das schwere Fußvolk nahe heran, Alexander an der Spitze; die hef- tigen Angriffe der Barbaren zerschellten an der geschlossenen Masse der Geharnischten, im Handgemenge erlag der leichtbewehrte Bar- bar unter der schweren Waffe der Macedonier; überall stürzten sie verwundet, fünfhundert lagen erschlagen, die anderen flüchteten, der Gegend kundig entkamen sie; Alexander rückte auf dem Hauptwege nach, und nahm die Stadt beim ersten Sturm 58a).
Nach der Eroberung von Sagalassus wurden von den übrigen Pisidischen Burgen die einen mit Gewalt, die anderen mit Kapi- tulation genommen. Es ist nicht mit Bestimmtheit zu sagen, in wie weit auf diese Weise die Pisidier unterworfen worden sind, und welches Verhältniß zum Reiche ihnen gegeben wurde; indeß scheinen spätere Begebenheiten dafür zu sprechen 58b), daß sie ihre alte Unabhängigkeit behaupteten, daß Alexander sie mehr seine Ueber- macht habe fühlen lassen, als sie derselben unterwerfen wollen, daß sie überhaupt, zu roh, um das Wort Unterthan zu begreifen, zu arm, um in Frieden zu leben, zu naturkräftig, um ein ehrlich We- gelagern anstößig zu finden, mehr eine Naturgrenze zwischen dem Inneren und den Seeküsten, als ein Glied in der großen Kette der Eroberungen geworden sind, durch welche Alexander Asien an Eu- ropa zu fesseln gehofft hat.
Im Besitz von Sagalassus hätte der König, wenn ihm um einen möglichst schnellen Einbruch in das obere Asien zu thun war, sich sogleich auf der Straße von Ikonium nach Kappadocien und Cilicien wenden können; aber sein großer Plan forderte Occupation jedes einzelnen, durch natürliche Grenzen selbstständig abgesonderten Gebietes; Phrygien, das seine Ströme dem Westen und Norden zusendet, durfte nicht übergangen werden, die Länder jenseit des Taurus, namentlich Kappadocien, das sich zum Euphrat hinabsenkt, gehörten dem neuen Feldzug an. So zog sich Alexander scheinbar rückwärts an dem Abhange der Phrygischen Hochebene und am Askanischen See vorüber, nach den Quellen des Mäander hin, um
dann
58a) Diodor erwähnt einer Unternehmung gegen die Marmarer, die vielleicht hierher gehört.
58b) Wir beziehen uns auf Alketas Aufenthalt in Termessus bis zum Jahr 319.
das ſchwere Fußvolk nahe heran, Alexander an der Spitze; die hef- tigen Angriffe der Barbaren zerſchellten an der geſchloſſenen Maſſe der Geharniſchten, im Handgemenge erlag der leichtbewehrte Bar- bar unter der ſchweren Waffe der Macedonier; überall ſtürzten ſie verwundet, fünfhundert lagen erſchlagen, die anderen flüchteten, der Gegend kundig entkamen ſie; Alexander rückte auf dem Hauptwege nach, und nahm die Stadt beim erſten Sturm 58a).
Nach der Eroberung von Sagalaſſus wurden von den übrigen Piſidiſchen Burgen die einen mit Gewalt, die anderen mit Kapi- tulation genommen. Es iſt nicht mit Beſtimmtheit zu ſagen, in wie weit auf dieſe Weiſe die Piſidier unterworfen worden ſind, und welches Verhältniß zum Reiche ihnen gegeben wurde; indeß ſcheinen ſpätere Begebenheiten dafür zu ſprechen 58b), daß ſie ihre alte Unabhängigkeit behaupteten, daß Alexander ſie mehr ſeine Ueber- macht habe fühlen laſſen, als ſie derſelben unterwerfen wollen, daß ſie überhaupt, zu roh, um das Wort Unterthan zu begreifen, zu arm, um in Frieden zu leben, zu naturkräftig, um ein ehrlich We- gelagern anſtößig zu finden, mehr eine Naturgrenze zwiſchen dem Inneren und den Seeküſten, als ein Glied in der großen Kette der Eroberungen geworden ſind, durch welche Alexander Aſien an Eu- ropa zu feſſeln gehofft hat.
