Bundestage zu Korinth beschworen; aber je ferner die Macedoni- schen Waffen waren, desto lockender klangen die Worte der exaltir- ten Demagogen und die Persischen Dariken, und die schönen Na- men der alten Freiheit und des alten Ruhmes. Freilich, so lange der Perserkönig noch Alexanders Jugend verachtete, war auch Grie- chenland still; ja, die Athener, die Enkel der Marathonischen Sieger, mußten sich von dem Perser schreiben lassen: "ich will euch kein Geld geben, bittet mich nicht, denn ihr bekommt doch nichts 88)." Aber bald sah dieser, was für ein Feind ihm in Alexander erstan- den sei, und daß er, um im hohen Asien sicher zu sein, Macedo- nien in Griechenland und durch Griechen bekämpfen müsse. Zehn- tausend Dariken brachte Ephialtes aus Asien nach Athen mit, und die Redner durften das Volk der Athener, dem von dieser Summe nicht viel zu Gute kam 89), wegen ihrer Besonnenheit und Ach- tung gegen die in Korinth beschworenen Verträge rühmen. Aber seit Ephialtes Rückkunft sah man Demosthenes eifriger und häufiger als je, in den Volksversammlungen; die Entfernung Alexanders gab ihm und den Volksrednern seiner Parthei Muth und Gelegen- heit, von Niederlagen im Lande der Triballer und von neuen Hoff- nungen zu reden 90). Auch in anderen Staaten erwachte die alte Neuerungssucht und neue Hoffnungen; vor allen fühlten die Theba- ner das Joch der Macedonischen Herrschaft; die Besatzung in ihrer Burg schien sie unablässig an ihre jetzige Schmach und den Verlust ihres einstigen Ruhmes zu mahnen.
Da verbreitete sich das Gerücht, Alexander sei todt; es wurde um so mehr geglaubt, je unerwarteter es selbst die kühnsten Wün- sche übertraf; und damit keinem Zweifel Raum gelassen wurde, brachte Demosthenes einen Menschen vor das versammelte Volk, der eine Wunde aus derselben Schlacht aufzuweisen hatte, in der Alexander vor seinen Augen gefallen sein sollte 91). Schnell hob die antimacedonische Parthei ihr Haupt empor, und versuchte noch einmal die Gemüther des Volkes zum Abfall zu reizen: die Zeit sei gekommen, des Macedonischen Joches frei zu werden; Verträge, die man mit Alexander geschlossen, hätten mit seinem Tode aufge-
88)Aeschin. adv. Ctes. p. 484.
89)cf. Aeschin.; bid. Dinarch. adv. Demosth. p. 149. spricht gar von 300 Talenten.
90)Demades p. 496.
91)Justin. XI. 2.
Bundestage zu Korinth beſchworen; aber je ferner die Macedoni- ſchen Waffen waren, deſto lockender klangen die Worte der exaltir- ten Demagogen und die Perſiſchen Dariken, und die ſchönen Na- men der alten Freiheit und des alten Ruhmes. Freilich, ſo lange der Perſerkönig noch Alexanders Jugend verachtete, war auch Grie- chenland ſtill; ja, die Athener, die Enkel der Marathoniſchen Sieger, mußten ſich von dem Perſer ſchreiben laſſen: „ich will euch kein Geld geben, bittet mich nicht, denn ihr bekommt doch nichts 88).“ Aber bald ſah dieſer, was für ein Feind ihm in Alexander erſtan- den ſei, und daß er, um im hohen Aſien ſicher zu ſein, Macedo- nien in Griechenland und durch Griechen bekämpfen müſſe. Zehn- tauſend Dariken brachte Ephialtes aus Aſien nach Athen mit, und die Redner durften das Volk der Athener, dem von dieſer Summe nicht viel zu Gute kam 89), wegen ihrer Beſonnenheit und Ach- tung gegen die in Korinth beſchworenen Verträge rühmen. Aber ſeit Ephialtes Rückkunft ſah man Demoſthenes eifriger und häufiger als je, in den Volksverſammlungen; die Entfernung Alexanders gab ihm und den Volksrednern ſeiner Parthei Muth und Gelegen- heit, von Niederlagen im Lande der Triballer und von neuen Hoff- nungen zu reden 90). Auch in anderen Staaten erwachte die alte Neuerungsſucht und neue Hoffnungen; vor allen fühlten die Theba- ner das Joch der Macedoniſchen Herrſchaft; die Beſatzung in ihrer Burg ſchien ſie unabläſſig an ihre jetzige Schmach und den Verluſt ihres einſtigen Ruhmes zu mahnen.
