Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite

Die vorgesetzte Dienstbehörde.
der Niederlassung behufs Begründung eines Haus¬
haltes die Genehmigung verweigert werden.

Schwind war durch den Ausgang seiner ersten Be¬
schwerde von jedem neuen derartigen Versuch zurückge¬
kommen, und nahm diesen Bescheid stillschweigend hin.
Um allen weiteren Plackereien zu entgehen, wendete er
sich nach seiner Vaterstadt, begann hier wieder sein Ge¬
schäft, und verheirathete sich bald darauf. Aber es wollte
hier mit dem Auskommen nicht recht gehn, sei es nun,
daß in dem kleinen Orte überhaupt zu wenig zu verdienen
war, sei es, daß die Vergrößerung seines Haushaltes durch
Frau und Kinder allmählig zu bedeutende Kosten erheischte.
Als ich mich nach ein paar Jahren zufällig nach ihm er¬
kundigte, hörte ich, daß der sonst so aufgeweckte, joviale
Mensch durch sein Unglück gänzlich verändert und herab¬
gekommen sei. Zuletzt, als er sich gar nicht mehr zu
helfen wußte, verkaufte er den Rest seiner Habe, schloß sich
einer Auswanderungs-Gesellschaft an, und ist jetzt vor eini¬
gen Wochen mit Frau und Kindern nach Amerika gesegelt."


"Und in Amerika wird der arme Teufel auch keine
Seide spinnen!" sagte die Hausfrau, als der Referendar
seine Erzählung beendigt hatte.

Die vorgeſetzte Dienſtbehoͤrde.
der Niederlaſſung behufs Begruͤndung eines Haus¬
haltes die Genehmigung verweigert werden.

Schwind war durch den Ausgang ſeiner erſten Be¬
ſchwerde von jedem neuen derartigen Verſuch zuruͤckge¬
kommen, und nahm dieſen Beſcheid ſtillſchweigend hin.
Um allen weiteren Plackereien zu entgehen, wendete er
ſich nach ſeiner Vaterſtadt, begann hier wieder ſein Ge¬
ſchaͤft, und verheirathete ſich bald darauf. Aber es wollte
hier mit dem Auskommen nicht recht gehn, ſei es nun,
daß in dem kleinen Orte uͤberhaupt zu wenig zu verdienen
war, ſei es, daß die Vergroͤßerung ſeines Haushaltes durch
Frau und Kinder allmaͤhlig zu bedeutende Koſten erheiſchte.
Als ich mich nach ein paar Jahren zufaͤllig nach ihm er¬
kundigte, hoͤrte ich, daß der ſonſt ſo aufgeweckte, joviale
Menſch durch ſein Ungluͤck gaͤnzlich veraͤndert und herab¬
gekommen ſei. Zuletzt, als er ſich gar nicht mehr zu
helfen wußte, verkaufte er den Reſt ſeiner Habe, ſchloß ſich
einer Auswanderungs-Geſellſchaft an, und iſt jetzt vor eini¬
gen Wochen mit Frau und Kindern nach Amerika geſegelt.“


