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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].

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mit den Seythischen Gesandten einige seiner Vertrauten zurückgehen
lassen, diese kamen jetzt in Begleitung einer zweiten Gesandtschaft
zurück, welche von Neuem die Huldigungen ihres Volkes und Ge-
schenke, wie sie den Scythen die werthvollsten erschienen, über-
brachte: ihr König sei in der Zwischenzeit gestorben, des Königs
Bruder und Nachfolger beeile sich, dem König Alexander seine Er-
gebenheit und Bundestreue zu versichern, deß zum Zeichen biete er
ihm seine Tochter zur Gemahlin an; verschmähe sie Alexander, so
möge er gestatten, daß sich die Töchter seiner Großen und Häupt-
linge mit den Großen bei Alexanders Hof und Heer vermählten;
er selbst sei bereit, wenn Alexander es wünsche, persönlich vor ihm
zu erscheinen, um seine Befehle entgegen zu nehmen; er und seine
Scythen seien gewillt, sich in Allem und Jedem Alexanders Be-
fehlen zu unterwerfen. Alexanders Bescheid war seiner hohen
Macht und den damaligen Verhältnissen angemessen; ohne auf die
Vorschläge zu einer Scytischen Brautfahrt einzugehen, entließ er die
Gesandten reichbeschenkt und mit der Versicherung seiner Freundschaft
für das Volk der Scythen. -- Um dieselbe Zeit war der Choras-
mierkönig 60) Pharasmanes mit einem Gefolge von tausend fünf

60) Die Lage von Chorasmien ist unzweifelhaft; die Ostküste
des Kaspischen Meeres, mit jenem vielfach wechselnden Wassersystem
der Mündungen des Oxus und des Jaxartes, wie sie die alten Kü-
stenfahrer des Meeres bezeichnen, sind sein Gebiet. -- Arrian. IV. 15.
Curt. VIII.
1. 8.; die Aeußerungen des Pharasmanes, wie sie uns
berichtet werden, mit Alexanders Antwort, er wolle jetzt nicht in
die Pontischen Landschaften eindringen, könnten die Annahme, Ale-
xander habe den Tanais Europas mit dem Jaxartes verwechselt,
zu bestätigen scheinen; man begreift sonst nicht, wie er zu einem
Pontischen Feldzuge die Hülfe der Chorasmier am Aralsee in An-
spruch nehmen und Pharasmanes sich Nachbar der Kolchier nennen
konnte. Indeß glauben wir nicht zweifeln zu können, daß nicht bei
Alexander, wohl aber bei den übertreibenden Macedoniern diese
Verwechselung anzunehmen ist. Die Getreuen, die mit der Gesandt-
schaft der Europäischen Scythen gegangen waren, mußten gewiß
Nachrichten vom Aral und Kaspischen See eingezogen haben, und
wenn dem Pharasmanes der Name der Amazonen in den Mund ge-
legt wird, so ist das Beweis genug, daß seine Angaben vielfach ver-

mit den Seythiſchen Geſandten einige ſeiner Vertrauten zuruͤckgehen
laſſen, dieſe kamen jetzt in Begleitung einer zweiten Geſandtſchaft
zuruͤck, welche von Neuem die Huldigungen ihres Volkes und Ge-
ſchenke, wie ſie den Scythen die werthvollſten erſchienen, uͤber-
brachte: ihr Koͤnig ſei in der Zwiſchenzeit geſtorben, des Koͤnigs
Bruder und Nachfolger beeile ſich, dem Koͤnig Alexander ſeine Er-
gebenheit und Bundestreue zu verſichern, deß zum Zeichen biete er
ihm ſeine Tochter zur Gemahlin an; verſchmaͤhe ſie Alexander, ſo
moͤge er geſtatten, daß ſich die Toͤchter ſeiner Großen und Haͤupt-
linge mit den Großen bei Alexanders Hof und Heer vermaͤhlten;
er ſelbſt ſei bereit, wenn Alexander es wuͤnſche, perſoͤnlich vor ihm
zu erſcheinen, um ſeine Befehle entgegen zu nehmen; er und ſeine
Scythen ſeien gewillt, ſich in Allem und Jedem Alexanders Be-
fehlen zu unterwerfen. Alexanders Beſcheid war ſeiner hohen
Macht und den damaligen Verhaͤltniſſen angemeſſen; ohne auf die
Vorſchlaͤge zu einer Scytiſchen Brautfahrt einzugehen, entließ er die
Geſandten reichbeſchenkt und mit der Verſicherung ſeiner Freundſchaft
fuͤr das Volk der Scythen. — Um dieſelbe Zeit war der Choras-
mierkoͤnig 60) Pharasmanes mit einem Gefolge von tauſend fuͤnf

