Zum letzten Mal dem Meister alt Sich dankbar seine Kunst erzeigt. Gottlob! nun ist die Schlucht erreicht. Er blickt empor, durch's graue Haupt, Fast von der Kälte sinnberaubt, Noch einmal durch die öde Brust Zieht sich das Bild vergangner Lust, An der sein ganzes Herz gehangen, Und doppelt fühlt er sich gefangen.
In Quarzes Schichten eingezwängt, Durch die der schmale Pfad sich drängt, Streckt, überbaut von Felsenwucht, Sich lang des Pain de Sucre Schlucht. Kein Laut die todte Luft durchirrt, Kein Lebenshauch ist zu entdecken; Und, wenn es unversehens schwirrt, Das Schneehuhn kann den Wandrer schrecken. Wo droben schwimmt das Felsendach, An dem der Wintersturm sich brach Jahrtausende; -- doch die Gedanken Verlassen ihn, -- er sieht es wanken -- Er fördert keuchend seinen Schritt -- Und immerfort, in tollem Schwanken, Ziehn rechts und links die Klippen mit; Daß jener harrt, -- sogleich -- sogleich -- Wie, aus der Lüfte Schwindelreich, Die ungeheure Masse klirrt, Und er sich schon zerschmettert glaubt, So sehr ihm Furcht die Sinne raubt.
Zum letzten Mal dem Meiſter alt Sich dankbar ſeine Kunſt erzeigt. Gottlob! nun iſt die Schlucht erreicht. Er blickt empor, durch's graue Haupt, Faſt von der Kälte ſinnberaubt, Noch einmal durch die öde Bruſt Zieht ſich das Bild vergangner Luſt, An der ſein ganzes Herz gehangen, Und doppelt fühlt er ſich gefangen.
In Quarzes Schichten eingezwängt, Durch die der ſchmale Pfad ſich drängt, Streckt, überbaut von Felſenwucht, Sich lang des Pain de Sucre Schlucht. Kein Laut die todte Luft durchirrt, Kein Lebenshauch iſt zu entdecken; Und, wenn es unverſehens ſchwirrt, Das Schneehuhn kann den Wandrer ſchrecken. Wo droben ſchwimmt das Felſendach, An dem der Winterſturm ſich brach Jahrtauſende; — doch die Gedanken Verlaſſen ihn, — er ſieht es wanken — Er fördert keuchend ſeinen Schritt — Und immerfort, in tollem Schwanken, Ziehn rechts und links die Klippen mit; Daß jener harrt, — ſogleich — ſogleich — Wie, aus der Lüfte Schwindelreich, Die ungeheure Maſſe klirrt, Und er ſich ſchon zerſchmettert glaubt, So ſehr ihm Furcht die Sinne raubt.
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Zum letzten Mal dem Meiſter alt
Sich dankbar ſeine Kunſt erzeigt.
Gottlob! nun iſt die Schlucht erreicht.
Er blickt empor, durch's graue Haupt,
Faſt von der Kälte ſinnberaubt,
Noch einmal durch die öde Bruſt
Zieht ſich das Bild vergangner Luſt,
An der ſein ganzes Herz gehangen,
Und doppelt fühlt er ſich gefangen.
In Quarzes Schichten eingezwängt,
Durch die der ſchmale Pfad ſich drängt,
Streckt, überbaut von Felſenwucht,
Sich lang des Pain de Sucre Schlucht.
Kein Laut die todte Luft durchirrt,
Kein Lebenshauch iſt zu entdecken;
Und, wenn es unverſehens ſchwirrt,
Das Schneehuhn kann den Wandrer ſchrecken.
Wo droben ſchwimmt das Felſendach,
An dem der Winterſturm ſich brach
Jahrtauſende; — doch die Gedanken
Verlaſſen ihn, — er ſieht es wanken —
Er fördert keuchend ſeinen Schritt —
Und immerfort, in tollem Schwanken,
Ziehn rechts und links die Klippen mit;
Daß jener harrt, — ſogleich — ſogleich —
Wie, aus der Lüfte Schwindelreich,
Die ungeheure Maſſe klirrt,
Und er ſich ſchon zerſchmettert glaubt,
So ſehr ihm Furcht die Sinne raubt.
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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 403. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/417>, abgerufen am 22.11.2024.
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