Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].Unrecht gewesen; zu leicht für den Thron, der auf den Stufen gang des Passes, der zwei Farasangen Länge hat, zu rechnen. Der Ort Thara (var. lect. Dara, Tanea) ist der einzige, der in Bezie- hung auf Alexanders Geschichte auf diesem Wege von Ragä bis Hekatompylos genannt wird (Justin. XII. 15.), obschon es gewiß ist, daß von Alexander selbst hier mehrere Städte angelegt und benannt sind (Strabo XI. p. 436.), namentlich dürfte von ihm Charax am Westeingange der Pässe (Isidor) herstammen; für Thara selbst läßt sich kein ähnlicher Name auf jener Straße finden, es müßte denn Kara, wie Jonas Hanway (Travels I. p. 357) Khuar nennt, sein; doch scheint die Entfernung von Thara zu groß und eher auf Abdol- abad zu führen. -- Was nun die Märsche Alexanders anbetrifft, so scheinen sie auf folgende Weise erklärbar: Nach fünftägiger Rast in Ragä ging Alexander am sechsten Tage bis zum Eingang der Pässe, am siebenten bis innerhalb der Paßgegend, so weit sie bewohnt war (das stimmt genau mit Fraser p. 294); er mochte jetzt eilf Meilen ostwärts von Ragä sein. Am Abend dieses Tages traf Mazäus Sohn bei Alexander ein, mit dem Bericht, er habe den Großkönig in Thara verlassen; Darius Flucht war durch den Plan, noch einmal ein Treffen zu versuchen, durch die Meuterei in seinem Heere und die daraus entstandene Verwirrung aufgehalten; man darf annehmen, daß Thara nicht viel über zwölf Meilen von den Pässen entfernt lag, und daß Mazäus Sohn am Morgen des vorigen (sechsten) Tages die- sen Ort verließ. Alexander brach denselben (siebenten) Abend auf, marschirte die Nacht durch bis am folgenden (achten) Mittag, dann nach einiger Rast auch diese Nacht durch bis zum Morgen des neun- ten Tages; so erreichte er Thara am vierten Morgen nach Darius Aufbruch aus Thara. War der Perserkönig jeden Tag drei Meilen gezogen, so war er um die Zeit von Alexanders Ankunft in Thara, drei Märsche von Thara oder neun Meilen entfernt. In der Nacht vem neunten auf den zehnten Tag zog er drei Meilen weiter, wäh- rend Alexander mit übermenschlicher Anstrengung die Nacht hindurch bis zum folgenden Mittag, also in vierzehn Stunden neun Meilen vor- wärts eilte, und so die letzte Station des Feindes erreichte, der jetzt nur noch einen Marsch oder drei Meilen voraus war. Alexanders Mär- sche verdienen den Ruhm des Ungeheuern, den sie im Alterthume 17 *
Unrecht geweſen; zu leicht für den Thron, der auf den Stufen gang des Paſſes, der zwei Faraſangen Länge hat, zu rechnen. Der Ort Thara (var. lect. Dara, Tanea) iſt der einzige, der in Bezie- hung auf Alexanders Geſchichte auf dieſem Wege von Ragä bis Hekatompylos genannt wird (Justin. XII. 15.), obſchon es gewiß iſt, daß von Alexander ſelbſt hier mehrere Städte angelegt und benannt ſind (Strabo XI. p. 436.), namentlich dürfte von ihm Charax am Weſteingange der Päſſe (Isidor) herſtammen; für Thara ſelbſt läßt ſich kein ähnlicher Name auf jener Straße finden, es müßte denn Kara, wie Jonas Hanway (Travels I. p. 357) Khuar nennt, ſein; doch ſcheint die Entfernung von Thara zu groß und eher auf Abdol- abad zu führen. — Was nun die Märſche Alexanders anbetrifft, ſo ſcheinen ſie auf folgende Weiſe erklärbar: Nach fünftägiger Raſt in Ragä ging Alexander am ſechsten Tage bis zum Eingang der Päſſe, am ſiebenten bis innerhalb der Paßgegend, ſo weit ſie bewohnt war (das ſtimmt genau mit Fraſer p. 294); er mochte jetzt eilf Meilen oſtwärts von