Auf solchen Fällen müßten ja denn auch billig die, neue Rechte erwerbenden Juden, das alte Recht der Ausschliessung aus ihrer Gemeine behalten, und im Fall der Noth von der Obrigkeit unterstützt werden; so wenig ich es meiner Kirche anrathen würde, dis Recht zu üben, so rathsam könnte es doch für Juden seyn: ja vielleicht hat der ihnen neue Rechte einge- stehende Staat Ursache zu verlangen, daß sie es üben. Es erleichtert ihre Nationalisation. Darf ich dis mit ein paar Beyspielen erläutern. Betrüglicher Eid, und Diebstahl, oder Zusammenhang mit Die- besbanden, ist die Hauptsache, die eine Nationali- sation, ja oft die Duldung der Juden bedenklich macht: man hat auch den Verdacht einer bösen Leh- re vom Eide, und dem an Christen begangenen Dieb- stahl, und so unschuldig die Gelehrtern hier sind, so schleichen doch unter dem Pöbel, sonderlich unter dem mit Spitzbubenbanden zusammenhängenden, solche Irrthümer herum.
Wie wenn nun ein Jude dergleichen Irrthümer äusserte, bey denen selbst die Duldung der Juden be- denklich wird, sollten nicht die nationalisirten Juden das Recht haben und gebrauchen, ihm zu sagen, du bist kein Jude, du hast unsere Lehre nicht, und ihn von ihren Synagogen auszuschliessen? Sollten sie nicht
auch
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Auf ſolchen Faͤllen muͤßten ja denn auch billig die, neue Rechte erwerbenden Juden, das alte Recht der Ausſchlieſſung aus ihrer Gemeine behalten, und im Fall der Noth von der Obrigkeit unterſtuͤtzt werden; ſo wenig ich es meiner Kirche anrathen wuͤrde, dis Recht zu uͤben, ſo rathſam koͤnnte es doch fuͤr Juden ſeyn: ja vielleicht hat der ihnen neue Rechte einge- ſtehende Staat Urſache zu verlangen, daß ſie es uͤben. Es erleichtert ihre Nationaliſation. Darf ich dis mit ein paar Beyſpielen erlaͤutern. Betruͤglicher Eid, und Diebſtahl, oder Zuſammenhang mit Die- besbanden, iſt die Hauptſache, die eine Nationali- ſation, ja oft die Duldung der Juden bedenklich macht: man hat auch den Verdacht einer boͤſen Leh- re vom Eide, und dem an Chriſten begangenen Dieb- ſtahl, und ſo unſchuldig die Gelehrtern hier ſind, ſo ſchleichen doch unter dem Poͤbel, ſonderlich unter dem mit Spitzbubenbanden zuſammenhaͤngenden, ſolche Irrthuͤmer herum.
Wie wenn nun ein Jude dergleichen Irrthuͤmer aͤuſſerte, bey denen ſelbſt die Duldung der Juden be- denklich wird, ſollten nicht die nationaliſirten Juden das Recht haben und gebrauchen, ihm zu ſagen, du biſt kein Jude, du haſt unſere Lehre nicht, und ihn von ihren Synagogen auszuſchlieſſen? Sollten ſie nicht
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Auf ſolchen Faͤllen muͤßten ja denn auch billig die,
neue Rechte erwerbenden Juden, das alte Recht der
Ausſchlieſſung aus ihrer Gemeine behalten, und im
Fall der Noth von der Obrigkeit unterſtuͤtzt werden;
ſo wenig ich es meiner Kirche anrathen wuͤrde, dis
Recht zu uͤben, ſo rathſam koͤnnte es doch fuͤr Juden
ſeyn: ja vielleicht hat der ihnen neue Rechte einge-
ſtehende Staat Urſache zu verlangen, daß ſie es uͤben.
Es erleichtert ihre Nationaliſation. Darf ich dis
mit ein paar Beyſpielen erlaͤutern. Betruͤglicher
Eid, und Diebſtahl, oder Zuſammenhang mit Die-
besbanden, iſt die Hauptſache, die eine Nationali-
ſation, ja oft die Duldung der Juden bedenklich
macht: man hat auch den Verdacht einer boͤſen Leh-
re vom Eide, und dem an Chriſten begangenen Dieb-
ſtahl, und ſo unſchuldig die Gelehrtern hier ſind,
ſo ſchleichen doch unter dem Poͤbel, ſonderlich unter
dem mit Spitzbubenbanden zuſammenhaͤngenden,
ſolche Irrthuͤmer herum.
Wie wenn nun ein Jude dergleichen Irrthuͤmer
aͤuſſerte, bey denen ſelbſt die Duldung der Juden be-
denklich wird, ſollten nicht die nationaliſirten Juden
das Recht haben und gebrauchen, ihm zu ſagen, du
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Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/93>, abgerufen am 21.11.2024.
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