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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890.

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Vegetationslinien.
wohnbarkeit bestimmter Teile der Erde für ganze Vege-
tationsklassen; die Lebensbedingungsschranken begründen
sich auf Modifikationen im Zusammenwirken von Klima,
Boden und Konkurrenz der Organismen, welche einen
allmählichen Wechsel der Arten herbeiführen; erstere
bewirken daher gewöhnlich scharfe Grenzlinien, letztere
lassen die Lücken im Wohngebiet einer Art grösser und
grösser werden bis zum völligen Verschwinden.

Vegetationslinien. Die Grenzlinien der Areale von
Arten -- denn nur von Sippen im Artrange kann hier
eigentlich die Rede sein -- bezeichnet man als "Vegeta-
tionslinien", sofern sich in ihnen irgend ein bestimmtes
Moment der physischen Lebensbedingungen darstellt. Die
Vegetationslinien können daher ebensowohl in den weiten
Räumen einer vom Ozean allmählich zu kontinentalen
Klimaten überleitenden Tiefebene, als in rascherer Auf-
einanderfolge an den verschiedenen Erhebungsstufen eines
Gebirges zur Beobachtung gelangen, wenn nur die Er-
scheinung natürlicher Grenzen auf klimatisch-biologischen
Ursachen im weitesten Umfange beruht.

Ebenso, wie daher die geographischen Grenzen der Länder
und Inseln, welche einer übergrossen Zahl von Pflanzenarealen ein
festes Ziel setzen, niemals als "Vegetationslinien" zu betrachten
sind, fallen auch die Grenzen notwendiger Standorte nicht unter
diesen Begriff. Pflanzen stehender Gewässer finden also da eine
geographische Arealbegrenzung, wo der orographische Aufbau des
Landes jenen ein Ende macht; von Vegetationslinien dieser Süss-
wassergewächse würde erst da die Rede sein, wo etwa die Sommer-
temperatur zahlreich vorhandener Gewässer nicht genügend hoch
für deren Lebensprozesse steigt. Dass strenge Halophyten nur dort
vorkommen, wo Salz im Boden reichlich vorhanden ist, erscheint
an sich verständlich, und die Verteilung grösserer Salzmengen im
Boden ist eine rein geographische Ursache des Auftretens hier,
des Fehlens dort. Sonst ist die Frage nach der Bodenwirkung
nicht unwichtig für die Unterscheidung von Vegetationslinien, da
an den Grenzen ihres Areals die meisten Pflanzen auf ganz be-
stimmte physische Eigenschaften des Substrates angewiesen sind,
um im Sinne ihrer biologischen Forderungen das Klima durch den
Standort zu modifizieren (d. h. durch warmen trockenen Boden
die Jahreswärme voller zur Geltung kommen zu lassen, oder durch
dauernde Nässe die Sommerhitze zu dämpfen u. dergl.). Vergl.
Drude, Die Anwendung physiologischer Gesetze zur Erklärung der

Vegetationslinien.
wohnbarkeit bestimmter Teile der Erde für ganze Vege-
tationsklassen; die Lebensbedingungsschranken begründen
sich auf Modifikationen im Zusammenwirken von Klima,
Boden und Konkurrenz der Organismen, welche einen
allmählichen Wechsel der Arten herbeiführen; erstere
bewirken daher gewöhnlich scharfe Grenzlinien, letztere
lassen die Lücken im Wohngebiet einer Art grösser und
grösser werden bis zum völligen Verschwinden.

Vegetationslinien. Die Grenzlinien der Areale von
Arten — denn nur von Sippen im Artrange kann hier
eigentlich die Rede sein — bezeichnet man als „Vegeta-
tionslinien“, sofern sich in ihnen irgend ein bestimmtes
Moment der physischen Lebensbedingungen darstellt. Die
Vegetationslinien können daher ebensowohl in den weiten
Räumen einer vom Ozean allmählich zu kontinentalen
Klimaten überleitenden Tiefebene, als in rascherer Auf-
einanderfolge an den verschiedenen Erhebungsstufen eines
Gebirges zur Beobachtung gelangen, wenn nur die Er-
scheinung natürlicher Grenzen auf klimatisch-biologischen
Ursachen im weitesten Umfange beruht.

