Kriegesdienſten
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wenn man ſie haben kann, dem Staate vortheilhaf-
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Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/65>, abgerufen am 21.11.2024.
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