brachte nun nach dem Verlust so vieler und schöner Länder, auch die Ostsatrapien in Gefahr; es schien natürlich, lieber Etwas zu retten, als Alles zu verlieren, lieber den Rest des Perserreiches zu behaup- ten, als auch ihn noch für eine verlorene Sache zu opfern; wenn nur durch sie noch Darius König sein konnte, so glaubten sie nicht minder, sich ohne Darius im Besitz ihrer Herrschaft behaupten zu können. So hatten sie Darius gefangen genommen, Alexanders plötzlicher Angriff zwang sie, ihn zu morden, um sich selbst zu ret- ten; sie flohen, um die Verfolgung zu erschweren, in zwei Hau- fen 68), Bessus auf dem Wege von Korassan nach Baktrien, Na- barzanes mit den Resten seiner Chiliarchie und von dem Parthischen Satrapen begleitet nach Hyrkanien, um von dort aus gen Baktrien zu eilen, und sich mit Bessus zu vereinigen. Ihr Plan war, die Persische Monarchie im Osten wenigstens aufrecht zu erhalten und dann aus ihrer Mitte, wie einst nach Smerdes Ermordung, einen neuen König der Könige zu ernennen. Indeß war es klar, daß, wenn Phrataphernes aus Parthien, Satibarzanes aus Aria, Barsaentes aus Drangiana hinweg nach Baktrien ging, um unter Bessus Kommando, wie verabredet war, zu kämpfen, jedenfalls ihre Satrapien dem Feinde in die Hände fielen, und sie ihre Länder einer sehr fernen Hoffnung aufopferten; so blieb Phrataphernes in Hyrkanien stehen, und Nabarzanes schloß sich ihm an; Satibarza- nes ging nach Aria, Barsaentes nach Drangiana, um nach den weiteren Unternehmungen Alexanders ihre Maaßregeln zu nehmen; die elende Selbstsucht, die sie zum Königsmorde vereint hatte, zer- riß die letzte Macht, die den Feinden entgegentreten konnte, und indem sie jeder nur sich und den eigenen Vortheil im Auge hatten, sollten sie vereinzelt desto sicherer dem Schwerte des Eroberers erliegen.
Alexander seinerseits war nach jenem Ueberfall wegen der gänzlichen Erschöpfung seiner Leute nicht im Stande gewesen, Da- rius Mörder, die nach allen Seiten hin flohen, zu verfolgen. In der Ebene von Hekatompylos rastete er, um die zurückgebliebenen Truppen an sich zu ziehen und die Angelegenheiten der Satrapie Par thien zu ordnen. Der Parther Amminapes, der sich dem Kö-
68)Curt.
brachte nun nach dem Verluſt ſo vieler und ſchöner Länder, auch die Oſtſatrapien in Gefahr; es ſchien natürlich, lieber Etwas zu retten, als Alles zu verlieren, lieber den Reſt des Perſerreiches zu behaup- ten, als auch ihn noch für eine verlorene Sache zu opfern; wenn nur durch ſie noch Darius König ſein konnte, ſo glaubten ſie nicht minder, ſich ohne Darius im Beſitz ihrer Herrſchaft behaupten zu können. So hatten ſie Darius gefangen genommen, Alexanders plötzlicher Angriff zwang ſie, ihn zu morden, um ſich ſelbſt zu ret- ten; ſie flohen, um die Verfolgung zu erſchweren, in zwei Hau- fen 68), Beſſus auf dem Wege von Koraſſan nach Baktrien, Na- barzanes mit den Reſten ſeiner Chiliarchie und von dem Parthiſchen Satrapen begleitet nach Hyrkanien, um von dort aus gen Baktrien zu eilen, und ſich mit Beſſus zu vereinigen. Ihr Plan war, die Perſiſche Monarchie im Oſten wenigſtens aufrecht zu erhalten und dann aus ihrer Mitte, wie einſt nach Smerdes Ermordung, einen neuen König der Könige zu ernennen. Indeß war es klar, daß, wenn Phrataphernes aus Parthien, Satibarzanes aus Aria, Barſaentes aus Drangiana hinweg nach Baktrien ging, um unter Beſſus Kommando, wie verabredet war, zu kämpfen, jedenfalls ihre Satrapien dem Feinde in die Hände fielen, und ſie ihre Länder einer ſehr fernen Hoffnung aufopferten; ſo blieb Phrataphernes in Hyrkanien ſtehen, und Nabarzanes ſchloß ſich ihm an; Satibarza- nes ging nach Aria, Barſaentes nach Drangiana, um nach den weiteren Unternehmungen Alexanders ihre Maaßregeln zu nehmen; die elende Selbſtſucht, die ſie zum Königsmorde vereint hatte, zer- riß die letzte Macht, die den Feinden entgegentreten konnte, und indem ſie jeder nur ſich und den eigenen Vortheil im Auge hatten, ſollten ſie vereinzelt deſto ſicherer dem Schwerte des Eroberers erliegen.