Im Beſitz von Sagalaſſus hätte der König, wenn ihm um einen möglichſt ſchnellen Einbruch in das obere Aſien zu thun war, ſich ſogleich auf der Straße von Ikonium nach Kappadocien und Cilicien wenden können; aber ſein großer Plan forderte Occupation jedes einzelnen, durch natürliche Grenzen ſelbſtſtändig abgeſonderten Gebietes; Phrygien, das ſeine Ströme dem Weſten und Norden zuſendet, durfte nicht übergangen werden, die Länder jenſeit des Taurus, namentlich Kappadocien, das ſich zum Euphrat hinabſenkt, gehörten dem neuen Feldzug an. So zog ſich Alexander ſcheinbar rückwärts an dem Abhange der Phrygiſchen Hochebene und am Askaniſchen See vorüber, nach den Quellen des Mäander hin, um
dann
58a) Diodor erwähnt einer Unternehmung gegen die Marmarer, die vielleicht hierher gehört.
58b) Wir beziehen uns auf Alketas Aufenthalt in Termeſſus bis zum Jahr 319.
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das ſchwere Fußvolk nahe heran, Alexander an der Spitze; die hef-
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der Geharniſchten, im Handgemenge erlag der leichtbewehrte Bar-
bar unter der ſchweren Waffe der Macedonier; überall ſtürzten ſie
verwundet, fünfhundert lagen erſchlagen, die anderen flüchteten, der
Gegend kundig entkamen ſie; Alexander rückte auf dem Hauptwege
nach, und nahm die Stadt beim erſten Sturm 58a).
Nach der Eroberung von Sagalaſſus wurden von den übrigen
Piſidiſchen Burgen die einen mit Gewalt, die anderen mit Kapi-
tulation genommen. Es iſt nicht mit Beſtimmtheit zu ſagen, in
wie weit auf dieſe Weiſe die Piſidier unterworfen worden ſind, und
welches Verhältniß zum Reiche ihnen gegeben wurde; indeß ſcheinen
ſpätere Begebenheiten dafür zu ſprechen 58b), daß ſie ihre alte
Unabhängigkeit behaupteten, daß Alexander ſie mehr ſeine Ueber-
macht habe fühlen laſſen, als ſie derſelben unterwerfen wollen, daß
ſie überhaupt, zu roh, um das Wort Unterthan zu begreifen, zu
arm, um in Frieden zu leben, zu naturkräftig, um ein ehrlich We-
gelagern anſtößig zu finden, mehr eine Naturgrenze zwiſchen dem
Inneren und den Seeküſten, als ein Glied in der großen Kette der
Eroberungen geworden ſind, durch welche Alexander Aſien an Eu-
ropa zu feſſeln gehofft hat.
Im Beſitz von Sagalaſſus hätte der König, wenn ihm um
einen möglichſt ſchnellen Einbruch in das obere Aſien zu thun war,
ſich ſogleich auf der Straße von Ikonium nach Kappadocien und
Cilicien wenden können; aber ſein großer Plan forderte Occupation
jedes einzelnen, durch natürliche Grenzen ſelbſtſtändig abgeſonderten
Gebietes; Phrygien, das ſeine Ströme dem Weſten und Norden
zuſendet, durfte nicht übergangen werden, die Länder jenſeit des
Taurus, namentlich Kappadocien, das ſich zum Euphrat hinabſenkt,
gehörten dem neuen Feldzug an. So zog ſich Alexander ſcheinbar
rückwärts an dem Abhange der Phrygiſchen Hochebene und am
Askaniſchen See vorüber, nach den Quellen des Mäander hin, um
dann
58a) Diodor erwähnt einer Unternehmung gegen die Marmarer,
die vielleicht hierher gehört.
58b) Wir beziehen uns auf Alketas
Aufenthalt in Termeſſus bis zum Jahr 319.
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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/158>, abgerufen am 24.11.2024.
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