Persischer Seits war die Nachricht von der Schlacht am Grani- kus mit mehr Unwillen als Besorgniß aufgenommen worden; die nächsten Erfolge der Macedonischen Waffen übertrafen Alles, was man je möglich geglaubt hatte; man übersah, daß Alexander, so kühn im Felde, und so besonnen in seinen Plänen, als Befreier der Völker, als Rächer ihrer Volksthümlichkeit, als Vorkämpfer einer neuen Zeit doppelt gewaltig war, und daß er die Völker durch den Zauber seiner Größe und durch ihre eigenen Hoffnungen an sich kettete. Man glaubte, Alexanders Siege seien das zufällige Glück eines Tollkühnen, seien durch die Fehler, die sie nur erleichtert, ver- schuldet worden; meide man diese, so werde allen weiteren Gefah- ren vorgebeugt, und des Macedoniers Glück am Rande sein. Vor allem schien Mangel an Einheit und planmäßiger Führung des Heeres das Unglück am Granikus herbeigeführt zu haben; Mem- nons Rath, man bekannte es jetzt, hätte befolgt werden, er selbst das Heer von Anfang her führen sollen. So wurde ihm jetzt we- nigstens der alleinige unumschränkte Befehl über die Persische Land- und Seemacht in den Seeprovinzen übertragen.
In der That schien in diesem General dem Macedonischen Könige ein gefährlicher Gegner gefunden zu sein; schon die hart- näckige Vertheidigung von Halikarnaß zeigte sein Talent und seinen Charakter; dann bis auf wenige Punkte von der Küste verdrängt, faßte er, begünstigt durch die Auflösung der Macedonischen Flotte, den großen Plan, Alexander von Europa abzuschneiden, den Krieg nach Griechenland hinüberzuspielen, und von dort aus in Verbin-
Viertes Kapitel. Der Syriſche Feldzug.
Perſiſcher Seits war die Nachricht von der Schlacht am Grani- kus mit mehr Unwillen als Beſorgniß aufgenommen worden; die nächſten Erfolge der Macedoniſchen Waffen übertrafen Alles, was man je möglich geglaubt hatte; man überſah, daß Alexander, ſo kühn im Felde, und ſo beſonnen in ſeinen Plänen, als Befreier der Völker, als Rächer ihrer Volksthümlichkeit, als Vorkämpfer einer neuen Zeit doppelt gewaltig war, und daß er die Völker durch den Zauber ſeiner Größe und durch ihre eigenen Hoffnungen an ſich kettete. Man glaubte, Alexanders Siege ſeien das zufällige Glück eines Tollkühnen, ſeien durch die Fehler, die ſie nur erleichtert, ver- ſchuldet worden; meide man dieſe, ſo werde allen weiteren Gefah- ren vorgebeugt, und des Macedoniers Glück am Rande ſein. Vor allem ſchien Mangel an Einheit und planmäßiger Führung des Heeres das Unglück am Granikus herbeigeführt zu haben; Mem- nons Rath, man bekannte es jetzt, hätte befolgt werden, er ſelbſt das Heer von Anfang her führen ſollen. So wurde ihm jetzt we- nigſtens der alleinige unumſchränkte Befehl über die Perſiſche Land- und Seemacht in den Seeprovinzen übertragen.
In der That ſchien in dieſem General dem Macedoniſchen Könige ein gefährlicher Gegner gefunden zu ſein; ſchon die hart- näckige Vertheidigung von Halikarnaß zeigte ſein Talent und ſeinen Charakter; dann bis auf wenige Punkte von der Küſte verdrängt, faßte er, begünſtigt durch die Auflöſung der Macedoniſchen Flotte, den großen Plan, Alexander von Europa abzuſchneiden, den Krieg nach Griechenland hinüberzuſpielen, und von dort aus in Verbin-
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[[146]/0160]
Viertes Kapitel.
Der Syriſche Feldzug.
Perſiſcher Seits war die Nachricht von der Schlacht am Grani-
kus mit mehr Unwillen als Beſorgniß aufgenommen worden; die
nächſten Erfolge der Macedoniſchen Waffen übertrafen Alles, was
man je möglich geglaubt hatte; man überſah, daß Alexander, ſo
kühn im Felde, und ſo beſonnen in ſeinen Plänen, als Befreier der
Völker, als Rächer ihrer Volksthümlichkeit, als Vorkämpfer einer
neuen Zeit doppelt gewaltig war, und daß er die Völker durch den
Zauber ſeiner Größe und durch ihre eigenen Hoffnungen an ſich
kettete. Man glaubte, Alexanders Siege ſeien das zufällige Glück
eines Tollkühnen, ſeien durch die Fehler, die ſie nur erleichtert, ver-
ſchuldet worden; meide man dieſe, ſo werde allen weiteren Gefah-
ren vorgebeugt, und des Macedoniers Glück am Rande ſein. Vor
allem ſchien Mangel an Einheit und planmäßiger Führung des
Heeres das Unglück am Granikus herbeigeführt zu haben; Mem-
nons Rath, man bekannte es jetzt, hätte befolgt werden, er ſelbſt
das Heer von Anfang her führen ſollen. So wurde ihm jetzt we-
nigſtens der alleinige unumſchränkte Befehl über die Perſiſche Land-
und Seemacht in den Seeprovinzen übertragen.
In der That ſchien in dieſem General dem Macedoniſchen
Könige ein gefährlicher Gegner gefunden zu ſein; ſchon die hart-
näckige Vertheidigung von Halikarnaß zeigte ſein Talent und ſeinen
Charakter; dann bis auf wenige Punkte von der Küſte verdrängt,
faßte er, begünſtigt durch die Auflöſung der Macedoniſchen Flotte,
den großen Plan, Alexander von Europa abzuſchneiden, den Krieg
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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. [146]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/160>, abgerufen am 24.11.2024.
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