In wohlgemeinten Sorgen, Wie er geschäftig thut! Doch dämmert kaum der Morgen, Dies eben dünkt ihm gut. Am Abend kam der Freund Erschöpft nach Art der Gäste; Nun säubre man auf's Beste, Daß alles nett erscheint.
Schon strahlt die große Kanne, Die Teller blitzen auf; Noch scheuert Jungfer Anne, Und horcht mitunter auf. Ach, sollte sie der Gast Im alten Jäckchen finden: Sie müßte ganz verschwinden Vor dieser Schande Last.
Und was zur Hand thut stehen, Das reizt den Pfarrer sehr, Die Jungfer wird's nicht sehen, Er macht sich drüber her; Die Schlaguhr greift er an Mit ungeschickten Händen, Und sucht sie sacht zu wenden; Der übermüth'ge Mann!
Schleppt Foliantenbürde, Putzt Fensterglas und Tisch; Fürwahr mit vieler Würde Führt er den Flederwisch.
v. Droste-Hülshof, Gedichte. 16
In wohlgemeinten Sorgen, Wie er geſchäftig thut! Doch dämmert kaum der Morgen, Dies eben dünkt ihm gut. Am Abend kam der Freund Erſchöpft nach Art der Gäſte; Nun ſäubre man auf's Beſte, Daß alles nett erſcheint.
Schon ſtrahlt die große Kanne, Die Teller blitzen auf; Noch ſcheuert Jungfer Anne, Und horcht mitunter auf. Ach, ſollte ſie der Gaſt Im alten Jäckchen finden: Sie müßte ganz verſchwinden Vor dieſer Schande Laſt.
Und was zur Hand thut ſtehen, Das reizt den Pfarrer ſehr, Die Jungfer wird's nicht ſehen, Er macht ſich drüber her; Die Schlaguhr greift er an Mit ungeſchickten Händen, Und ſucht ſie ſacht zu wenden; Der übermüth'ge Mann!
Schleppt Foliantenbürde, Putzt Fenſterglas und Tiſch; Fürwahr mit vieler Würde Führt er den Flederwiſch.
v. Droſte-Hülshof, Gedichte. 16
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In wohlgemeinten Sorgen,
Wie er geſchäftig thut!
Doch dämmert kaum der Morgen,
Dies eben dünkt ihm gut.
Am Abend kam der Freund
Erſchöpft nach Art der Gäſte;
Nun ſäubre man auf's Beſte,
Daß alles nett erſcheint.
Schon ſtrahlt die große Kanne,
Die Teller blitzen auf;
Noch ſcheuert Jungfer Anne,
Und horcht mitunter auf.
Ach, ſollte ſie der Gaſt
Im alten Jäckchen finden:
Sie müßte ganz verſchwinden
Vor dieſer Schande Laſt.
Und was zur Hand thut ſtehen,
Das reizt den Pfarrer ſehr,
Die Jungfer wird's nicht ſehen,
Er macht ſich drüber her;
Die Schlaguhr greift er an
Mit ungeſchickten Händen,
Und ſucht ſie ſacht zu wenden;
Der übermüth'ge Mann!
Schleppt Foliantenbürde,
Putzt Fenſterglas und Tiſch;
Fürwahr mit vieler Würde
Führt er den Flederwiſch.
v. Droſte-Hülshof, Gedichte. 16
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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/255>, abgerufen am 22.11.2024.
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