Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.Haucht prüfend leise Cadenzen hervor, Wie prahlen die Wappen, farbig grell Am schwarzen Sammet der Decke. Ha! Ros' an Rose, der Todesquell Hat gespritzet blutige Flecke! Der Freiherr klammert das Gitter an: "Die andre Seite!" stöhnet er dann. Da langsam wenden die Träger, blank Mit dem Monde die Schilder kosen. "O, -- seufzt der Freiherr -- Gott sey Dank! Kein Pfeil, kein Pfeil, nur Rosen!" Dann hat er die Lampe still entfacht, Und schreibt sein Testament in der Nacht. Haucht prüfend leiſe Cadenzen hervor, Wie prahlen die Wappen, farbig grell Am ſchwarzen Sammet der Decke. Ha! Roſ' an Roſe, der Todesquell Hat geſpritzet blutige Flecke! Der Freiherr klammert das Gitter an: „Die andre Seite!“ ſtöhnet er dann. Da langſam wenden die Träger, blank Mit dem Monde die Schilder koſen. „O, — ſeufzt der Freiherr — Gott ſey Dank! Kein Pfeil, kein Pfeil, nur Roſen!“ Dann hat er die Lampe ſtill entfacht, Und ſchreibt ſein Teſtament in der Nacht. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="18"> <pb facs="#f0312" n="298"/> <l>Haucht prüfend leiſe Cadenzen hervor,</l><lb/> <l>Wie träumende Winde raunen;</l><lb/> <l>Dann Alles ſtill. O Angſt! o Qual!</l><lb/> <l>Es tritt der Sarg aus des Schloſſes Portal.</l><lb/> </lg> <lg n="19"> <l>Wie prahlen die Wappen, farbig grell</l><lb/> <l>Am ſchwarzen Sammet der Decke.</l><lb/> <l>Ha! Roſ' an Roſe, der Todesquell</l><lb/> <l>Hat geſpritzet blutige Flecke!</l><lb/> <l>Der Freiherr klammert das Gitter an:</l><lb/> <l>„Die andre Seite!“ ſtöhnet er dann.</l><lb/> </lg> <lg n="20"> <l>Da langſam wenden die Träger, blank</l><lb/> <l>Mit dem Monde die Schilder koſen.</l><lb/> <l>„O, — ſeufzt der Freiherr — Gott ſey Dank!</l><lb/> <l>Kein Pfeil, kein Pfeil, nur Roſen!“</l><lb/> <l>Dann hat er die Lampe ſtill entfacht,</l><lb/> <l>Und ſchreibt ſein Teſtament in der Nacht.</l><lb/> </lg> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [298/0312]
Haucht prüfend leiſe Cadenzen hervor,
Wie träumende Winde raunen;
Dann Alles ſtill. O Angſt! o Qual!
Es tritt der Sarg aus des Schloſſes Portal.
Wie prahlen die Wappen, farbig grell
Am ſchwarzen Sammet der Decke.
Ha! Roſ' an Roſe, der Todesquell
Hat geſpritzet blutige Flecke!
Der Freiherr klammert das Gitter an:
„Die andre Seite!“ ſtöhnet er dann.
Da langſam wenden die Träger, blank
Mit dem Monde die Schilder koſen.
„O, — ſeufzt der Freiherr — Gott ſey Dank!
Kein Pfeil, kein Pfeil, nur Roſen!“
Dann hat er die Lampe ſtill entfacht,
Und ſchreibt ſein Teſtament in der Nacht.
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Zitationshilfe: | Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/312>, abgerufen am 22.06.2024. |