Hörst du der Nacht gespornten Wächter nicht? Sein Schrei verzittert mit dem Dämmerlicht, Und schlummertrunken hebt aus Purpurdecken Ihr Haupt die Sonne; in das Aetherbecken Taucht sie die Stirn, man sieht es nicht genau, Ob Licht sie zünde, oder trink' im Blau. Glührothe Pfeile zucken auf und nieder, Und wecken Thaues Blitze, wenn im Flug Sie streifen durch der Haide braunen Zug. Da schüttelt auch die Lerche ihr Gefieder, Des Tages Herold seine Liverei; Ihr Köpfchen streckt sie aus dem Ginster scheu, Blinzt nun mit diesem, nun mit jenem Aug'; Dann leise schwankt, es spaltet sich der Strauch, Und wirbelnd des Mandates erste Note Schießt in das feuchte Blau des Tages Bote.
"Auf! auf! die junge Fürstin ist erwacht! "Schlaftrunkne Kämm'rer, habt des Amtes Acht; "Du mit dem Saphirbecken Genziane, "Zwergweide du mit deiner Seidenfahne, "Das Amt, das Amt, ihr Blumen allzumal, "Die Fürstin wacht, bald tritt sie in den Saal!"
Die Lerche.
Hörſt du der Nacht geſpornten Wächter nicht? Sein Schrei verzittert mit dem Dämmerlicht, Und ſchlummertrunken hebt aus Purpurdecken Ihr Haupt die Sonne; in das Aetherbecken Taucht ſie die Stirn, man ſieht es nicht genau, Ob Licht ſie zünde, oder trink' im Blau. Glührothe Pfeile zucken auf und nieder, Und wecken Thaues Blitze, wenn im Flug Sie ſtreifen durch der Haide braunen Zug. Da ſchüttelt auch die Lerche ihr Gefieder, Des Tages Herold ſeine Liverei; Ihr Köpfchen ſtreckt ſie aus dem Ginſter ſcheu, Blinzt nun mit dieſem, nun mit jenem Aug'; Dann leiſe ſchwankt, es ſpaltet ſich der Strauch, Und wirbelnd des Mandates erſte Note Schießt in das feuchte Blau des Tages Bote.
„Auf! auf! die junge Fürſtin iſt erwacht! „Schlaftrunkne Kämm'rer, habt des Amtes Acht; „Du mit dem Saphirbecken Genziane, „Zwergweide du mit deiner Seidenfahne, „Das Amt, das Amt, ihr Blumen allzumal, „Die Fürſtin wacht, bald tritt ſie in den Saal!“
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[[37]/0051]
Die Lerche.
Hörſt du der Nacht geſpornten Wächter nicht?
Sein Schrei verzittert mit dem Dämmerlicht,
Und ſchlummertrunken hebt aus Purpurdecken
Ihr Haupt die Sonne; in das Aetherbecken
Taucht ſie die Stirn, man ſieht es nicht genau,
Ob Licht ſie zünde, oder trink' im Blau.
Glührothe Pfeile zucken auf und nieder,
Und wecken Thaues Blitze, wenn im Flug
Sie ſtreifen durch der Haide braunen Zug.
Da ſchüttelt auch die Lerche ihr Gefieder,
Des Tages Herold ſeine Liverei;
Ihr Köpfchen ſtreckt ſie aus dem Ginſter ſcheu,
Blinzt nun mit dieſem, nun mit jenem Aug';
Dann leiſe ſchwankt, es ſpaltet ſich der Strauch,
Und wirbelnd des Mandates erſte Note
Schießt in das feuchte Blau des Tages Bote.
„Auf! auf! die junge Fürſtin iſt erwacht!
„Schlaftrunkne Kämm'rer, habt des Amtes Acht;
„Du mit dem Saphirbecken Genziane,
„Zwergweide du mit deiner Seidenfahne,
„Das Amt, das Amt, ihr Blumen allzumal,
„Die Fürſtin wacht, bald tritt ſie in den Saal!“
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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. [37]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/51>, abgerufen am 16.02.2025.
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