Ragä ſein. Am Abend dieſes Tages traf Mazäus Sohn bei Alexander ein, mit dem Bericht, er habe den Großkönig in Thara verlaſſen; Darius Flucht war durch den Plan, noch einmal ein Treffen zu verſuchen, durch die Meuterei in ſeinem Heere und die daraus entſtandene Verwirrung aufgehalten; man darf annehmen, daß Thara nicht viel über zwölf Meilen von den Päſſen entfernt lag, und daß Mazäus Sohn am Morgen des vorigen (ſechsten) Tages die- ſen Ort verließ. Alexander brach denſelben (ſiebenten) Abend auf, marſchirte die Nacht durch bis am folgenden (achten) Mittag, dann nach einiger Raſt auch dieſe Nacht durch bis zum Morgen des neun- ten Tages; ſo erreichte er Thara am vierten Morgen nach Darius Aufbruch aus Thara. War der Perſerkönig jeden Tag drei Meilen gezogen, ſo war er um die Zeit von Alexanders Ankunft in Thara, drei Märſche von Thara oder neun Meilen entfernt. In der Nacht vem neunten auf den zehnten Tag zog er drei Meilen weiter, wäh- rend Alexander mit übermenſchlicher Anſtrengung die Nacht hindurch bis zum folgenden Mittag, alſo in vierzehn Stunden neun Meilen vor- wärts eilte, und ſo die letzte Station des Feindes erreichte, der jetzt nur noch einen Marſch oder drei Meilen voraus war. Alexanders Mär- ſche verdienen den Ruhm des Ungeheuern, den ſie im Alterthume 17 *
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0273" n="259"/> Unrecht geweſen; zu leicht für den Thron, der auf den Stufen<lb/> der Erniedrigung gegründet war, zu ſchwach für den Scepter des<lb/> entarteten Despotismus, zu klein für die große Zeit der Entſchei-<lb/><note next="#note-0274" xml:id="note-0273" prev="#note-0272" place="foot" n="66)">gang des Paſſes, der zwei Faraſangen Länge hat, zu rechnen. Der<lb/> Ort Thara (<hi rendition="#aq">var. lect.</hi> Dara, Tanea) iſt der einzige, der in Bezie-<lb/> hung auf Alexanders Geſchichte auf dieſem Wege von Ragä bis<lb/> Hekatompylos genannt wird (<hi rendition="#aq">Justin. XII.</hi> 15.), obſchon es gewiß iſt,<lb/> daß von Alexander ſelbſt hier mehrere Städte angelegt und benannt<lb/> ſind (<hi rendition="#aq">Strabo XI. p.</hi> 436.), namentlich dürfte von ihm Charax am<lb/> Weſteingange der Päſſe (<hi rendition="#aq">Isidor</hi>) herſtammen; für Thara ſelbſt läßt<lb/> ſich kein ähnlicher Name auf jener Straße finden, es müßte denn Kara,<lb/> wie Jonas Hanway (<hi rendition="#aq">Travels I. p.</hi> 357) Khuar nennt, ſein; doch<lb/> ſcheint die Entfernung von Thara zu groß und eher auf Abdol-<lb/> abad zu führen. — Was nun die Märſche Alexanders anbetrifft,<lb/> ſo ſcheinen ſie auf folgende Weiſe erklärbar: Nach fünftägiger Raſt<lb/> in Ragä ging Alexander am ſechsten Tage bis zum Eingang der<lb/> Päſſe, am ſiebenten bis innerhalb der Paßgegend, ſo weit ſie bewohnt<lb/> war (das ſtimmt genau mit Fraſer <hi rendition="#aq">p.</hi> 294); er mochte jetzt eilf Meilen<lb/> oſtwärts von Ragä ſein. Am Abend dieſes Tages traf Mazäus<lb/> Sohn bei Alexander ein, mit dem Bericht, er habe den Großkönig<lb/> in Thara verlaſſen; Darius Flucht war durch den Plan, noch einmal<lb/> ein Treffen zu verſuchen, durch die Meuterei in ſeinem Heere und die<lb/> daraus entſtandene Verwirrung aufgehalten; man darf annehmen,<lb/> daß Thara nicht viel über zwölf Meilen von den Päſſen entfernt lag,<lb/> und daß Mazäus Sohn am Morgen des vorigen (ſechsten) Tages die-<lb/> ſen Ort verließ. Alexander brach denſelben (ſiebenten) Abend auf,<lb/> marſchirte die Nacht durch bis am folgenden (achten) Mittag, dann<lb/> nach einiger Raſt auch dieſe Nacht durch bis zum Morgen des neun-<lb/> ten Tages; ſo erreichte er Thara am vierten Morgen nach Darius<lb/> Aufbruch aus Thara. War der Perſerkönig jeden Tag drei Meilen<lb/> gezogen, ſo war er um die Zeit von Alexanders Ankunft in Thara,<lb/> drei Märſche von Thara oder neun Meilen entfernt. In der Nacht<lb/> vem neunten auf den zehnten Tag zog er drei Meilen weiter, wäh-<lb/> rend Alexander mit übermenſchlicher Anſtrengung die Nacht hindurch<lb/> bis zum folgenden Mittag, alſo in vierzehn Stunden neun Meilen vor-<lb/> wärts eilte, und ſo die letzte Station des Feindes erreichte, der jetzt nur<lb/> noch einen Marſch oder drei Meilen voraus war. Alexanders Mär-<lb/> ſche verdienen den Ruhm des Ungeheuern, den ſie im Alterthume</note><lb/> <fw place="bottom" type="sig">17 *</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [259/0273]
Unrecht geweſen; zu leicht für den Thron, der auf den Stufen
der Erniedrigung gegründet war, zu ſchwach für den Scepter des
entarteten Despotismus, zu klein für die große Zeit der Entſchei-
66)
66) gang des Paſſes, der zwei Faraſangen Länge hat, zu rechnen. Der
Ort Thara (var. lect. Dara, Tanea) iſt der einzige, der in Bezie-
hung auf Alexanders Geſchichte auf dieſem Wege von Ragä bis
Hekatompylos genannt wird (Justin. XII. 15.), obſchon es gewiß iſt,
daß von Alexander ſelbſt hier mehrere Städte angelegt und benannt
ſind (Strabo XI. p. 436.), namentlich dürfte von ihm Charax am
Weſteingange der Päſſe (Isidor) herſtammen; für Thara ſelbſt läßt
ſich kein ähnlicher Name auf jener Straße finden, es müßte denn Kara,
wie Jonas Hanway (Travels I. p. 357) Khuar nennt, ſein; doch
ſcheint die Entfernung von Thara zu groß und eher auf Abdol-
abad zu führen. — Was nun die Märſche Alexanders anbetrifft,
ſo ſcheinen ſie auf folgende Weiſe erklärbar: Nach fünftägiger Raſt
in Ragä ging Alexander am ſechsten Tage bis zum Eingang der
Päſſe, am ſiebenten bis innerhalb der Paßgegend, ſo weit ſie bewohnt
war (das ſtimmt genau mit Fraſer p. 294); er mochte jetzt eilf Meilen
oſtwärts von Ragä ſein. Am Abend dieſes Tages traf Mazäus
Sohn bei Alexander ein, mit dem Bericht, er habe den Großkönig
in Thara verlaſſen; Darius Flucht war durch den Plan, noch einmal
ein Treffen zu verſuchen, durch die Meuterei in ſeinem Heere und die
daraus entſtandene Verwirrung aufgehalten; man darf annehmen,
daß Thara nicht viel über zwölf Meilen von den Päſſen entfernt lag,
und daß Mazäus Sohn am Morgen des vorigen (ſechsten) Tages die-
ſen Ort verließ. Alexander brach denſelben (ſiebenten) Abend auf,
marſchirte die Nacht durch bis am folgenden (achten) Mittag, dann
nach einiger Raſt auch dieſe Nacht durch bis zum Morgen des neun-
ten Tages; ſo erreichte er Thara am vierten Morgen nach Darius
Aufbruch aus Thara. War der Perſerkönig jeden Tag drei Meilen
gezogen, ſo war er um die Zeit von Alexanders Ankunft in Thara,
drei Märſche von Thara oder neun Meilen entfernt. In der Nacht
vem neunten auf den zehnten Tag zog er drei Meilen weiter, wäh-
rend Alexander mit übermenſchlicher Anſtrengung die Nacht hindurch
bis zum folgenden Mittag, alſo in vierzehn Stunden neun Meilen vor-
wärts eilte, und ſo die letzte Station des Feindes erreichte, der jetzt nur
noch einen Marſch oder drei Meilen voraus war. Alexanders Mär-
ſche verdienen den Ruhm des Ungeheuern, den ſie im Alterthume
17 *
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |