Acesines, doch hatte im Westen des Hydaspes sein Vetter Spit- takus, im Osten des Acesines in der Gandaritis 50) sein Groß- neffe Porus wahrscheinlich durch ihn selbst die Herrschaft erhal- ten, so daß der Bereich seines politischen Uebergewichtes sich ost- wärts bis an den Hyarotis erstreckte, der die Grenze gegen die freien Indischen Völker bildete; ja mit Abisares verbündet, hatte er seine Hand selbst nach ihrem Lande auszustrecken gewagt, und wenn schon seine Bemühungen an der Tapferkeit dieser Stämme gescheitert waren, so blieb ihm doch ein entschiedenes Uebergewicht in den Ländern des Indus. Alexander hatte Taxiles Macht schon bedeutend vergrößert; er durfte nicht Alles auf die Treue eines Fürsten bauen; das gesammte Land der fünf Ströme dem Scep- ter des verbündeten Fürsten zu unterwerfen, wäre der sicherste Weg gewesen, ihm die Abhängigkeit von Alexander zu verleiden, und hätte ihm Mittel an die Hand gegeben, sich derselben leicht zu entziehen, um so mehr, da die alte Feindschaft gegen den Für- sten Porus ihn in den freien Stämmen leicht Verbündete hätte finden lassen. Alexander konnte seinen Einfluß in Indien auf kei- nen sicherern Grund bauen, als auf die Eifersucht der beiden Für- sten Taxiles und Porus; es kam dazu, daß, wenn er Porus als Fürsten anerkannte, er zugleich damit die Befugniß gewann, die östlicheren Völker als Feinde seines neuen Verbündeten anzugrei- fen und auf ihre Unterwerfung seinen weiteren Einfluß in diesen Gegenden zu gründen; er mußte Porus Macht in dem Maaße vergrößern, daß sie fortan dem Fürsten von Taxila das Gleichge- wicht zu halten vermochte, ja er durfte ihm größere Gewalt an- vertrauen und selbst die Herrschaft über bisherige Widersacher geben, da ja Porus fortan gegen sie so wie gegen Taxiles in der Gunst des Macedonischen Königs allein Recht und Rückhalt fin- den konnte.
Das etwa waren die Gründe, die den König Alexander be- stimmten, nach dem Siege am Hydaspes Porus nicht nur in sei- ner Herrschaft zu bestätigen, sondern ihm dieselbe bedeutend zu ver-
50) Ueber den weitverbreiteten Namen der Gandari s. Wilson in den Nachträgen zu history of Caschmir, Asiat. Resear. XV. p. 105.
Aceſines, doch hatte im Weſten des Hydaspes ſein Vetter Spit- takus, im Oſten des Aceſines in der Gandaritis 50) ſein Groß- neffe Porus wahrſcheinlich durch ihn ſelbſt die Herrſchaft erhal- ten, ſo daß der Bereich ſeines politiſchen Uebergewichtes ſich oſt- waͤrts bis an den Hyarotis erſtreckte, der die Grenze gegen die freien Indiſchen Voͤlker bildete; ja mit Abiſares verbuͤndet, hatte er ſeine Hand ſelbſt nach ihrem Lande auszuſtrecken gewagt, und wenn ſchon ſeine Bemuͤhungen an der Tapferkeit dieſer Staͤmme geſcheitert waren, ſo blieb ihm doch ein entſchiedenes Uebergewicht in den Laͤndern des Indus. Alexander hatte Taxiles Macht ſchon bedeutend vergroͤßert; er durfte nicht Alles auf die Treue eines Fuͤrſten bauen; das geſammte Land der fuͤnf Stroͤme dem Scep- ter des verbuͤndeten Fuͤrſten zu unterwerfen, waͤre der ſicherſte Weg geweſen, ihm die Abhaͤngigkeit von Alexander zu verleiden, und haͤtte ihm Mittel an die Hand gegeben, ſich derſelben leicht zu entziehen, um ſo mehr, da die alte Feindſchaft gegen den Fuͤr- ſten Porus ihn in den freien Staͤmmen leicht Verbuͤndete haͤtte finden laſſen. Alexander konnte ſeinen Einfluß in Indien auf kei- nen ſicherern Grund bauen, als auf die Eiferſucht der beiden Fuͤr- ſten Taxiles und Porus; es kam dazu, daß, wenn er Porus als Fuͤrſten anerkannte, er zugleich damit die Befugniß gewann, die oͤſtlicheren Voͤlker als Feinde ſeines neuen Verbuͤndeten anzugrei- fen und auf ihre Unterwerfung ſeinen weiteren Einfluß in dieſen Gegenden zu gruͤnden; er mußte Porus Macht in dem Maaße vergroͤßern, daß ſie fortan dem Fuͤrſten von Taxila das Gleichge- wicht zu halten vermochte, ja er durfte ihm groͤßere Gewalt an- vertrauen und ſelbſt die Herrſchaft uͤber bisherige Widerſacher geben, da ja Porus fortan gegen ſie ſo wie gegen Taxiles in der Gunſt des Macedoniſchen Koͤnigs allein Recht und Ruͤckhalt fin- den konnte.
