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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

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Sey ruhig, Mann, ich will nicht tödten,
Den Leib, der Vieles noch muß bestehn,
Doch laß meine armen Kinderchen beten,
Denn sehr bedarf ich der Unschuld Flehn.

Und im Closete gefunden ward
Ein richtiges Testament,
Und alle Papiere nach Kaufmannsart
Geordnet und wohl benennt.
Und wir? -- in der Fremde ließ man uns pflegen,
Da waren wir eben wie Buben sind,
Doch mit den Jahren da muß sich's regen,
Bin ich doch jetzt sein einziges Kind!
Du weißt es, wie ich auch noch so früh,
So hart den Bruder verlor,
Und hätte ich dich nicht, meine Marie,
Dann wär ich ein armer Thor! --
Ach Gott, was hab' ich nicht All geschrieben,
Aufrufe, Briefe, in meiner Noth!
Umsonst doch Alles, umsonst geblieben.
Ob er mag leben? -- vermuthlich todt!"

Nie brachte wieder auf sein Geschick
Die gute Marie den Mann,
Der seines Lebens einziges Glück
In ihrer Liebe gewann.

Sey ruhig, Mann, ich will nicht tödten,
Den Leib, der Vieles noch muß beſtehn,
Doch laß meine armen Kinderchen beten,
Denn ſehr bedarf ich der Unſchuld Flehn.

Und im Cloſete gefunden ward
Ein richtiges Teſtament,
Und alle Papiere nach Kaufmannsart
Geordnet und wohl benennt.
Und wir? — in der Fremde ließ man uns pflegen,
Da waren wir eben wie Buben ſind,
Doch mit den Jahren da muß ſich's regen,
Bin ich doch jetzt ſein einziges Kind!
Du weißt es, wie ich auch noch ſo früh,
So hart den Bruder verlor,
Und hätte ich dich nicht, meine Marie,
Dann wär ich ein armer Thor! —
Ach Gott, was hab' ich nicht All geſchrieben,
Aufrufe, Briefe, in meiner Noth!
Umſonſt doch Alles, umſonſt geblieben.
Ob er mag leben? — vermuthlich todt!“

Nie brachte wieder auf ſein Geſchick
Die gute Marie den Mann,
Der ſeines Lebens einziges Glück
In ihrer Liebe gewann.
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[350/0364] Sey ruhig, Mann, ich will nicht tödten, Den Leib, der Vieles noch muß beſtehn, Doch laß meine armen Kinderchen beten, Denn ſehr bedarf ich der Unſchuld Flehn. Und im Cloſete gefunden ward Ein richtiges Teſtament, Und alle Papiere nach Kaufmannsart Geordnet und wohl benennt. Und wir? — in der Fremde ließ man uns pflegen, Da waren wir eben wie Buben ſind, Doch mit den Jahren da muß ſich's regen, Bin ich doch jetzt ſein einziges Kind! Du weißt es, wie ich auch noch ſo früh, So hart den Bruder verlor, Und hätte ich dich nicht, meine Marie, Dann wär ich ein armer Thor! — Ach Gott, was hab' ich nicht All geſchrieben, Aufrufe, Briefe, in meiner Noth! Umſonſt doch Alles, umſonſt geblieben. Ob er mag leben? — vermuthlich todt!“ Nie brachte wieder auf ſein Geſchick Die gute Marie den Mann, Der ſeines Lebens einziges Glück In ihrer Liebe gewann.

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Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/364>, abgerufen am 22.11.2024.