Alexander ſeinerſeits war nach jenem Ueberfall wegen der gänzlichen Erſchöpfung ſeiner Leute nicht im Stande geweſen, Da- rius Mörder, die nach allen Seiten hin flohen, zu verfolgen. In der Ebene von Hekatompylos raſtete er, um die zurückgebliebenen Truppen an ſich zu ziehen und die Angelegenheiten der Satrapie Par thien zu ordnen. Der Parther Amminapes, der ſich dem Kö-
68)Curt.
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brachte nun nach dem Verluſt ſo vieler und ſchöner Länder, auch die
Oſtſatrapien in Gefahr; es ſchien natürlich, lieber Etwas zu retten,
als Alles zu verlieren, lieber den Reſt des Perſerreiches zu behaup-
ten, als auch ihn noch für eine verlorene Sache zu opfern; wenn
nur durch ſie noch Darius König ſein konnte, ſo glaubten ſie nicht
minder, ſich ohne Darius im Beſitz ihrer Herrſchaft behaupten zu
können. So hatten ſie Darius gefangen genommen, Alexanders
plötzlicher Angriff zwang ſie, ihn zu morden, um ſich ſelbſt zu ret-
ten; ſie flohen, um die Verfolgung zu erſchweren, in zwei Hau-
fen 68), Beſſus auf dem Wege von Koraſſan nach Baktrien, Na-
barzanes mit den Reſten ſeiner Chiliarchie und von dem Parthiſchen
Satrapen begleitet nach Hyrkanien, um von dort aus gen Baktrien
zu eilen, und ſich mit Beſſus zu vereinigen. Ihr Plan war, die
Perſiſche Monarchie im Oſten wenigſtens aufrecht zu erhalten und
dann aus ihrer Mitte, wie einſt nach Smerdes Ermordung, einen
neuen König der Könige zu ernennen. Indeß war es klar,
daß, wenn Phrataphernes aus Parthien, Satibarzanes aus Aria,
Barſaentes aus Drangiana hinweg nach Baktrien ging, um unter
Beſſus Kommando, wie verabredet war, zu kämpfen, jedenfalls ihre
Satrapien dem Feinde in die Hände fielen, und ſie ihre Länder
einer ſehr fernen Hoffnung aufopferten; ſo blieb Phrataphernes in
Hyrkanien ſtehen, und Nabarzanes ſchloß ſich ihm an; Satibarza-
nes ging nach Aria, Barſaentes nach Drangiana, um nach den
weiteren Unternehmungen Alexanders ihre Maaßregeln zu nehmen;
die elende Selbſtſucht, die ſie zum Königsmorde vereint hatte, zer-
riß die letzte Macht, die den Feinden entgegentreten konnte, und
indem ſie jeder nur ſich und den eigenen Vortheil im Auge hatten,
ſollten ſie vereinzelt deſto ſicherer dem Schwerte des Eroberers
erliegen.
Alexander ſeinerſeits war nach jenem Ueberfall wegen der
gänzlichen Erſchöpfung ſeiner Leute nicht im Stande geweſen, Da-
rius Mörder, die nach allen Seiten hin flohen, zu verfolgen. In
der Ebene von Hekatompylos raſtete er, um die zurückgebliebenen
Truppen an ſich zu ziehen und die Angelegenheiten der Satrapie
Par thien zu ordnen. Der Parther Amminapes, der ſich dem Kö-
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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/277>, abgerufen am 24.11.2024.
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