Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.Noch seh ich dich im Hauch des Winterbrodems Herstapfen, wie den irren Haidegeist, Wenn Tropf' an Tropfen deiner Stirn entfleußt, Hör noch das Keuchen deines armen Odems. Es waren schlimme Wege, rauh und weit, Die du gewandelt manche Winterwende, Um des Altares heil'ge Gnadenspende Zu tragen mir in meine Einsamkeit. O manchem Spötter gabst du ernst Gedenken, Wenn höhnend deine kleine Hab' er prieß, Für schlechtes Ding dir Tausende verhieß, Und du nur glücklich warst ihn zu beschenken! So werth war dir kein Gut, so ehrenreich, Daß du es nicht mit Freuden hingegeben, Dann sah man deine Lippen freundlich beben, Und zucken wie das Dämmerlicht im Teich. An deinem Kleide, schwarz und Fadenscheinend, War jeder Fleck ein heimlich Ehrenmaal, Du frommer Dieb am Eignen! ohne Wahl Das Schlechteste dir noch genugsam meinend. Mann ohne Falsch und mit der offnen Hand, Drin wie Demant der Wittwe Heller blinken, Sanft soll der Thau auf deinen Hügel sinken, Und leicht, leicht sey dir das geweihte Land! Schlaf sanft, schlaf still in deinem grünen Bette, Dir überm Haupt des Glaubens fromm Simbol, Die Welt vergißt, der Himmel kennt dich wohl, Ein Engel wacht an dieser schlichten Stätte. Noch ſeh ich dich im Hauch des Winterbrodems Herſtapfen, wie den irren Haidegeiſt, Wenn Tropf' an Tropfen deiner Stirn entfleußt, Hör noch das Keuchen deines armen Odems. Es waren ſchlimme Wege, rauh und weit, Die du gewandelt manche Winterwende, Um des Altares heil'ge Gnadenſpende Zu tragen mir in meine Einſamkeit. O manchem Spötter gabſt du ernſt Gedenken, Wenn höhnend deine kleine Hab' er prieß, Für ſchlechtes Ding dir Tauſende verhieß, Und du nur glücklich warſt ihn zu beſchenken! So werth war dir kein Gut, ſo ehrenreich, Daß du es nicht mit Freuden hingegeben, Dann ſah man deine Lippen freundlich beben, Und zucken wie das Dämmerlicht im Teich. An deinem Kleide, ſchwarz und Fadenſcheinend, War jeder Fleck ein heimlich Ehrenmaal, Du frommer Dieb am Eignen! ohne Wahl Das Schlechteſte dir noch genugſam meinend. Mann ohne Falſch und mit der offnen Hand, Drin wie Demant der Wittwe Heller blinken, Sanft ſoll der Thau auf deinen Hügel ſinken, Und leicht, leicht ſey dir das geweihte Land! Schlaf ſanft, ſchlaf ſtill in deinem grünen Bette, Dir überm Haupt des Glaubens fromm Simbol, Die Welt vergißt, der Himmel kennt dich wohl, Ein Engel wacht an dieſer ſchlichten Stätte. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0210" n="196"/> <lg n="4"> <l>Noch ſeh ich dich im Hauch des Winterbrodems</l><lb/> <l>Herſtapfen, wie den irren Haidegeiſt,</l><lb/> <l>Wenn Tropf' an Tropfen deiner Stirn entfleußt,</l><lb/> <l>Hör noch das Keuchen deines armen Odems.</l><lb/> <l>Es waren ſchlimme Wege, rauh und weit,</l><lb/> <l>Die du gewandelt manche Winterwende,</l><lb/> <l>Um des Altares heil'ge Gnadenſpende</l><lb/> <l>Zu tragen mir in meine Einſamkeit.</l><lb/> </lg> <lg n="5"> <l>O manchem Spötter gabſt du ernſt Gedenken,</l><lb/> <l>Wenn höhnend deine kleine Hab' er prieß,</l><lb/> <l>Für ſchlechtes Ding dir Tauſende verhieß,</l><lb/> <l>Und du nur glücklich warſt ihn zu beſchenken!</l><lb/> <l>So werth war dir kein Gut, ſo ehrenreich,</l><lb/> <l>Daß du es nicht mit Freuden hingegeben,</l><lb/> <l>Dann ſah man deine Lippen freundlich beben,</l><lb/> <l>Und zucken wie das Dämmerlicht im Teich.</l><lb/> </lg> <lg n="6"> <l>An deinem Kleide, ſchwarz und Fadenſcheinend,</l><lb/> <l>War jeder Fleck ein heimlich Ehrenmaal,</l><lb/> <l>Du frommer Dieb am Eignen! ohne Wahl</l><lb/> <l>Das Schlechteſte dir noch genugſam meinend.</l><lb/> <l>Mann ohne Falſch und mit der offnen Hand,</l><lb/> <l>Drin wie Demant der Wittwe Heller blinken,</l><lb/> <l>Sanft ſoll der Thau auf deinen Hügel ſinken,</l><lb/> <l>Und leicht, leicht ſey dir das geweihte Land!</l><lb/> </lg> <lg n="7"> <l>Schlaf ſanft, ſchlaf ſtill in deinem grünen Bette,</l><lb/> <l>Dir überm Haupt des Glaubens fromm Simbol,</l><lb/> <l>Die Welt vergißt, der Himmel kennt dich wohl,</l><lb/> <l>Ein Engel wacht an dieſer ſchlichten Stätte.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [196/0210]
Noch ſeh ich dich im Hauch des Winterbrodems
Herſtapfen, wie den irren Haidegeiſt,
Wenn Tropf' an Tropfen deiner Stirn entfleußt,
Hör noch das Keuchen deines armen Odems.
Es waren ſchlimme Wege, rauh und weit,
Die du gewandelt manche Winterwende,
Um des Altares heil'ge Gnadenſpende
Zu tragen mir in meine Einſamkeit.
O manchem Spötter gabſt du ernſt Gedenken,
Wenn höhnend deine kleine Hab' er prieß,
Für ſchlechtes Ding dir Tauſende verhieß,
Und du nur glücklich warſt ihn zu beſchenken!
So werth war dir kein Gut, ſo ehrenreich,
Daß du es nicht mit Freuden hingegeben,
Dann ſah man deine Lippen freundlich beben,
Und zucken wie das Dämmerlicht im Teich.
An deinem Kleide, ſchwarz und Fadenſcheinend,
War jeder Fleck ein heimlich Ehrenmaal,
Du frommer Dieb am Eignen! ohne Wahl
Das Schlechteſte dir noch genugſam meinend.
Mann ohne Falſch und mit der offnen Hand,
Drin wie Demant der Wittwe Heller blinken,
Sanft ſoll der Thau auf deinen Hügel ſinken,
Und leicht, leicht ſey dir das geweihte Land!
Schlaf ſanft, ſchlaf ſtill in deinem grünen Bette,
Dir überm Haupt des Glaubens fromm Simbol,
Die Welt vergißt, der Himmel kennt dich wohl,
Ein Engel wacht an dieſer ſchlichten Stätte.
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