Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.Kurt von Spiegel. O frommer Prälat, was ließest so hoch Des Marschalks frevlen Muth du steigen! War's seine Gestalt deren Adel dich trog, Sein flatternder Witz unter Bechern und Reigen? O frommer Bischof, wie war dir zu Muth, Als rauchend am Anger unschuldiges Blut Verklagte, verklagte dein zögerndes Schweigen! Am Wewelsberge schallt Wald-Hurrah, Des Rosses Flanke schäumt über den Bügel, Es keucht der Hirsch, und dem Edelwild nah, Ein flüchtiger Dogge, keucht Kurt von Spiegel; Von Thurmes Fahne begierig horcht Der arme Tüncher, und unbesorgt Hält in der Hand er den bröckelnden Ziegel. Da horch! Halali! das Treiben ist aus, Des Hirsches einzige Thräne vergossen, Ein Hörnerstoß durch das waldige Haus Vereint zum Geweide die zott'gen Genossen, Und bald aus der nickenden Zweige Geleit Die Treiber so stumm, die Ritter so breit, Ziehn langsam daher mit den stöhnenden Rossen. Der Spiegel spornt sein rauchendes Thier, "Verfluchte Canaille, du hast mich bestohlen!" Kurt von Spiegel. O frommer Prälat, was ließeſt ſo hoch Des Marſchalks frevlen Muth du ſteigen! War's ſeine Geſtalt deren Adel dich trog, Sein flatternder Witz unter Bechern und Reigen? O frommer Biſchof, wie war dir zu Muth, Als rauchend am Anger unſchuldiges Blut Verklagte, verklagte dein zögerndes Schweigen! Am Wewelsberge ſchallt Wald-Hurrah, Des Roſſes Flanke ſchäumt über den Bügel, Es keucht der Hirſch, und dem Edelwild nah, Ein flüchtiger Dogge, keucht Kurt von Spiegel; Von Thurmes Fahne begierig horcht Der arme Tüncher, und unbeſorgt Hält in der Hand er den bröckelnden Ziegel. Da horch! Halali! das Treiben iſt aus, Des Hirſches einzige Thräne vergoſſen, Ein Hörnerſtoß durch das waldige Haus Vereint zum Geweide die zott'gen Genoſſen, Und bald aus der nickenden Zweige Geleit Die Treiber ſo ſtumm, die Ritter ſo breit, Ziehn langſam daher mit den ſtöhnenden Roſſen. Der Spiegel ſpornt ſein rauchendes Thier, „Verfluchte Canaille, du haſt mich beſtohlen!“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0375" n="361"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Kurt von Spiegel.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>O frommer Prälat, was ließeſt ſo hoch</l><lb/> <l>Des Marſchalks frevlen Muth du ſteigen!</l><lb/> <l>War's ſeine Geſtalt deren Adel dich trog,</l><lb/> <l>Sein flatternder Witz unter Bechern und Reigen?</l><lb/> <l>O frommer Biſchof, wie war dir zu Muth,</l><lb/> <l>Als rauchend am Anger unſchuldiges Blut</l><lb/> <l>Verklagte, verklagte dein zögerndes Schweigen!</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Am Wewelsberge ſchallt Wald-Hurrah,</l><lb/> <l>Des Roſſes Flanke ſchäumt über den Bügel,</l><lb/> <l>Es keucht der Hirſch, und dem Edelwild nah,</l><lb/> <l>Ein flüchtiger Dogge, keucht Kurt von Spiegel;</l><lb/> <l>Von Thurmes Fahne begierig horcht</l><lb/> <l>Der arme Tüncher, und unbeſorgt</l><lb/> <l>Hält in der Hand er den bröckelnden Ziegel.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Da horch! Halali! das Treiben iſt aus,</l><lb/> <l>Des Hirſches einzige Thräne vergoſſen,</l><lb/> <l>Ein Hörnerſtoß durch das waldige Haus</l><lb/> <l>Vereint zum Geweide die zott'gen Genoſſen,</l><lb/> <l>Und bald aus der nickenden Zweige Geleit</l><lb/> <l>Die Treiber ſo ſtumm, die Ritter ſo breit,</l><lb/> <l>Ziehn langſam daher mit den ſtöhnenden Roſſen.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Der Spiegel ſpornt ſein rauchendes Thier,</l><lb/> <l>„Verfluchte Canaille, du haſt mich beſtohlen!“</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [361/0375]
Kurt von Spiegel.
O frommer Prälat, was ließeſt ſo hoch
Des Marſchalks frevlen Muth du ſteigen!
War's ſeine Geſtalt deren Adel dich trog,
Sein flatternder Witz unter Bechern und Reigen?
O frommer Biſchof, wie war dir zu Muth,
Als rauchend am Anger unſchuldiges Blut
Verklagte, verklagte dein zögerndes Schweigen!
Am Wewelsberge ſchallt Wald-Hurrah,
Des Roſſes Flanke ſchäumt über den Bügel,
Es keucht der Hirſch, und dem Edelwild nah,
Ein flüchtiger Dogge, keucht Kurt von Spiegel;
Von Thurmes Fahne begierig horcht
Der arme Tüncher, und unbeſorgt
Hält in der Hand er den bröckelnden Ziegel.
Da horch! Halali! das Treiben iſt aus,
Des Hirſches einzige Thräne vergoſſen,
Ein Hörnerſtoß durch das waldige Haus
Vereint zum Geweide die zott'gen Genoſſen,
Und bald aus der nickenden Zweige Geleit
Die Treiber ſo ſtumm, die Ritter ſo breit,
Ziehn langſam daher mit den ſtöhnenden Roſſen.
Der Spiegel ſpornt ſein rauchendes Thier,
„Verfluchte Canaille, du haſt mich beſtohlen!“
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