Da verbreitete ſich das Gerücht, Alexander ſei todt; es wurde um ſo mehr geglaubt, je unerwarteter es ſelbſt die kühnſten Wün- ſche übertraf; und damit keinem Zweifel Raum gelaſſen wurde, brachte Demoſthenes einen Menſchen vor das verſammelte Volk, der eine Wunde aus derſelben Schlacht aufzuweiſen hatte, in der Alexander vor ſeinen Augen gefallen ſein ſollte 91). Schnell hob die antimacedoniſche Parthei ihr Haupt empor, und verſuchte noch einmal die Gemüther des Volkes zum Abfall zu reizen: die Zeit ſei gekommen, des Macedoniſchen Joches frei zu werden; Verträge, die man mit Alexander geſchloſſen, hätten mit ſeinem Tode aufge-
88)Aeschin. adv. Ctes. p. 484.
89)cf. Aeschin.; bid. Dinarch. adv. Demosth. p. 149. ſpricht gar von 300 Talenten.
90)Demades p. 496.
91)Justin. XI. 2.
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[79/0093]
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ten Demagogen und die Perſiſchen Dariken, und die ſchönen Na-
men der alten Freiheit und des alten Ruhmes. Freilich, ſo lange
der Perſerkönig noch Alexanders Jugend verachtete, war auch Grie-
chenland ſtill; ja, die Athener, die Enkel der Marathoniſchen Sieger,
mußten ſich von dem Perſer ſchreiben laſſen: „ich will euch kein
Geld geben, bittet mich nicht, denn ihr bekommt doch nichts 88).“
Aber bald ſah dieſer, was für ein Feind ihm in Alexander erſtan-
den ſei, und daß er, um im hohen Aſien ſicher zu ſein, Macedo-
nien in Griechenland und durch Griechen bekämpfen müſſe. Zehn-
tauſend Dariken brachte Ephialtes aus Aſien nach Athen mit, und
die Redner durften das Volk der Athener, dem von dieſer Summe
nicht viel zu Gute kam 89), wegen ihrer Beſonnenheit und Ach-
tung gegen die in Korinth beſchworenen Verträge rühmen. Aber
ſeit Ephialtes Rückkunft ſah man Demoſthenes eifriger und häufiger
als je, in den Volksverſammlungen; die Entfernung Alexanders
gab ihm und den Volksrednern ſeiner Parthei Muth und Gelegen-
heit, von Niederlagen im Lande der Triballer und von neuen Hoff-
nungen zu reden 90). Auch in anderen Staaten erwachte die alte
Neuerungsſucht und neue Hoffnungen; vor allen fühlten die Theba-
ner das Joch der Macedoniſchen Herrſchaft; die Beſatzung in ihrer
Burg ſchien ſie unabläſſig an ihre jetzige Schmach und den Verluſt
ihres einſtigen Ruhmes zu mahnen.
Da verbreitete ſich das Gerücht, Alexander ſei todt; es wurde
um ſo mehr geglaubt, je unerwarteter es ſelbſt die kühnſten Wün-
ſche übertraf; und damit keinem Zweifel Raum gelaſſen wurde,
brachte Demoſthenes einen Menſchen vor das verſammelte Volk,
der eine Wunde aus derſelben Schlacht aufzuweiſen hatte, in der
Alexander vor ſeinen Augen gefallen ſein ſollte 91). Schnell hob
die antimacedoniſche Parthei ihr Haupt empor, und verſuchte noch
einmal die Gemüther des Volkes zum Abfall zu reizen: die Zeit
ſei gekommen, des Macedoniſchen Joches frei zu werden; Verträge,
die man mit Alexander geſchloſſen, hätten mit ſeinem Tode aufge-
88) Aeschin. adv. Ctes. p. 484.
89) cf. Aeschin.; bid. Dinarch.
adv. Demosth. p. 149. ſpricht gar von 300 Talenten.
90) Demades
p. 496.
91) Justin. XI. 2.
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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/93>, abgerufen am 23.11.2024.
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