Das etwa waren die Gruͤnde, die den Koͤnig Alexander be- ſtimmten, nach dem Siege am Hydaspes Porus nicht nur in ſei- ner Herrſchaft zu beſtaͤtigen, ſondern ihm dieſelbe bedeutend zu ver-
50) Ueber den weitverbreiteten Namen der Gandari ſ. Wilſon in den Nachtraͤgen zu history of Caschmir, Asiat. Resear. XV. p. 105.
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Aceſines, doch hatte im Weſten des Hydaspes ſein Vetter Spit-
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neffe Porus wahrſcheinlich durch ihn ſelbſt die Herrſchaft erhal-
ten, ſo daß der Bereich ſeines politiſchen Uebergewichtes ſich oſt-
waͤrts bis an den Hyarotis erſtreckte, der die Grenze gegen die
freien Indiſchen Voͤlker bildete; ja mit Abiſares verbuͤndet, hatte
er ſeine Hand ſelbſt nach ihrem Lande auszuſtrecken gewagt, und
wenn ſchon ſeine Bemuͤhungen an der Tapferkeit dieſer Staͤmme
geſcheitert waren, ſo blieb ihm doch ein entſchiedenes Uebergewicht
in den Laͤndern des Indus. Alexander hatte Taxiles Macht ſchon
bedeutend vergroͤßert; er durfte nicht Alles auf die Treue eines
Fuͤrſten bauen; das geſammte Land der fuͤnf Stroͤme dem Scep-
ter des verbuͤndeten Fuͤrſten zu unterwerfen, waͤre der ſicherſte
Weg geweſen, ihm die Abhaͤngigkeit von Alexander zu verleiden,
und haͤtte ihm Mittel an die Hand gegeben, ſich derſelben leicht
zu entziehen, um ſo mehr, da die alte Feindſchaft gegen den Fuͤr-
ſten Porus ihn in den freien Staͤmmen leicht Verbuͤndete haͤtte
finden laſſen. Alexander konnte ſeinen Einfluß in Indien auf kei-
nen ſicherern Grund bauen, als auf die Eiferſucht der beiden Fuͤr-
ſten Taxiles und Porus; es kam dazu, daß, wenn er Porus als
Fuͤrſten anerkannte, er zugleich damit die Befugniß gewann, die
oͤſtlicheren Voͤlker als Feinde ſeines neuen Verbuͤndeten anzugrei-
fen und auf ihre Unterwerfung ſeinen weiteren Einfluß in dieſen
Gegenden zu gruͤnden; er mußte Porus Macht in dem Maaße
vergroͤßern, daß ſie fortan dem Fuͤrſten von Taxila das Gleichge-
wicht zu halten vermochte, ja er durfte ihm groͤßere Gewalt an-
vertrauen und ſelbſt die Herrſchaft uͤber bisherige Widerſacher
geben, da ja Porus fortan gegen ſie ſo wie gegen Taxiles in der
Gunſt des Macedoniſchen Koͤnigs allein Recht und Ruͤckhalt fin-
den konnte.
Das etwa waren die Gruͤnde, die den Koͤnig Alexander be-
ſtimmten, nach dem Siege am Hydaspes Porus nicht nur in ſei-
ner Herrſchaft zu beſtaͤtigen, ſondern ihm dieſelbe bedeutend zu ver-
50) Ueber den weitverbreiteten Namen der Gandari ſ. Wilſon
in den Nachtraͤgen zu history of Caschmir, Asiat. Resear. XV.
p. 105.
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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 402. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/416>, abgerufen am 22.11.2024.
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