Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890.Wanderung von oder nach Inseln. Bestandteile von den Kontinentalgebieten abstammen odergerade dorthin wieder zurückgewandert sind. Eins der gewöhnlichsten Heidegesträuche auf den Azoren ist der Queiro, Daboecia polifolia, neben Erica azorica, Vacci- nium cylindraceum und longiflorum (alle endemisch) und Calluna vulgaris, der gewöhnlichen mitteleuropäischen Heide, die Bergzüge in Fayal, Pico, Flores bedeckend und bis zum Gipfel hinaufgehend. Auf dem europäischen Festlande ist diese Art selten, nämlich in Portugal und Nordspanien, im Bereich der Pyrenäen und auch noch in Irland (Connemara). Sie gilt stets als "eingewandert" von Europa. Es mag so sein, und es wird dann ver- mutlich auch schon in alter Zeit geschehen sein, als die Daboecia noch weitere Verbreitung besass; zwingend ist die Annahme jedenfalls nicht, wenn eine Inselgruppe eine Reihe anderer endemischer Ericaceen besitzt, und es bleibt nach dem Gesagten nichts übrig, als die faktische Gemeinsamkeit der Verbreitung, eine Thatsache ohne innere Begründung wie sie zu stande kam, hinzustellen. Der Möglichkeiten sind zu viele, und das Schicksal der Arten in ihrer Verbreitung ist gewiss oft wechselvoll gewesen. Sind doch die Areale auf den Inseln selbst auch zuweilen sehr klein, "so dass die einen kleinen Strauch bildende Glockenblume der Azoren, Campanula Vidalii, nur auf einem einzigen meerumspülten Felsen unweit der Ostküste von Flores gefunden ward" (Grise- bach, V. d. E.). Die andere Glockenblume, Campanula Erinus, bewohnt dagegen den ganzen Archipel. 5. Es gibt nun noch einige andere Punkte von Wanderung von oder nach Inseln. Bestandteile von den Kontinentalgebieten abstammen odergerade dorthin wieder zurückgewandert sind. Eins der gewöhnlichsten Heidegesträuche auf den Azoren ist der Queiro, Daboecia polifolia, neben Erica azorica, Vacci- nium cylindraceum und longiflorum (alle endemisch) und Calluna vulgaris, der gewöhnlichen mitteleuropäischen Heide, die Bergzüge in Fayal, Pico, Flores bedeckend und bis zum Gipfel hinaufgehend. Auf dem europäischen Festlande ist diese Art selten, nämlich in Portugal und Nordspanien, im Bereich der Pyrenäen und auch noch in Irland (Connemara). Sie gilt stets als „eingewandert“ von Europa. Es mag so sein, und es wird dann ver- mutlich auch schon in alter Zeit geschehen sein, als die Daboecia noch weitere Verbreitung besass; zwingend ist die Annahme jedenfalls nicht, wenn eine Inselgruppe eine Reihe anderer endemischer Ericaceen besitzt, und es bleibt nach dem Gesagten nichts übrig, als die faktische Gemeinsamkeit der Verbreitung, eine Thatsache ohne innere Begründung wie sie zu stande kam, hinzustellen. Der Möglichkeiten sind zu viele, und das Schicksal der Arten in ihrer Verbreitung ist gewiss oft wechselvoll gewesen. Sind doch die Areale auf den Inseln selbst auch zuweilen sehr klein, „so dass die einen kleinen Strauch bildende Glockenblume der Azoren, Campanula Vidalii, nur auf einem einzigen meerumspülten Felsen unweit der Ostküste von Flores gefunden ward“ (Grise- bach, V. d. E.). Die andere Glockenblume, Campanula Erinus, bewohnt dagegen den ganzen Archipel. 5. 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Wanderung von oder nach Inseln.
Bestandteile von den Kontinentalgebieten abstammen oder
gerade dorthin wieder zurückgewandert sind. Eins der
gewöhnlichsten Heidegesträuche auf den Azoren ist der
Queiro, Daboecia polifolia, neben Erica azorica, Vacci-
nium cylindraceum und longiflorum (alle endemisch) und
Calluna vulgaris, der gewöhnlichen mitteleuropäischen
Heide, die Bergzüge in Fayal, Pico, Flores bedeckend
und bis zum Gipfel hinaufgehend. Auf dem europäischen
Festlande ist diese Art selten, nämlich in Portugal und
Nordspanien, im Bereich der Pyrenäen und auch noch
in Irland (Connemara). Sie gilt stets als „eingewandert“
von Europa. Es mag so sein, und es wird dann ver-
mutlich auch schon in alter Zeit geschehen sein, als die
Daboecia noch weitere Verbreitung besass; zwingend ist
die Annahme jedenfalls nicht, wenn eine Inselgruppe
eine Reihe anderer endemischer Ericaceen besitzt, und
es bleibt nach dem Gesagten nichts übrig, als die faktische
Gemeinsamkeit der Verbreitung, eine Thatsache ohne
innere Begründung wie sie zu stande kam, hinzustellen.
Der Möglichkeiten sind zu viele, und das Schicksal der
Arten in ihrer Verbreitung ist gewiss oft wechselvoll
gewesen. Sind doch die Areale auf den Inseln selbst
auch zuweilen sehr klein, „so dass die einen kleinen
Strauch bildende Glockenblume der Azoren, Campanula
Vidalii, nur auf einem einzigen meerumspülten Felsen
unweit der Ostküste von Flores gefunden ward“ (Grise-
bach, V. d. E.). Die andere Glockenblume, Campanula
Erinus, bewohnt dagegen den ganzen Archipel.
5. Es gibt nun noch einige andere Punkte von
minderer Allgemeinheit und Bedeutung, welche mit dem
endemischen Charakter und der insularen Isolierung zu-
sammenhängen. Zunächst ist von Interesse, dass die
Proportionen von Ordnungen, Gattungen und Arten des
Pflanzenreichs sich in den Inselfloren abweichend von
den Kontinenten verhalten, indem in ersteren im allge-
meinen mehr Ordnungen und mehr Gattungen auf eine
bestimmte Artenzahl entfallen. In Deutschland, Oester-
reich und der Schweiz finden sich in runden Zahlen
120 Ordnungen (die stärkeren Unterordnungen als selb-
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