60) Die Lage von Chorasmien iſt unzweifelhaft; die Oſtkuͤſte
des Kaspiſchen Meeres, mit jenem vielfach wechſelnden Waſſerſyſtem
der Muͤndungen des Oxus und des Jaxartes, wie ſie die alten Kuͤ-
ſtenfahrer des Meeres bezeichnen, ſind ſein Gebiet. — Arrian. IV. 15.
Curt. VIII.
1. 8.; die Aeußerungen des Pharasmanes, wie ſie uns
berichtet werden, mit Alexanders Antwort, er wolle jetzt nicht in
die Pontiſchen Landſchaften eindringen, koͤnnten die Annahme, Ale-
xander habe den Tanais Europas mit dem Jaxartes verwechſelt,
zu beſtaͤtigen ſcheinen; man begreift ſonſt nicht, wie er zu einem
Pontiſchen Feldzuge die Huͤlfe der Chorasmier am Aralſee in An-
ſpruch nehmen und Pharasmanes ſich Nachbar der Kolchier nennen
konnte. Indeß glauben wir nicht zweifeln zu koͤnnen, daß nicht bei
Alexander, wohl aber bei den uͤbertreibenden Macedoniern dieſe
Verwechſelung anzunehmen iſt. Die Getreuen, die mit der Geſandt-
ſchaft der Europaͤiſchen Scythen gegangen waren, mußten gewiß
Nachrichten vom Aral und Kaspiſchen See eingezogen haben, und
wenn dem Pharasmanes der Name der Amazonen in den Mund ge-
legt wird, ſo iſt das Beweis genug, daß ſeine Angaben vielfach ver-
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[328/0342] mit den Seythiſchen Geſandten einige ſeiner Vertrauten zuruͤckgehen laſſen, dieſe kamen jetzt in Begleitung einer zweiten Geſandtſchaft zuruͤck, welche von Neuem die Huldigungen ihres Volkes und Ge- ſchenke, wie ſie den Scythen die werthvollſten erſchienen, uͤber- brachte: ihr Koͤnig ſei in der Zwiſchenzeit geſtorben, des Koͤnigs Bruder und Nachfolger beeile ſich, dem Koͤnig Alexander ſeine Er- gebenheit und Bundestreue zu verſichern, deß zum Zeichen biete er ihm ſeine Tochter zur Gemahlin an; verſchmaͤhe ſie Alexander, ſo moͤge er geſtatten, daß ſich die Toͤchter ſeiner Großen und Haͤupt- linge mit den Großen bei Alexanders Hof und Heer vermaͤhlten; er ſelbſt ſei bereit, wenn Alexander es wuͤnſche, perſoͤnlich vor ihm zu erſcheinen, um ſeine Befehle entgegen zu nehmen; er und ſeine Scythen ſeien gewillt, ſich in Allem und Jedem Alexanders Be- fehlen zu unterwerfen. Alexanders Beſcheid war ſeiner hohen Macht und den damaligen Verhaͤltniſſen angemeſſen; ohne auf die Vorſchlaͤge zu einer Scytiſchen Brautfahrt einzugehen, entließ er die Geſandten reichbeſchenkt und mit der Verſicherung ſeiner Freundſchaft fuͤr das Volk der Scythen. — Um dieſelbe Zeit war der Choras- mierkoͤnig 60) Pharasmanes mit einem Gefolge von tauſend fuͤnf 60) Die Lage von Chorasmien iſt unzweifelhaft; die Oſtkuͤſte des Kaspiſchen Meeres, mit jenem vielfach wechſelnden Waſſerſyſtem der Muͤndungen des Oxus und des Jaxartes, wie ſie die alten Kuͤ- ſtenfahrer des Meeres bezeichnen, ſind ſein Gebiet. — Arrian. IV. 15. Curt. VIII. 1. 8.; die Aeußerungen des Pharasmanes, wie ſie uns berichtet werden, mit Alexanders Antwort, er wolle jetzt nicht in die Pontiſchen Landſchaften eindringen, koͤnnten die Annahme, Ale- xander habe den Tanais Europas mit dem Jaxartes verwechſelt, zu beſtaͤtigen ſcheinen; man begreift ſonſt nicht, wie er zu einem Pontiſchen Feldzuge die Huͤlfe der Chorasmier am Aralſee in An- ſpruch nehmen und Pharasmanes ſich Nachbar der Kolchier nennen konnte. Indeß glauben wir nicht zweifeln zu koͤnnen, daß nicht bei Alexander, wohl aber bei den uͤbertreibenden Macedoniern dieſe Verwechſelung anzunehmen iſt. Die Getreuen, die mit der Geſandt- ſchaft der Europaͤiſchen Scythen gegangen waren, mußten gewiß Nachrichten vom Aral und Kaspiſchen See eingezogen haben, und wenn dem Pharasmanes der Name der Amazonen in den Mund ge- legt wird, ſo iſt das Beweis genug, daß ſeine Angaben vielfach ver-

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Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/342>, abgerufen am 27.11.2024.