Setzt aus und dröhnend, Schlag auf Schlag, Wie Wetterkrachen donnert's nach; Sie meint, es sey der jüngste Tag. Gespenster schau'n aus Fensterluken, Im Thurm beginnt ein wildes Spuken, Hinab die Stiegen mit Gescharr. Nein, wehe! das ist Menschenhand, Die jetzt sie zerrt am Gürtelband. O, schlimmer als Gespenster weit, Soldaten sind's in Trunkenheit! Sie schreit nicht, wehrt sich nicht, nur sacht Sie wimmert wie ein Vogel klein, Dem man das schwache Hirn drückt ein; Vor ihren Augen wird es Nacht. Da rückwärts taumelt der Geselle, "Der Herzog!" ruft's, und plötzlich nah Ein Dritter stand, unbärtig noch, Doch über Manneslänge hoch. Ja, wie ein Schatten stand er da, Kalt, tödtlich bohrt sein Blick sich ein: Die beiden Männer sind wie Stein. Und als den Strahl er tiefer trug, Blaß ihr Gesicht ward wie ein Tuch. Er winkt, sie weichen auf der Stelle. Auch sie noch schaut er seitwärts an, Sich, seltsam lächelnd, wendet dann Und geht, ist fort. O Jesus Christ! Ihr Retter selbst der Herzog ist, -- Und dieser liegt im Kirchenbann.
Setzt aus und dröhnend, Schlag auf Schlag, Wie Wetterkrachen donnert's nach; Sie meint, es ſey der jüngſte Tag. Geſpenſter ſchau'n aus Fenſterluken, Im Thurm beginnt ein wildes Spuken, Hinab die Stiegen mit Geſcharr. Nein, wehe! das iſt Menſchenhand, Die jetzt ſie zerrt am Gürtelband. O, ſchlimmer als Geſpenſter weit, Soldaten ſind's in Trunkenheit! Sie ſchreit nicht, wehrt ſich nicht, nur ſacht Sie wimmert wie ein Vogel klein, Dem man das ſchwache Hirn drückt ein; Vor ihren Augen wird es Nacht. Da rückwärts taumelt der Geſelle, „Der Herzog!“ ruft's, und plötzlich nah Ein Dritter ſtand, unbärtig noch, Doch über Manneslänge hoch. Ja, wie ein Schatten ſtand er da, Kalt, tödtlich bohrt ſein Blick ſich ein: Die beiden Männer ſind wie Stein. Und als den Strahl er tiefer trug, Blaß ihr Geſicht ward wie ein Tuch. Er winkt, ſie weichen auf der Stelle. Auch ſie noch ſchaut er ſeitwärts an, Sich, ſeltſam lächelnd, wendet dann Und geht, iſt fort. O Jeſus Chriſt! Ihr Retter ſelbſt der Herzog iſt, — Und dieſer liegt im Kirchenbann.
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Setzt aus und dröhnend, Schlag auf Schlag,
Wie Wetterkrachen donnert's nach;
Sie meint, es ſey der jüngſte Tag.
Geſpenſter ſchau'n aus Fenſterluken,
Im Thurm beginnt ein wildes Spuken,
Hinab die Stiegen mit Geſcharr.
Nein, wehe! das iſt Menſchenhand,
Die jetzt ſie zerrt am Gürtelband.
O, ſchlimmer als Geſpenſter weit,
Soldaten ſind's in Trunkenheit!
Sie ſchreit nicht, wehrt ſich nicht, nur ſacht
Sie wimmert wie ein Vogel klein,
Dem man das ſchwache Hirn drückt ein;
Vor ihren Augen wird es Nacht.
Da rückwärts taumelt der Geſelle,
„Der Herzog!“ ruft's, und plötzlich nah
Ein Dritter ſtand, unbärtig noch,
Doch über Manneslänge hoch.
Ja, wie ein Schatten ſtand er da,
Kalt, tödtlich bohrt ſein Blick ſich ein:
Die beiden Männer ſind wie Stein.
Und als den Strahl er tiefer trug,
Blaß ihr Geſicht ward wie ein Tuch.
Er winkt, ſie weichen auf der Stelle.
Auch ſie noch ſchaut er ſeitwärts an,
Sich, ſeltſam lächelnd, wendet dann
Und geht, iſt fort. O Jeſus Chriſt!
Ihr Retter ſelbſt der Herzog iſt, —
Und dieſer liegt im Kirchenbann.
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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 517. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/531>, abgerufen am 22.11.2024.
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