Und wie sie hin und wieder geht, Die Wache, noch Nachzügler spät Auf Beute laurend, scheint zu schleichen. So deutlich Alles zeigt das Rohr, Daß wenn ein Schläfer rückt das Haupt, Ein Roß, die Mähne schüttelnd, schnaubt, Am Glase steigt es dicht empor. Und sehr vermindert war die Zahl Der Männer seit dem letzten Tag; Man sah, daß in des Dunkels Haag Feldein sich mancher Reiter stahl; Die Fahnen trennt nur schwacher Raum. Allein zur Rechten, wo der Leu Ergrimmt am sturmgebeugten Baum, "Ventus Altissimi!" sich frei Von Zeichen eine Fläche zeigt; Mit tausend Mann und mehr vielleicht, Wilhelm von Weimar führt die Schaar, Im Felde streng und kraus von Haar.
Sein Rohr der Albrecht schiebt zurück, Wirft noch umher den Falkenblick; Dann leise, leise schleicht er fort, Bald tief gebückt und bald gestreckt, Wie sich die Fläche breitet dort, Und hier ein Baum den Lauscher deckt, So nah und frei oft, daß ein Schuß Ihn unvermeidlich treffen muß, Wenn Schwerteskuppel Blitzen nur Dem Wächter gab die kleinste Spur. Doch keine Kugel ward gesandt,
Und wie ſie hin und wieder geht, Die Wache, noch Nachzügler ſpät Auf Beute laurend, ſcheint zu ſchleichen. So deutlich Alles zeigt das Rohr, Daß wenn ein Schläfer rückt das Haupt, Ein Roß, die Mähne ſchüttelnd, ſchnaubt, Am Glaſe ſteigt es dicht empor. Und ſehr vermindert war die Zahl Der Männer ſeit dem letzten Tag; Man ſah, daß in des Dunkels Haag Feldein ſich mancher Reiter ſtahl; Die Fahnen trennt nur ſchwacher Raum. Allein zur Rechten, wo der Leu Ergrimmt am ſturmgebeugten Baum, „Ventus Altissimi!“ ſich frei Von Zeichen eine Fläche zeigt; Mit tauſend Mann und mehr vielleicht, Wilhelm von Weimar führt die Schaar, Im Felde ſtreng und kraus von Haar.
Sein Rohr der Albrecht ſchiebt zurück, Wirft noch umher den Falkenblick; Dann leiſe, leiſe ſchleicht er fort, Bald tief gebückt und bald geſtreckt, Wie ſich die Fläche breitet dort, Und hier ein Baum den Lauſcher deckt, So nah und frei oft, daß ein Schuß Ihn unvermeidlich treffen muß, Wenn Schwerteskuppel Blitzen nur Dem Wächter gab die kleinſte Spur. Doch keine Kugel ward geſandt,
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Und wie ſie hin und wieder geht,
Die Wache, noch Nachzügler ſpät
Auf Beute laurend, ſcheint zu ſchleichen.
So deutlich Alles zeigt das Rohr,
Daß wenn ein Schläfer rückt das Haupt,
Ein Roß, die Mähne ſchüttelnd, ſchnaubt,
Am Glaſe ſteigt es dicht empor.
Und ſehr vermindert war die Zahl
Der Männer ſeit dem letzten Tag;
Man ſah, daß in des Dunkels Haag
Feldein ſich mancher Reiter ſtahl;
Die Fahnen trennt nur ſchwacher Raum.
Allein zur Rechten, wo der Leu
Ergrimmt am ſturmgebeugten Baum,
„Ventus Altissimi!“ ſich frei
Von Zeichen eine Fläche zeigt;
Mit tauſend Mann und mehr vielleicht,
Wilhelm von Weimar führt die Schaar,
Im Felde ſtreng und kraus von Haar.
Sein Rohr der Albrecht ſchiebt zurück,
Wirft noch umher den Falkenblick;
Dann leiſe, leiſe ſchleicht er fort,
Bald tief gebückt und bald geſtreckt,
Wie ſich die Fläche breitet dort,
Und hier ein Baum den Lauſcher deckt,
So nah und frei oft, daß ein Schuß
Ihn unvermeidlich treffen muß,
Wenn Schwerteskuppel Blitzen nur
Dem Wächter gab die kleinſte Spur.
Doch keine Kugel ward geſandt,
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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 540. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/554>, abgerufen am 24.11.2024.
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