„Und in Amerika wird der arme Teufel auch keine
Seide ſpinnen!“ ſagte die Hausfrau, als der Referendar
ſeine Erzaͤhlung beendigt hatte.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p> <hi rendition="#et"><pb facs="#f0153" n="139"/><fw place="top" type="header">Die vorge&#x017F;etzte Dien&#x017F;tbeho&#x0364;rde.<lb/></fw>der Niederla&#x017F;&#x017F;ung behufs Begru&#x0364;ndung eines Haus¬<lb/>
haltes die Genehmigung verweigert werden.</hi> </p><lb/>
        <p>Schwind war durch den Ausgang &#x017F;einer er&#x017F;ten Be¬<lb/>
&#x017F;chwerde von jedem neuen derartigen Ver&#x017F;uch zuru&#x0364;ckge¬<lb/>
kommen, und nahm die&#x017F;en Be&#x017F;cheid &#x017F;till&#x017F;chweigend hin.<lb/>
Um allen weiteren Plackereien zu entgehen, wendete er<lb/>
&#x017F;ich nach &#x017F;einer Vater&#x017F;tadt, begann hier wieder &#x017F;ein Ge¬<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;ft, und verheirathete &#x017F;ich bald darauf. Aber es wollte<lb/>
hier mit dem Auskommen nicht recht gehn, &#x017F;ei es nun,<lb/>
daß in dem kleinen Orte u&#x0364;berhaupt zu wenig zu verdienen<lb/>
war, &#x017F;ei es, daß die Vergro&#x0364;ßerung &#x017F;eines Haushaltes durch<lb/>
Frau und Kinder allma&#x0364;hlig zu bedeutende Ko&#x017F;ten erhei&#x017F;chte.<lb/>
Als ich mich nach ein paar Jahren zufa&#x0364;llig nach ihm er¬<lb/>
kundigte, ho&#x0364;rte ich, daß der &#x017F;on&#x017F;t &#x017F;o aufgeweckte, joviale<lb/>
Men&#x017F;ch durch &#x017F;ein Unglu&#x0364;ck ga&#x0364;nzlich vera&#x0364;ndert und herab¬<lb/>
gekommen &#x017F;ei. Zuletzt, als er &#x017F;ich gar nicht mehr zu<lb/>
helfen wußte, verkaufte er den Re&#x017F;t &#x017F;einer Habe, &#x017F;chloß &#x017F;ich<lb/>
einer Auswanderungs-Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft an, und i&#x017F;t jetzt vor eini¬<lb/>
gen Wochen mit Frau und Kindern nach Amerika ge&#x017F;egelt.&#x201C;</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p>&#x201E;Und in Amerika wird der arme Teufel auch keine<lb/>
Seide &#x017F;pinnen!&#x201C; &#x017F;agte die Hausfrau, als der Referendar<lb/>
&#x017F;eine Erza&#x0364;hlung beendigt hatte.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[139/0153] Die vorgeſetzte Dienſtbehoͤrde. der Niederlaſſung behufs Begruͤndung eines Haus¬ haltes die Genehmigung verweigert werden. Schwind war durch den Ausgang ſeiner erſten Be¬ ſchwerde von jedem neuen derartigen Verſuch zuruͤckge¬ kommen, und nahm dieſen Beſcheid ſtillſchweigend hin. Um allen weiteren Plackereien zu entgehen, wendete er ſich nach ſeiner Vaterſtadt, begann hier wieder ſein Ge¬ ſchaͤft, und verheirathete ſich bald darauf. Aber es wollte hier mit dem Auskommen nicht recht gehn, ſei es nun, daß in dem kleinen Orte uͤberhaupt zu wenig zu verdienen war, ſei es, daß die Vergroͤßerung ſeines Haushaltes durch Frau und Kinder allmaͤhlig zu bedeutende Koſten erheiſchte. Als ich mich nach ein paar Jahren zufaͤllig nach ihm er¬ kundigte, hoͤrte ich, daß der ſonſt ſo aufgeweckte, joviale Menſch durch ſein Ungluͤck gaͤnzlich veraͤndert und herab¬ gekommen ſei. Zuletzt, als er ſich gar nicht mehr zu helfen wußte, verkaufte er den Reſt ſeiner Habe, ſchloß ſich einer Auswanderungs-Geſellſchaft an, und iſt jetzt vor eini¬ gen Wochen mit Frau und Kindern nach Amerika geſegelt.“ „Und in Amerika wird der arme Teufel auch keine Seide ſpinnen!“ ſagte die Hausfrau, als der Referendar ſeine Erzaͤhlung beendigt hatte.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846/153
Zitationshilfe: Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846/153>, abgerufen am 22.12.2024.