Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.Dort, wo gelehnt am Lanzenstab, Ein dunkler Fleck, die Wache steht, In seinem Zelte auf und ab Der Christian von Braunschweig geht. Er ist alleine; was er denkt, Sein Auge kündet tief gesenkt, Das nur zum Grund die Blicke führt. Zuweilen seine Rechte rührt Des Hutes Rand, wo blutbefleckt Am Reiherbusch der Handschuh steckt, Als zweifle er, ob nicht dies Zeichen Mit seinem Glücke müsse weichen. Und soll sein Antlitz ich vergleichen: Des Griechen Feuer müßt' es seyn, Das heimlich frißt mit kaltem Schein. Ja! wessen Auge jetzt ihn trifft, Der läse schnell die Runenschrift: "Ein Held! ein Schwärmer! ein Soldat! Und seines Glaubens Renegat!" Schau, ein Papier am Boden dort! Er schleudert's mit dem Fuße fort. Der Mansfeld hat ihm aufgesagt;11 "Ein Narr, der es mit Schelmen wagt!" -- Im Lager bleibt es immer still, Noch schlummert rauchend der Vulkan, Was hemmte seiner Lava Bahn? Die Vorsicht, so nicht gönnen will, Der Beute Lust sich zu ergeben, Wo Schwerter über'm Haupte schweben. Nur Rosses Wiehern, Wächters Gang, Dort, wo gelehnt am Lanzenſtab, Ein dunkler Fleck, die Wache ſteht, In ſeinem Zelte auf und ab Der Chriſtian von Braunſchweig geht. Er iſt alleine; was er denkt, Sein Auge kündet tief geſenkt, Das nur zum Grund die Blicke führt. Zuweilen ſeine Rechte rührt Des Hutes Rand, wo blutbefleckt Am Reiherbuſch der Handſchuh ſteckt, Als zweifle er, ob nicht dies Zeichen Mit ſeinem Glücke müſſe weichen. Und ſoll ſein Antlitz ich vergleichen: Des Griechen Feuer müßt' es ſeyn, Das heimlich frißt mit kaltem Schein. Ja! weſſen Auge jetzt ihn trifft, Der läſe ſchnell die Runenſchrift: „Ein Held! ein Schwärmer! ein Soldat! Und ſeines Glaubens Renegat!“ Schau, ein Papier am Boden dort! Er ſchleudert's mit dem Fuße fort. Der Mansfeld hat ihm aufgeſagt;11 „Ein Narr, der es mit Schelmen wagt!“ — Im Lager bleibt es immer ſtill, Noch ſchlummert rauchend der Vulkan, Was hemmte ſeiner Lava Bahn? Die Vorſicht, ſo nicht gönnen will, Der Beute Luſt ſich zu ergeben, Wo Schwerter über'm Haupte ſchweben. Nur Roſſes Wiehern, Wächters Gang, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0522" n="508"/> <lg n="12"> <l>Dort, wo gelehnt am Lanzenſtab,</l><lb/> <l>Ein dunkler Fleck, die Wache ſteht,</l><lb/> <l>In ſeinem Zelte auf und ab</l><lb/> <l>Der Chriſtian von Braunſchweig geht.</l><lb/> <l>Er iſt alleine; was er denkt,</l><lb/> <l>Sein Auge kündet tief geſenkt,</l><lb/> <l>Das nur zum Grund die Blicke führt.</l><lb/> <l>Zuweilen ſeine Rechte rührt</l><lb/> <l>Des Hutes Rand, wo blutbefleckt</l><lb/> <l>Am Reiherbuſch der Handſchuh ſteckt,</l><lb/> <l>Als zweifle er, ob nicht dies Zeichen</l><lb/> <l>Mit ſeinem Glücke müſſe weichen.</l><lb/> <l>Und ſoll ſein Antlitz ich vergleichen:</l><lb/> <l>Des Griechen Feuer müßt' es ſeyn,</l><lb/> <l>Das heimlich frißt mit kaltem Schein.</l><lb/> <l>Ja! weſſen Auge jetzt ihn trifft,</l><lb/> <l>Der läſe ſchnell die Runenſchrift:</l><lb/> <l>„Ein Held! ein Schwärmer! ein Soldat!</l><lb/> <l>Und ſeines Glaubens Renegat!“</l><lb/> <l>Schau, ein Papier am Boden dort!</l><lb/> <l>Er ſchleudert's mit dem Fuße fort.</l><lb/> <l>Der Mansfeld hat ihm aufgeſagt;11</l><lb/> <l>„Ein Narr, der es mit Schelmen wagt!“ —</l><lb/> <l>Im Lager bleibt es immer ſtill,</l><lb/> <l>Noch ſchlummert rauchend der Vulkan,</l><lb/> <l>Was hemmte ſeiner Lava Bahn?</l><lb/> <l>Die Vorſicht, ſo nicht gönnen will,</l><lb/> <l>Der Beute Luſt ſich zu ergeben,</l><lb/> <l>Wo Schwerter über'm Haupte ſchweben.</l><lb/> <l>Nur Roſſes Wiehern, Wächters Gang,</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [508/0522]
Dort, wo gelehnt am Lanzenſtab,
Ein dunkler Fleck, die Wache ſteht,
In ſeinem Zelte auf und ab
Der Chriſtian von Braunſchweig geht.
Er iſt alleine; was er denkt,
Sein Auge kündet tief geſenkt,
Das nur zum Grund die Blicke führt.
Zuweilen ſeine Rechte rührt
Des Hutes Rand, wo blutbefleckt
Am Reiherbuſch der Handſchuh ſteckt,
Als zweifle er, ob nicht dies Zeichen
Mit ſeinem Glücke müſſe weichen.
Und ſoll ſein Antlitz ich vergleichen:
Des Griechen Feuer müßt' es ſeyn,
Das heimlich frißt mit kaltem Schein.
Ja! weſſen Auge jetzt ihn trifft,
Der läſe ſchnell die Runenſchrift:
„Ein Held! ein Schwärmer! ein Soldat!
Und ſeines Glaubens Renegat!“
Schau, ein Papier am Boden dort!
Er ſchleudert's mit dem Fuße fort.
Der Mansfeld hat ihm aufgeſagt;11
„Ein Narr, der es mit Schelmen wagt!“ —
Im Lager bleibt es immer ſtill,
Noch ſchlummert rauchend der Vulkan,
Was hemmte ſeiner Lava Bahn?
Die Vorſicht, ſo nicht gönnen will,
Der Beute Luſt ſich zu ergeben,
Wo Schwerter über'm Haupte ſchweben.
Nur Roſſes Wiehern, Wächters Gang,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |