Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite

Die vorgesetzte Dienstbehörde.
gründlichen Ansichten ein doppeltes Interesse zu ver¬
leihen." --

Der Kriminalrath tauchte eben ein Stück Kuchen in
seine Tasse und sagte achselzuckend:

"In der That, seine Ansichten waren zuweilen sehr
eigenthümlich. Sie haben ihm auch sein jetziges Geschick
zugezogen." --

"Es mag immer noch Vielen eigenthümlich scheinen,"
sagte der Maler, "wenn Jemand mit den herrschenden
Grundsätzen im Widerspruch steht. Aber die Geschichte
kann uns überall zeigen, daß der sogenannte beschränkte
Unterthanenverstand doch zuletzt immer über die privilegirte
Weisheit den Siegespreis davongetragen hat, sowohl den
Preis der Vernunft als den des thatsächlichen Kampfes."--

"Daß Jemand im Widerspruch mit den herrschenden
Ansichten steht, kann kein Vorwurf für ihn sein, zumal
wenn seine Ueberzeugung aus wahrer Kritik der Verhält¬
nisse hervorgegangen ist," bemerkte der Angegriffene.
"Wenn er aber als Einzelner auch äußerlich in offenen,
schroffen Widerspruch und Kampf mit ihnen tritt, so
kann man das wohl eine Thorheit nennen." --

"Wenn es seine wahre Ueberzeugung ist, so muß er
auch damit ans Licht treten und sie vertheidigen dürfen.

Die vorgeſetzte Dienſtbehoͤrde.
gruͤndlichen Anſichten ein doppeltes Intereſſe zu ver¬
leihen.“ —

Der Kriminalrath tauchte eben ein Stuͤck Kuchen in
ſeine Taſſe und ſagte achſelzuckend:

„In der That, ſeine Anſichten waren zuweilen ſehr
eigenthuͤmlich. Sie haben ihm auch ſein jetziges Geſchick
zugezogen.“ —

„Es mag immer noch Vielen eigenthuͤmlich ſcheinen,“
ſagte der Maler, „wenn Jemand mit den herrſchenden
Grundſaͤtzen im Widerſpruch ſteht. Aber die Geſchichte
kann uns uͤberall zeigen, daß der ſogenannte beſchraͤnkte
Unterthanenverſtand doch zuletzt immer uͤber die privilegirte
Weisheit den Siegespreis davongetragen hat, ſowohl den
Preis der Vernunft als den des thatſaͤchlichen Kampfes.“—

„Daß Jemand im Widerſpruch mit den herrſchenden
Anſichten ſteht, kann kein Vorwurf fuͤr ihn ſein, zumal
wenn ſeine Ueberzeugung aus wahrer Kritik der Verhaͤlt¬
niſſe hervorgegangen iſt,“ bemerkte der Angegriffene.
„Wenn er aber als Einzelner auch aͤußerlich in offenen,
ſchroffen Widerſpruch und Kampf mit ihnen tritt, ſo
kann man das wohl eine Thorheit nennen.“ —

