dert Mann von der Ritterschaft, mit sämtlichen reutenden Sch[ü-] tzen und den bisherigen Truppen des Amyntas zur Deckung der Sogdiana zurück; Hephästion ging mit einem Corps nach dem Bak- trischen Lande, um die Verpflegung der Heere für den Winter zu besorgen; Alexander selbst führte das Hauptheer gegen die nord- westliche Grenze. Dort hatten in der dorfreichen Berggegend von Xenippa 72) viele der Empörer Zuflucht gefunden; aber bei der Nachricht von Alexanders Anrücken wurden sie von den Bergbe- wohnern, die nicht durch unzeitige Gastfreundschaft ihr Hab und Gut in Gefahr bringen wollten, verjagt, und suchten nun, stets an räuberisches Wegelagern gewöhnt, durch heimlichen Ueberfall den Macedoniern Abbruch zu thun; etwa zweitausend Pferde stark war- fen sie sich auf einen Theil des Macedonischen Heeres; erst noch einem lange schwankenden Gefecht wurden sie zum Weichen ge- zwungen, sie hatten gegen achthundert Mann theils Todte, theils Gefangene verloren; so zusammengeschmolzen, ohne Führer, ohne Proviant, zogen sie es vor, sich zu unterwerfen. Alexander verzieh ihnen; er zog durch den Gau von Xenippa, westwärts nach den Bergen von Naura 73). Hier war die Felsenburg des Sysimith[res] unzugänglich, wohlbefestigt, von zweitausend Mann Bewaffneten aus der Umgegend, die unter Sysimithres Befehl standen, vertheidigt. Wie es scheint, wurde sie nach mannigfacher Anstrengung durch Sturm genommen, die Besatzung, welche zum Theil in die Berge zu entfliehen suchte, verfolgt und niedergemacht; Philippus, des Lysimachus jüngerer Bruder, der nicht von des Königs Seite ge-
72)Curt. VIII. 2. 14. Dieser Name, der oft für eine Grie- chische Fiktion gehalten worden, gehört wenigstens der Hauptsache nach der alten Landessprache an, wie noch das heutige Karati[ppa,] Uratippa, das in anderer Formation Urakend lautet, beweisen kann. Man darf diese Gegend westlich von der Straße nach Kojend, im Norden der Ruine von Schiraz suchen.
73) Dieß ist unverkenn[bar] der schneereiche und sehr hohe Rouratagh, 70 Werste nordwä[rts] von Bochara, in dem ein gleichnamiges Städtchen mit heiligen [Plä-] tzen von Allebab bei Abulfeda (Geogr. min. ed. Hudson. III. [p.] 31.) genannt wird. Die Gegend der Sysimithresburg möchte [viel-] leicht an den Pässen von Zuzangberan zu suchen sein.
dert Mann von der Ritterſchaft, mit ſaͤmtlichen reutenden Sch[uͤ-] tzen und den bisherigen Truppen des Amyntas zur Deckung der Sogdiana zuruͤck; Hephaͤſtion ging mit einem Corps nach dem Bak- triſchen Lande, um die Verpflegung der Heere fuͤr den Winter zu beſorgen; Alexander ſelbſt fuͤhrte das Hauptheer gegen die nord- weſtliche Grenze. Dort hatten in der dorfreichen Berggegend von Xenippa 72) viele der Empoͤrer Zuflucht gefunden; aber bei der Nachricht von Alexanders Anruͤcken wurden ſie von den Bergbe- wohnern, die nicht durch unzeitige Gaſtfreundſchaft ihr Hab und Gut in Gefahr bringen wollten, verjagt, und ſuchten nun, ſtets an raͤuberiſches Wegelagern gewoͤhnt, durch heimlichen Ueberfall den Macedoniern Abbruch zu thun; etwa zweitauſend Pferde ſtark war- fen ſie ſich auf einen Theil des Macedoniſchen Heeres; erſt noch einem lange ſchwankenden Gefecht wurden ſie zum Weichen ge- zwungen, ſie hatten gegen achthundert Mann theils Todte, theils Gefangene verloren; ſo zuſammengeſchmolzen, ohne Fuͤhrer, ohne Proviant, zogen ſie es vor, ſich zu unterwerfen. Alexander verzieh ihnen; er zog durch den Gau von Xenippa, weſtwaͤrts nach den Bergen von Naura 73). Hier war die Felſenburg des Syſimith[res] unzugaͤnglich, wohlbefeſtigt, von zweitauſend Mann Bewaffneten aus der Umgegend, die unter Syſimithres Befehl ſtanden, vertheidigt. Wie es ſcheint, wurde ſie nach mannigfacher Anſtrengung durch Sturm genommen, die Beſatzung, welche zum Theil in die Berge zu entfliehen ſuchte, verfolgt und niedergemacht; Philippus, des Lyſimachus juͤngerer Bruder, der nicht von des Koͤnigs Seite ge-
72)Curt. VIII. 2. 14. Dieſer Name, der oft fuͤr eine Grie- chiſche Fiktion gehalten worden, gehoͤrt wenigſtens der Hauptſache nach der alten Landesſprache an, wie noch das heutige Karati[ppa,] Uratippa, das in anderer Formation Urakend lautet, beweiſen kann. Man darf dieſe Gegend weſtlich von der Straße nach Kojend, im Norden der Ruine von Schiraz ſuchen.
73) Dieß iſt unverkenn[bar] der ſchneereiche und ſehr hohe Rouratagh, 70 Werſte nordwaͤ[rts] von Bochara, in dem ein gleichnamiges Staͤdtchen mit heiligen [Plaͤ-] tzen von Allebab bei Abulfeda (Geogr. min. ed. Hudson. III. [p.] 31.) genannt wird. Die Gegend der Syſimithresburg moͤchte [viel-] leicht an den Paͤſſen von Zuzangberan zu ſuchen ſein.
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dert Mann von der Ritterſchaft, mit ſaͤmtlichen reutenden Schuͤ-
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Sogdiana zuruͤck; Hephaͤſtion ging mit einem Corps nach dem Bak-
triſchen Lande, um die Verpflegung der Heere fuͤr den Winter
zu beſorgen; Alexander ſelbſt fuͤhrte das Hauptheer gegen die nord-
weſtliche Grenze. Dort hatten in der dorfreichen Berggegend von
Xenippa 72) viele der Empoͤrer Zuflucht gefunden; aber bei der
Nachricht von Alexanders Anruͤcken wurden ſie von den Bergbe-
wohnern, die nicht durch unzeitige Gaſtfreundſchaft ihr Hab und
Gut in Gefahr bringen wollten, verjagt, und ſuchten nun, ſtets an
raͤuberiſches Wegelagern gewoͤhnt, durch heimlichen Ueberfall den
Macedoniern Abbruch zu thun; etwa zweitauſend Pferde ſtark war-
fen ſie ſich auf einen Theil des Macedoniſchen Heeres; erſt noch
einem lange ſchwankenden Gefecht wurden ſie zum Weichen ge-
zwungen, ſie hatten gegen achthundert Mann theils Todte, theils
Gefangene verloren; ſo zuſammengeſchmolzen, ohne Fuͤhrer, ohne
Proviant, zogen ſie es vor, ſich zu unterwerfen. Alexander verzieh
ihnen; er zog durch den Gau von Xenippa, weſtwaͤrts nach den
Bergen von Naura 73). Hier war die Felſenburg des Syſimithres
unzugaͤnglich, wohlbefeſtigt, von zweitauſend Mann Bewaffneten aus
der Umgegend, die unter Syſimithres Befehl ſtanden, vertheidigt.
Wie es ſcheint, wurde ſie nach mannigfacher Anſtrengung durch
Sturm genommen, die Beſatzung, welche zum Theil in die Berge
zu entfliehen ſuchte, verfolgt und niedergemacht; Philippus, des
Lyſimachus juͤngerer Bruder, der nicht von des Koͤnigs Seite ge-
72) Curt. VIII. 2. 14. Dieſer Name, der oft fuͤr eine Grie-
chiſche Fiktion gehalten worden, gehoͤrt wenigſtens der Hauptſache
nach der alten Landesſprache an, wie noch das heutige Karatippa,
Uratippa, das in anderer Formation Urakend lautet, beweiſen kann.
Man darf dieſe Gegend weſtlich von der Straße nach Kojend, im
Norden der Ruine von Schiraz ſuchen.
73) Dieß iſt unverkennbar
der ſchneereiche und ſehr hohe Rouratagh, 70 Werſte nordwaͤrts
von Bochara, in dem ein gleichnamiges Staͤdtchen mit heiligen Plaͤ-
tzen von Allebab bei Abulfeda (Geogr. min. ed. Hudson. III. p.
31.) genannt wird. Die Gegend der Syſimithresburg moͤchte viel-
leicht an den Paͤſſen von Zuzangberan zu ſuchen ſein.
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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/354>, abgerufen am 15.06.2024.
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