Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Sünderin.
an dem Ufer eines See's unter das junge duftige Grün
des Laubes. Die Nacht war so schön. Am Himmel
funkelten die Sterne, und ihr Licht zitterte blitzend auf
dem stillen Spiegel des See's, die nächtigen Gebüsche
rauschten, die Blüthen hauchten einen wollüstigen Duft,
und eine Nachtigall schlug aus der Ferne leise, schmel¬
zende Liebestöne. Das Mädchen saß in verzehrender,
träumerischer Gluth, ihre Seele war ein flammendes,
schwelgerisches Gebet. Der junge Mann schlug seinen
Arm um ihren Leib, seine Worte tönten weich und ver¬
lockend in ihr Ohr, und als er einen Kuß, den ersten
brennenden Kuß, auf ihre durstigen Lippen drückte, durch¬
zuckte ein banges und doch so süßes, schwellendes Zagen
ihr ganzes Wesen. Sie schmiegte sich inniger und
doch zitternd an ihn an. Das dunkle Laub rauschte
mächtiger, die weißen Blätter fielen feucht und tro¬
pfend auf ihre warmen Schultern, eine Sternschnuppe
fuhr durch den nächtigen Himmel und ihr Widerschein
sprühte funkelnd über den leichtbewegten Spiegel des
See's.

Als die silberne Mondscheibe am Himmel auftauchte,
ordnete das Mädchen bang und bewegt ihr feuchtes Haar.
Sie war gefallen, eine Sünderin, -- und aus Liebe?

Die Suͤnderin.
an dem Ufer eines See's unter das junge duftige Gruͤn
des Laubes. Die Nacht war ſo ſchoͤn. Am Himmel
funkelten die Sterne, und ihr Licht zitterte blitzend auf
dem ſtillen Spiegel des See's, die naͤchtigen Gebuͤſche
rauſchten, die Bluͤthen hauchten einen wolluͤſtigen Duft,
und eine Nachtigall ſchlug aus der Ferne leiſe, ſchmel¬
zende Liebeſtoͤne. Das Maͤdchen ſaß in verzehrender,
traͤumeriſcher Gluth, ihre Seele war ein flammendes,
ſchwelgeriſches Gebet. Der junge Mann ſchlug ſeinen
Arm um ihren Leib, ſeine Worte toͤnten weich und ver¬
lockend in ihr Ohr, und als er einen Kuß, den erſten
brennenden Kuß, auf ihre durſtigen Lippen druͤckte, durch¬
zuckte ein banges und doch ſo ſuͤßes, ſchwellendes Zagen
ihr ganzes Weſen. Sie ſchmiegte ſich inniger und
doch zitternd an ihn an. Das dunkle Laub rauſchte
maͤchtiger, die weißen Blaͤtter fielen feucht und tro¬
pfend auf ihre warmen Schultern, eine Sternſchnuppe
fuhr durch den naͤchtigen Himmel und ihr Widerſchein
ſpruͤhte funkelnd uͤber den leichtbewegten Spiegel des
See's.

Als die ſilberne Mondſcheibe am Himmel auftauchte,
ordnete das Maͤdchen bang und bewegt ihr feuchtes Haar.
Sie war gefallen, eine Suͤnderin, — und aus Liebe?

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0088" n="74"/><fw place="top" type="header">Die Su&#x0364;nderin.<lb/></fw>an dem Ufer eines See's unter das junge duftige Gru&#x0364;n<lb/>
des Laubes. Die Nacht war &#x017F;o &#x017F;cho&#x0364;n. Am Himmel<lb/>
funkelten die Sterne, und ihr Licht zitterte blitzend auf<lb/>
dem &#x017F;tillen Spiegel des See's, die na&#x0364;chtigen Gebu&#x0364;&#x017F;che<lb/>
rau&#x017F;chten, die Blu&#x0364;then hauchten einen wollu&#x0364;&#x017F;tigen Duft,<lb/>
und eine Nachtigall &#x017F;chlug aus der Ferne lei&#x017F;e, &#x017F;chmel¬<lb/>
zende Liebe&#x017F;to&#x0364;ne. Das Ma&#x0364;dchen &#x017F;aß in verzehrender,<lb/>
tra&#x0364;umeri&#x017F;cher Gluth, ihre Seele war ein flammendes,<lb/>
&#x017F;chwelgeri&#x017F;ches Gebet. Der junge Mann &#x017F;chlug &#x017F;einen<lb/>
Arm um ihren Leib, &#x017F;eine Worte to&#x0364;nten weich und ver¬<lb/>
lockend in ihr Ohr, und als er einen Kuß, den er&#x017F;ten<lb/>
brennenden Kuß, auf ihre dur&#x017F;tigen Lippen dru&#x0364;ckte, durch¬<lb/>
zuckte ein banges und doch &#x017F;o &#x017F;u&#x0364;ßes, &#x017F;chwellendes Zagen<lb/>
ihr ganzes We&#x017F;en. Sie &#x017F;chmiegte &#x017F;ich inniger und<lb/>
doch zitternd an ihn an. Das dunkle Laub rau&#x017F;chte<lb/>
ma&#x0364;chtiger, die weißen Bla&#x0364;tter fielen feucht und tro¬<lb/>
pfend auf ihre warmen Schultern, eine Stern&#x017F;chnuppe<lb/>
fuhr durch den na&#x0364;chtigen Himmel und ihr Wider&#x017F;chein<lb/>
&#x017F;pru&#x0364;hte funkelnd u&#x0364;ber den leichtbewegten Spiegel des<lb/>
See's.</p><lb/>
        <p>Als die &#x017F;ilberne Mond&#x017F;cheibe am Himmel auftauchte,<lb/>
ordnete das Ma&#x0364;dchen bang und bewegt ihr feuchtes Haar.<lb/>
Sie war gefallen, eine Su&#x0364;nderin, &#x2014; und aus Liebe?<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[74/0088] Die Suͤnderin. an dem Ufer eines See's unter das junge duftige Gruͤn des Laubes. Die Nacht war ſo ſchoͤn. Am Himmel funkelten die Sterne, und ihr Licht zitterte blitzend auf dem ſtillen Spiegel des See's, die naͤchtigen Gebuͤſche rauſchten, die Bluͤthen hauchten einen wolluͤſtigen Duft, und eine Nachtigall ſchlug aus der Ferne leiſe, ſchmel¬ zende Liebeſtoͤne. Das Maͤdchen ſaß in verzehrender, traͤumeriſcher Gluth, ihre Seele war ein flammendes, ſchwelgeriſches Gebet. Der junge Mann ſchlug ſeinen Arm um ihren Leib, ſeine Worte toͤnten weich und ver¬ lockend in ihr Ohr, und als er einen Kuß, den erſten brennenden Kuß, auf ihre durſtigen Lippen druͤckte, durch¬ zuckte ein banges und doch ſo ſuͤßes, ſchwellendes Zagen ihr ganzes Weſen. Sie ſchmiegte ſich inniger und doch zitternd an ihn an. Das dunkle Laub rauſchte maͤchtiger, die weißen Blaͤtter fielen feucht und tro¬ pfend auf ihre warmen Schultern, eine Sternſchnuppe fuhr durch den naͤchtigen Himmel und ihr Widerſchein ſpruͤhte funkelnd uͤber den leichtbewegten Spiegel des See's. Als die ſilberne Mondſcheibe am Himmel auftauchte, ordnete das Maͤdchen bang und bewegt ihr feuchtes Haar. Sie war gefallen, eine Suͤnderin, — und aus Liebe?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846/88
Zitationshilfe: Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846/88>, abgerufen am 19.05.2024.