hen, und ihnen ausserordentliche Freyheiten verlie- hen, ist historisch wahr: nur die Sache gewinnet bey dieser Anempfehlung der Juden zu vollem Bür- gerrecht eine andere Gestalt. Wir wissen erst die Facta eigentlich blos von einem Juden, Josepho; aber aus dessen eigener Erzählung zeigt sich, daß die- se Könige jüdische Colonien, die sie in feste Städte führten, als eine Art von Besatzung gegen die alten Einwohner gebrauchen wollten. Solche Juden-To- leranz möchten wir nun wohl nicht gern haben, man- chos europäische Volk würde die Hände haben, daß der Fürst, der seinen Unterthanen zu trauen keine Ursache mehr fände, bey einer solchen Juden-Guarde nicht gut führe. Ueberhaupt, auswärtige Besatzun- gen, die Unterthanen in Gehorsam zu halten, sind nicht das Gute: der gute Fürst ist unter seinen Un- terthanen, der Herzog Eberhard von Würtenberg unter freyem Himmel oder im Walde schlafend, im Schoos jedes Unterthaus, und ein König von Eng- land wenn ihm ein Higwayman begegnet, und ihn erkennet, ganz sicher *).
Was
*) Es versteht sich von selbst, daß der Fürst Unrecht haben würde, der die Juden zu Unterdrückung sei- ner übrigen Unterthanen gebrauchte; aber soll die-
ser
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hen, und ihnen auſſerordentliche Freyheiten verlie- hen, iſt hiſtoriſch wahr: nur die Sache gewinnet bey dieſer Anempfehlung der Juden zu vollem Buͤr- gerrecht eine andere Geſtalt. Wir wiſſen erſt die Facta eigentlich blos von einem Juden, Joſepho; aber aus deſſen eigener Erzaͤhlung zeigt ſich, daß die- ſe Koͤnige juͤdiſche Colonien, die ſie in feſte Staͤdte fuͤhrten, als eine Art von Beſatzung gegen die alten Einwohner gebrauchen wollten. Solche Juden-To- leranz moͤchten wir nun wohl nicht gern haben, man- chos europaͤiſche Volk wuͤrde die Haͤnde haben, daß der Fuͤrſt, der ſeinen Unterthanen zu trauen keine Urſache mehr faͤnde, bey einer ſolchen Juden-Guarde nicht gut fuͤhre. Ueberhaupt, auswaͤrtige Beſatzun- gen, die Unterthanen in Gehorſam zu halten, ſind nicht das Gute: der gute Fuͤrſt iſt unter ſeinen Un- terthanen, der Herzog Eberhard von Wuͤrtenberg unter freyem Himmel oder im Walde ſchlafend, im Schoos jedes Unterthaus, und ein Koͤnig von Eng- land wenn ihm ein Higwayman begegnet, und ihn erkennet, ganz ſicher *).
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*) Es verſteht ſich von ſelbſt, daß der Fuͤrſt Unrecht haben wuͤrde, der die Juden zu Unterdruͤckung ſei- ner uͤbrigen Unterthanen gebrauchte; aber ſoll die-
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hen, und ihnen auſſerordentliche Freyheiten verlie-
hen, iſt hiſtoriſch wahr: nur die Sache gewinnet
bey dieſer Anempfehlung der Juden zu vollem Buͤr-
gerrecht eine andere Geſtalt. Wir wiſſen erſt die
Facta eigentlich blos von einem Juden, Joſepho;
aber aus deſſen eigener Erzaͤhlung zeigt ſich, daß die-
ſe Koͤnige juͤdiſche Colonien, die ſie in feſte Staͤdte
fuͤhrten, als eine Art von Beſatzung gegen die alten
Einwohner gebrauchen wollten. Solche Juden-To-
leranz moͤchten wir nun wohl nicht gern haben, man-
chos europaͤiſche Volk wuͤrde die Haͤnde haben, daß
der Fuͤrſt, der ſeinen Unterthanen zu trauen keine
Urſache mehr faͤnde, bey einer ſolchen Juden-Guarde
nicht gut fuͤhre. Ueberhaupt, auswaͤrtige Beſatzun-
gen, die Unterthanen in Gehorſam zu halten, ſind
nicht das Gute: der gute Fuͤrſt iſt unter ſeinen Un-
terthanen, der Herzog Eberhard von Wuͤrtenberg
unter freyem Himmel oder im Walde ſchlafend, im
Schoos jedes Unterthaus, und ein Koͤnig von Eng-
land wenn ihm ein Higwayman begegnet, und ihn
erkennet, ganz ſicher *).
Was
*) Es verſteht ſich von ſelbſt, daß der Fuͤrſt Unrecht
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Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/77>, abgerufen am 16.02.2025.
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