Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890.Umformung der Arten stimmten Arealgrösse und Arealform der Sippen, wie wirsie jetzt vor uns sehen. Längst nicht das meiste von dem, was die pflanzengeographische Forschung in dieser Hinsicht enthüllt hat, ist aber nach diesem gegenwärtigen Verteilungszustande von Wanderungsmöglichkeiten und Lebensbedingungen zu erklären; mit einer schwer wiegen- den Menge grundlegender Thatsachen werden wir zur Erklärung auf die Verhältnisse, wie sie allmählich ge- worden sind, hingewiesen. Zweierlei ist dabei im Zu- sammenhange zu erwägen: 1. die Umformung der organischen Welt von einer zur anderen Erdperiode, die Entstehung neuer Sippen neben den alten, so dass die verschiedenen im selben Lande nebeneinander woh- nenden Sippen sehr verschiedenes geologisches Alter haben können, so aber, dass der Reichtum an Formen mit zu- nehmendem Alter der Erde stetig wächst; 2. die Um- formung der äusseren Wanderungs-, Verteilungs- und Lebensbedingungen dadurch, dass die geographi- schen Grenzen der Kontinente sich verändert haben, dass Stücke von ihnen in dieser oder jener Periode als Inseln abgetrennt nun einer umschränkten Selbstentwickelung überlassen bleiben oder umgekehrt Inselgruppen sich zu neuen Ländermassen vereinigten; ferner die Umformung der Bedingungen durch Erhebung neuer Gebirgsketten mit wesentlichem Einfluss auf Verteilung der Nieder- schläge und die Hydrographie des von ihnen abhängigen Flachlandes, endlich durch die jede Erdperiode beglei- tende allgemeine Temperaturänderung der Erde und durch die, kosmischen oder geographischen Ursachen zuzu- schreibenden periodischen Oscillationen des Klimas, welche z. B. in dem der Gegenwart jüngst vorhergegangenen Zeitabschnitt die Eisbedeckung einer gewaltigen Länder- masse in mittleren und höheren Breiten der nördlichen Hemisphäre hervorgerufen und wieder zum Verschwinden gebracht haben. Die Umformung der Pflanzenwelt durch Transmu- Umformung der Arten stimmten Arealgrösse und Arealform der Sippen, wie wirsie jetzt vor uns sehen. Längst nicht das meiste von dem, was die pflanzengeographische Forschung in dieser Hinsicht enthüllt hat, ist aber nach diesem gegenwärtigen Verteilungszustande von Wanderungsmöglichkeiten und Lebensbedingungen zu erklären; mit einer schwer wiegen- den Menge grundlegender Thatsachen werden wir zur Erklärung auf die Verhältnisse, wie sie allmählich ge- worden sind, hingewiesen. Zweierlei ist dabei im Zu- sammenhange zu erwägen: 1. die Umformung der organischen Welt von einer zur anderen Erdperiode, die Entstehung neuer Sippen neben den alten, so dass die verschiedenen im selben Lande nebeneinander woh- nenden Sippen sehr verschiedenes geologisches Alter haben können, so aber, dass der Reichtum an Formen mit zu- nehmendem Alter der Erde stetig wächst; 2. die Um- formung der äusseren Wanderungs-, Verteilungs- und Lebensbedingungen dadurch, dass die geographi- schen Grenzen der Kontinente sich verändert haben, dass Stücke von ihnen in dieser oder jener Periode als Inseln abgetrennt nun einer umschränkten Selbstentwickelung überlassen bleiben oder umgekehrt Inselgruppen sich zu neuen Ländermassen vereinigten; ferner die Umformung der Bedingungen durch Erhebung neuer Gebirgsketten mit wesentlichem Einfluss auf Verteilung der Nieder- schläge und die Hydrographie des von ihnen abhängigen Flachlandes, endlich durch die jede Erdperiode beglei- tende allgemeine Temperaturänderung der Erde und durch die, kosmischen oder geographischen Ursachen zuzu- schreibenden periodischen Oscillationen des Klimas, welche z. B. in dem der Gegenwart jüngst vorhergegangenen Zeitabschnitt die Eisbedeckung einer gewaltigen Länder- masse in mittleren und höheren Breiten der nördlichen Hemisphäre hervorgerufen und wieder zum Verschwinden gebracht haben. Die Umformung der Pflanzenwelt durch Transmu- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0130" n="108"/><fw place="top" type="header">Umformung der Arten</fw><lb/> stimmten Arealgrösse und Arealform der Sippen, wie wir<lb/> sie jetzt vor uns sehen. Längst nicht das meiste von<lb/> dem, was die pflanzengeographische Forschung in dieser<lb/> Hinsicht enthüllt hat, ist aber nach diesem gegenwärtigen<lb/> Verteilungszustande von Wanderungsmöglichkeiten und<lb/> Lebensbedingungen zu erklären; mit einer schwer wiegen-<lb/> den Menge grundlegender Thatsachen werden wir zur<lb/> Erklärung auf die Verhältnisse, wie sie allmählich ge-<lb/> worden sind, hingewiesen. 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Umformung der Arten
stimmten Arealgrösse und Arealform der Sippen, wie wir
sie jetzt vor uns sehen. Längst nicht das meiste von
dem, was die pflanzengeographische Forschung in dieser
Hinsicht enthüllt hat, ist aber nach diesem gegenwärtigen
Verteilungszustande von Wanderungsmöglichkeiten und
Lebensbedingungen zu erklären; mit einer schwer wiegen-
den Menge grundlegender Thatsachen werden wir zur
Erklärung auf die Verhältnisse, wie sie allmählich ge-
worden sind, hingewiesen. Zweierlei ist dabei im Zu-
sammenhange zu erwägen: 1. die Umformung der
organischen Welt von einer zur anderen Erdperiode,
die Entstehung neuer Sippen neben den alten, so dass
die verschiedenen im selben Lande nebeneinander woh-
nenden Sippen sehr verschiedenes geologisches Alter haben
können, so aber, dass der Reichtum an Formen mit zu-
nehmendem Alter der Erde stetig wächst; 2. die Um-
formung der äusseren Wanderungs-, Verteilungs-
und Lebensbedingungen dadurch, dass die geographi-
schen Grenzen der Kontinente sich verändert haben, dass
Stücke von ihnen in dieser oder jener Periode als Inseln
abgetrennt nun einer umschränkten Selbstentwickelung
überlassen bleiben oder umgekehrt Inselgruppen sich zu
neuen Ländermassen vereinigten; ferner die Umformung
der Bedingungen durch Erhebung neuer Gebirgsketten
mit wesentlichem Einfluss auf Verteilung der Nieder-
schläge und die Hydrographie des von ihnen abhängigen
Flachlandes, endlich durch die jede Erdperiode beglei-
tende allgemeine Temperaturänderung der Erde und durch
die, kosmischen oder geographischen Ursachen zuzu-
schreibenden periodischen Oscillationen des Klimas, welche
z. B. in dem der Gegenwart jüngst vorhergegangenen
Zeitabschnitt die Eisbedeckung einer gewaltigen Länder-
masse in mittleren und höheren Breiten der nördlichen
Hemisphäre hervorgerufen und wieder zum Verschwinden
gebracht haben.
Die Umformung der Pflanzenwelt durch Transmu-
tation und die Umgestaltung ihrer Wohnorts- und Wan-
derungsbedingungen ist in Zusammenwirkung die Grund-
ursache der gegenwärtigen Verteilungsweise bestimmter
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