Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.Des alten Pfarrers Woche. Sonntag. Das ist nun so ein schlimmer Tag, Wie der April ihn bringen mag Mit Schlacken, Schnee und Regen. Zum drittenmal in das Gebraus Streckt Jungfer Anne vor dem Haus Ihr kupfern Blendlaternchen aus, Und späht längs allen Wegen. "Wo nur der Pfarrer bleiben kann? Ach, sicher ist dem guten Mann Was über'n Weg gefahren! Ein Pfleger wohl, der Rechnung macht. -- Aus war der Gottesdienst um acht: Soll man so streifen in der Nacht Bei Gicht und grauen Haaren!" Sie schließt die Thüre, schüttelt baß
Ihr Haupt und wischt am Brillenglas; So gut dünkt ihr die Stube; Im Ofen kracht's, der Lampenschein Hellt über'm Tisch den Sonntagswein, Und lockend lädt der Sessel ein Mit seiner Kissengrube. Des alten Pfarrers Woche. Sonntag. Das iſt nun ſo ein ſchlimmer Tag, Wie der April ihn bringen mag Mit Schlacken, Schnee und Regen. Zum drittenmal in das Gebraus Streckt Jungfer Anne vor dem Haus Ihr kupfern Blendlaternchen aus, Und ſpäht längs allen Wegen. „Wo nur der Pfarrer bleiben kann? Ach, ſicher iſt dem guten Mann Was über'n Weg gefahren! Ein Pfleger wohl, der Rechnung macht. — Aus war der Gottesdienſt um acht: Soll man ſo ſtreifen in der Nacht Bei Gicht und grauen Haaren!“ Sie ſchließt die Thüre, ſchüttelt baß
Ihr Haupt und wiſcht am Brillenglas; So gut dünkt ihr die Stube; Im Ofen kracht's, der Lampenſchein Hellt über'm Tiſch den Sonntagswein, Und lockend lädt der Seſſel ein Mit ſeiner Kiſſengrube. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0248" n="234"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Des alten Pfarrers Woche.</hi><lb/> </head> <div n="3"> <head><hi rendition="#g">Sonntag</hi>.<lb/></head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Das iſt nun ſo ein ſchlimmer Tag,</l><lb/> <l>Wie der April ihn bringen mag</l><lb/> <l>Mit Schlacken, Schnee und Regen.</l><lb/> <l>Zum drittenmal in das Gebraus</l><lb/> <l>Streckt Jungfer Anne vor dem Haus</l><lb/> <l>Ihr kupfern Blendlaternchen aus,</l><lb/> <l>Und ſpäht längs allen Wegen.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>„Wo nur der Pfarrer bleiben kann?</l><lb/> <l>Ach, ſicher iſt dem guten Mann</l><lb/> <l>Was über'n Weg gefahren!</l><lb/> <l>Ein Pfleger wohl, der Rechnung macht. —</l><lb/> <l>Aus war der Gottesdienſt um acht:</l><lb/> <l>Soll man ſo ſtreifen in der Nacht</l><lb/> <l>Bei Gicht und grauen Haaren!“</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Sie ſchließt die Thüre, ſchüttelt baß</l><lb/> <l>Ihr Haupt und wiſcht am Brillenglas;</l><lb/> <l>So gut dünkt ihr die Stube;</l><lb/> <l>Im Ofen kracht's, der Lampenſchein</l><lb/> <l>Hellt über'm Tiſch den Sonntagswein,</l><lb/> <l>Und lockend lädt der Seſſel ein</l><lb/> <l>Mit ſeiner Kiſſengrube.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [234/0248]
Des alten Pfarrers Woche.
Sonntag.
Das iſt nun ſo ein ſchlimmer Tag,
Wie der April ihn bringen mag
Mit Schlacken, Schnee und Regen.
Zum drittenmal in das Gebraus
Streckt Jungfer Anne vor dem Haus
Ihr kupfern Blendlaternchen aus,
Und ſpäht längs allen Wegen.
„Wo nur der Pfarrer bleiben kann?
Ach, ſicher iſt dem guten Mann
Was über'n Weg gefahren!
Ein Pfleger wohl, der Rechnung macht. —
Aus war der Gottesdienſt um acht:
Soll man ſo ſtreifen in der Nacht
Bei Gicht und grauen Haaren!“
Sie ſchließt die Thüre, ſchüttelt baß
Ihr Haupt und wiſcht am Brillenglas;
So gut dünkt ihr die Stube;
Im Ofen kracht's, der Lampenſchein
Hellt über'm Tiſch den Sonntagswein,
Und lockend lädt der Seſſel ein
Mit ſeiner Kiſſengrube.
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