Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844."Mir stieg der Rauch in Ohr und Kehl', ich schwang Mich auf, und nach der Qualm in Strömen drang; Entlang die Haide fuhr ich mit Gekrächze. Am Grunde, welch' Geschrei, Geschnaub', Geächze! Die Rosse wälzten sich und zappelten, Todtwunde zuckten auf, Landsknecht' und Reuter Knirschten den Sand, da näher trappelten Schwadronen, manche krochen winselnd weiter, Und mancher hat noch einen Stich versucht, Als über ihn der Baier weggeflucht. "Noch lange haben sie getobt, geknallt, Ich hatte mich geflüchtet in den Wald; Doch als die Sonne färbt' der Föhren Spalten, Ha welch ein köstlich Mahl ward da gehalten! Kein Geier schmaußt, kein Weihe je so reich! In achtzehn Schwärmen fuhren wir herunter, Das gab ein Hacken, Picken, Leich' auf Leich -- Allein der Halberstadt war nicht darunter: Nicht kam er heut', noch sonst mir zu Gesicht, Wer ihn gefressen hat, ich weiß es nicht." Sie zuckt die Klaue, krau't den Schopf, Und streckt behaglich sich im Bade; Da streckt ein grauer Herr den Kopf, Weit älter, als die Scheh'razade. "Ha," krächzt er, "das war wüste Zeit, -- Da gab's nicht Frauen, wie vor Jahren, Als Ritter mit dem Kreuz gefahren, Und man die Münster hat geweiht!" „Mir ſtieg der Rauch in Ohr und Kehl', ich ſchwang Mich auf, und nach der Qualm in Strömen drang; Entlang die Haide fuhr ich mit Gekrächze. Am Grunde, welch' Geſchrei, Geſchnaub', Geächze! Die Roſſe wälzten ſich und zappelten, Todtwunde zuckten auf, Landsknecht' und Reuter Knirſchten den Sand, da näher trappelten Schwadronen, manche krochen winſelnd weiter, Und mancher hat noch einen Stich verſucht, Als über ihn der Baier weggeflucht. „Noch lange haben ſie getobt, geknallt, Ich hatte mich geflüchtet in den Wald; Doch als die Sonne färbt' der Föhren Spalten, Ha welch ein köſtlich Mahl ward da gehalten! Kein Geier ſchmaußt, kein Weihe je ſo reich! In achtzehn Schwärmen fuhren wir herunter, Das gab ein Hacken, Picken, Leich' auf Leich — Allein der Halberſtadt war nicht darunter: Nicht kam er heut', noch ſonſt mir zu Geſicht, Wer ihn gefreſſen hat, ich weiß es nicht.“ Sie zuckt die Klaue, krau't den Schopf, Und ſtreckt behaglich ſich im Bade; Da ſtreckt ein grauer Herr den Kopf, Weit älter, als die Scheh'razade. „Ha,“ krächzt er, „das war wüſte Zeit, — Da gab's nicht Frauen, wie vor Jahren, Als Ritter mit dem Kreuz gefahren, Und man die Münſter hat geweiht!“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0081" n="67"/> <lg n="10"> <l>„Mir ſtieg der Rauch in Ohr und Kehl', ich ſchwang</l><lb/> <l>Mich auf, und nach der Qualm in Strömen drang;</l><lb/> <l>Entlang die Haide fuhr ich mit Gekrächze.</l><lb/> <l>Am Grunde, welch' Geſchrei, Geſchnaub', Geächze!</l><lb/> <l>Die Roſſe wälzten ſich und zappelten,</l><lb/> <l>Todtwunde zuckten auf, Landsknecht' und Reuter</l><lb/> <l>Knirſchten den Sand, da näher trappelten</l><lb/> <l>Schwadronen, manche krochen winſelnd weiter,</l><lb/> <l>Und mancher hat noch einen Stich verſucht,</l><lb/> <l>Als über ihn der Baier weggeflucht.</l><lb/> </lg> <lg n="11"> <l>„Noch lange haben ſie getobt, geknallt,</l><lb/> <l>Ich hatte mich geflüchtet in den Wald;</l><lb/> <l>Doch als die Sonne färbt' der Föhren Spalten,</l><lb/> <l>Ha welch ein köſtlich Mahl ward da gehalten!</l><lb/> <l>Kein Geier ſchmaußt, kein Weihe je ſo reich!</l><lb/> <l>In achtzehn Schwärmen fuhren wir herunter,</l><lb/> <l>Das gab ein Hacken, Picken, Leich' auf Leich —</l><lb/> <l>Allein der Halberſtadt war nicht darunter:</l><lb/> <l>Nicht kam er heut', noch ſonſt mir zu Geſicht,</l><lb/> <l>Wer ihn gefreſſen hat, ich weiß es nicht.“</l><lb/> </lg> <lg n="12"> <l>Sie zuckt die Klaue, krau't den Schopf,</l><lb/> <l>Und ſtreckt behaglich ſich im Bade;</l><lb/> <l>Da ſtreckt ein grauer Herr den Kopf,</l><lb/> <l>Weit älter, als die Scheh'razade.</l><lb/> <l>„Ha,“ krächzt er, „das war wüſte Zeit, —</l><lb/> <l>Da gab's nicht Frauen, wie vor Jahren,</l><lb/> <l>Als Ritter mit dem Kreuz gefahren,</l><lb/> <l>Und man die Münſter hat geweiht!“</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [67/0081]
„Mir ſtieg der Rauch in Ohr und Kehl', ich ſchwang
Mich auf, und nach der Qualm in Strömen drang;
Entlang die Haide fuhr ich mit Gekrächze.
Am Grunde, welch' Geſchrei, Geſchnaub', Geächze!
Die Roſſe wälzten ſich und zappelten,
Todtwunde zuckten auf, Landsknecht' und Reuter
Knirſchten den Sand, da näher trappelten
Schwadronen, manche krochen winſelnd weiter,
Und mancher hat noch einen Stich verſucht,
Als über ihn der Baier weggeflucht.
„Noch lange haben ſie getobt, geknallt,
Ich hatte mich geflüchtet in den Wald;
Doch als die Sonne färbt' der Föhren Spalten,
Ha welch ein köſtlich Mahl ward da gehalten!
Kein Geier ſchmaußt, kein Weihe je ſo reich!
In achtzehn Schwärmen fuhren wir herunter,
Das gab ein Hacken, Picken, Leich' auf Leich —
Allein der Halberſtadt war nicht darunter:
Nicht kam er heut', noch ſonſt mir zu Geſicht,
Wer ihn gefreſſen hat, ich weiß es nicht.“
Sie zuckt die Klaue, krau't den Schopf,
Und ſtreckt behaglich ſich im Bade;
Da ſtreckt ein grauer Herr den Kopf,
Weit älter, als die Scheh'razade.
„Ha,“ krächzt er, „das war wüſte Zeit, —
Da gab's nicht Frauen, wie vor Jahren,
Als Ritter mit dem Kreuz gefahren,
Und man die Münſter hat geweiht!“
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