„Wenn es ſeine wahre Ueberzeugung iſt, ſo muß er
auch damit ans Licht treten und ſie vertheidigen duͤrfen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0134" n="120"/><fw place="top" type="header">Die vorge&#x017F;etzte Dien&#x017F;tbeho&#x0364;rde.<lb/></fw>gru&#x0364;ndlichen An&#x017F;ichten ein doppeltes Intere&#x017F;&#x017F;e zu ver¬<lb/>
leihen.&#x201C; &#x2014;</p><lb/>
        <p>Der Kriminalrath tauchte eben ein Stu&#x0364;ck Kuchen in<lb/>
&#x017F;eine Ta&#x017F;&#x017F;e und &#x017F;agte ach&#x017F;elzuckend:</p><lb/>
        <p>&#x201E;In der That, &#x017F;eine An&#x017F;ichten waren zuweilen &#x017F;ehr<lb/>
eigenthu&#x0364;mlich. Sie haben ihm auch &#x017F;ein jetziges Ge&#x017F;chick<lb/>
zugezogen.&#x201C; &#x2014;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Es mag immer noch Vielen eigenthu&#x0364;mlich &#x017F;cheinen,&#x201C;<lb/>
&#x017F;agte der Maler, &#x201E;wenn Jemand mit den herr&#x017F;chenden<lb/>
Grund&#x017F;a&#x0364;tzen im Wider&#x017F;pruch &#x017F;teht. Aber die Ge&#x017F;chichte<lb/>
kann uns u&#x0364;berall zeigen, daß der &#x017F;ogenannte be&#x017F;chra&#x0364;nkte<lb/>
Unterthanenver&#x017F;tand doch zuletzt immer u&#x0364;ber die privilegirte<lb/>
Weisheit den Siegespreis davongetragen hat, &#x017F;owohl den<lb/>
Preis der Vernunft als den des that&#x017F;a&#x0364;chlichen Kampfes.&#x201C;&#x2014;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Daß Jemand im Wider&#x017F;pruch mit den herr&#x017F;chenden<lb/>
An&#x017F;ichten <hi rendition="#g">&#x017F;teht</hi>, kann kein Vorwurf fu&#x0364;r ihn &#x017F;ein, zumal<lb/>
wenn &#x017F;eine Ueberzeugung aus wahrer Kritik der Verha&#x0364;lt¬<lb/>
ni&#x017F;&#x017F;e hervorgegangen i&#x017F;t,&#x201C; bemerkte der Angegriffene.<lb/>
&#x201E;Wenn er aber als Einzelner auch a&#x0364;ußerlich in offenen,<lb/>
&#x017F;chroffen Wider&#x017F;pruch und Kampf mit ihnen <hi rendition="#g">tritt</hi>, &#x017F;o<lb/>
kann man das wohl eine Thorheit nennen.&#x201C; &#x2014;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wenn es &#x017F;eine wahre Ueberzeugung i&#x017F;t, &#x017F;o muß er<lb/>
auch damit ans Licht treten und &#x017F;ie vertheidigen du&#x0364;rfen.<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[120/0134] Die vorgeſetzte Dienſtbehoͤrde. gruͤndlichen Anſichten ein doppeltes Intereſſe zu ver¬ leihen.“ — Der Kriminalrath tauchte eben ein Stuͤck Kuchen in ſeine Taſſe und ſagte achſelzuckend: „In der That, ſeine Anſichten waren zuweilen ſehr eigenthuͤmlich. Sie haben ihm auch ſein jetziges Geſchick zugezogen.“ — „Es mag immer noch Vielen eigenthuͤmlich ſcheinen,“ ſagte der Maler, „wenn Jemand mit den herrſchenden Grundſaͤtzen im Widerſpruch ſteht. Aber die Geſchichte kann uns uͤberall zeigen, daß der ſogenannte beſchraͤnkte Unterthanenverſtand doch zuletzt immer uͤber die privilegirte Weisheit den Siegespreis davongetragen hat, ſowohl den Preis der Vernunft als den des thatſaͤchlichen Kampfes.“— „Daß Jemand im Widerſpruch mit den herrſchenden Anſichten ſteht, kann kein Vorwurf fuͤr ihn ſein, zumal wenn ſeine Ueberzeugung aus wahrer Kritik der Verhaͤlt¬ niſſe hervorgegangen iſt,“ bemerkte der Angegriffene. „Wenn er aber als Einzelner auch aͤußerlich in offenen, ſchroffen Widerſpruch und Kampf mit ihnen tritt, ſo kann man das wohl eine Thorheit nennen.“ — „Wenn es ſeine wahre Ueberzeugung iſt, ſo muß er auch damit ans Licht treten und ſie vertheidigen duͤrfen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846/134
Zitationshilfe: Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846/134>, abgerufen am 22.12.2024.