Ebenso, wie daher die geographischen Grenzen der Länder
und Inseln, welche einer übergrossen Zahl von Pflanzenarealen ein
festes Ziel setzen, niemals als „Vegetationslinien“ zu betrachten
sind, fallen auch die Grenzen notwendiger Standorte nicht unter
diesen Begriff. Pflanzen stehender Gewässer finden also da eine
geographische Arealbegrenzung, wo der orographische Aufbau des
Landes jenen ein Ende macht; von Vegetationslinien dieser Süss-
wassergewächse würde erst da die Rede sein, wo etwa die Sommer-
temperatur zahlreich vorhandener Gewässer nicht genügend hoch
für deren Lebensprozesse steigt. Dass strenge Halophyten nur dort
vorkommen, wo Salz im Boden reichlich vorhanden ist, erscheint
an sich verständlich, und die Verteilung grösserer Salzmengen im
Boden ist eine rein geographische Ursache des Auftretens hier,
des Fehlens dort. Sonst ist die Frage nach der Bodenwirkung
nicht unwichtig für die Unterscheidung von Vegetationslinien, da
an den Grenzen ihres Areals die meisten Pflanzen auf ganz be-
stimmte physische Eigenschaften des Substrates angewiesen sind,
um im Sinne ihrer biologischen Forderungen das Klima durch den
Standort zu modifizieren (d. h. durch warmen trockenen Boden
die Jahreswärme voller zur Geltung kommen zu lassen, oder durch
dauernde Nässe die Sommerhitze zu dämpfen u. dergl.). Vergl.
Drude, Die Anwendung physiologischer Gesetze zur Erklärung der

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[103/0125] Vegetationslinien. wohnbarkeit bestimmter Teile der Erde für ganze Vege- tationsklassen; die Lebensbedingungsschranken begründen sich auf Modifikationen im Zusammenwirken von Klima, Boden und Konkurrenz der Organismen, welche einen allmählichen Wechsel der Arten herbeiführen; erstere bewirken daher gewöhnlich scharfe Grenzlinien, letztere lassen die Lücken im Wohngebiet einer Art grösser und grösser werden bis zum völligen Verschwinden. Vegetationslinien. Die Grenzlinien der Areale von Arten — denn nur von Sippen im Artrange kann hier eigentlich die Rede sein — bezeichnet man als „Vegeta- tionslinien“, sofern sich in ihnen irgend ein bestimmtes Moment der physischen Lebensbedingungen darstellt. Die Vegetationslinien können daher ebensowohl in den weiten Räumen einer vom Ozean allmählich zu kontinentalen Klimaten überleitenden Tiefebene, als in rascherer Auf- einanderfolge an den verschiedenen Erhebungsstufen eines Gebirges zur Beobachtung gelangen, wenn nur die Er- scheinung natürlicher Grenzen auf klimatisch-biologischen Ursachen im weitesten Umfange beruht. Ebenso, wie daher die geographischen Grenzen der Länder und Inseln, welche einer übergrossen Zahl von Pflanzenarealen ein festes Ziel setzen, niemals als „Vegetationslinien“ zu betrachten sind, fallen auch die Grenzen notwendiger Standorte nicht unter diesen Begriff. Pflanzen stehender Gewässer finden also da eine geographische Arealbegrenzung, wo der orographische Aufbau des Landes jenen ein Ende macht; von Vegetationslinien dieser Süss- wassergewächse würde erst da die Rede sein, wo etwa die Sommer- temperatur zahlreich vorhandener Gewässer nicht genügend hoch für deren Lebensprozesse steigt. Dass strenge Halophyten nur dort vorkommen, wo Salz im Boden reichlich vorhanden ist, erscheint an sich verständlich, und die Verteilung grösserer Salzmengen im Boden ist eine rein geographische Ursache des Auftretens hier, des Fehlens dort. Sonst ist die Frage nach der Bodenwirkung nicht unwichtig für die Unterscheidung von Vegetationslinien, da an den Grenzen ihres Areals die meisten Pflanzen auf ganz be- stimmte physische Eigenschaften des Substrates angewiesen sind, um im Sinne ihrer biologischen Forderungen das Klima durch den Standort zu modifizieren (d. h. durch warmen trockenen Boden die Jahreswärme voller zur Geltung kommen zu lassen, oder durch dauernde Nässe die Sommerhitze zu dämpfen u. dergl.). Vergl. Drude, Die Anwendung physiologischer Gesetze zur Erklärung der

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Zitationshilfe: Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/125>, abgerufen am 24.11.2024.