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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890.

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III. Tropische regengrüne Wälder.
der phys. Erdkunde. Am weitesten nach Norden erstrecken sich
dieselben in Ostasien (bis über 55°) und gerade hier gehen einzelne
Tropenformen am weitesten ebenfalls nach Norden.

Sobald nun die Trockenzeiten einen erheblicheren
Teil des Jahres einnehmen, als die immergrün-saftige
Vegetation zu ertragen vermag, besonders in den Land-
gebieten, wo aus geographischen Gründen der Gebirgs-
lagerung oder Plateauerhebung, oder aus Gründen der
Bodenbeschaffenheit, eine geringfügigere absolute Wasser-
menge im Jahreswechsel den Pflanzen geboten wird,
müssen die üppigen tropischen Wälder mit ihrem höchsten
Reichtum immerwährender Fruchtbarkeit einer trockene-
ren Waldformation Platz machen, welche ich als tropische
regengrüne Wälder zu den ersteren in Gegensatz bringe.
Man könnte sie auch "winterdürre" Tropenwälder nennen,
doch scheint es besser, den temperierten Klimaten ent-
lehnten Begriff des Winters hinter dem der belebenden
Regenzeit zurückstehen zu lassen.

Diese grosse Formationsabteilung nimmt vielleicht
einen grösseren Teil der Tropenwaldzone ein, als die
immergrünen Regenwälder selbst; in Afrika überwiegen
sie bei weitem, in Indien sind sie mächtig ausgedehnt
( 2/3 des Waldlandes von Birma werden auf die "Mixed
forests"
dieser Formation gerechnet), in Brasilien gehen
sie von der Provinz Bahia weit durch das Innere des
Landes als die "Region der Hamadryaden" im Ausdruck
von Martius, kehren auch auf den Antillen wieder. Eine
genauere Arealunterscheidung bleibt allerdings der Zu-
kunft vorbehalten; zunächst gilt Abteilung 1 der Zone IV
(s. S. 90) als ihr Entwickelungsreich.

Dass die tropischen regengrünen Waldformationen,
in innigster Berührung mit den tropischen Regenwäldern
stehend, die mannigfachsten Uebergänge zu letzteren zeigen,
ist nur natürlich; so ist es mit allen Formationsabteilun-
gen in gleicher Vegetationszone der Fall. Ihr Merkmal
liegt in den gegen die Trockenzeiten gerichteten, über-
mäßig zu Tage tretenden biologischen Schutzeinrichtun-
gen, welche nicht allein eine weitaus häufigere Entlaubung
der dikotylen Bäume herbeiführt, sondern die xerophyti-

III. Tropische regengrüne Wälder.
der phys. Erdkunde. Am weitesten nach Norden erstrecken sich
dieselben in Ostasien (bis über 55°) und gerade hier gehen einzelne
Tropenformen am weitesten ebenfalls nach Norden.

Sobald nun die Trockenzeiten einen erheblicheren
Teil des Jahres einnehmen, als die immergrün-saftige
Vegetation zu ertragen vermag, besonders in den Land-
gebieten, wo aus geographischen Gründen der Gebirgs-
lagerung oder Plateauerhebung, oder aus Gründen der
Bodenbeschaffenheit, eine geringfügigere absolute Wasser-
menge im Jahreswechsel den Pflanzen geboten wird,
müssen die üppigen tropischen Wälder mit ihrem höchsten
Reichtum immerwährender Fruchtbarkeit einer trockene-
ren Waldformation Platz machen, welche ich als tropische
regengrüne Wälder zu den ersteren in Gegensatz bringe.
Man könnte sie auch „winterdürre“ Tropenwälder nennen,
doch scheint es besser, den temperierten Klimaten ent-
lehnten Begriff des Winters hinter dem der belebenden
Regenzeit zurückstehen zu lassen.

Diese grosse Formationsabteilung nimmt vielleicht
einen grösseren Teil der Tropenwaldzone ein, als die
immergrünen Regenwälder selbst; in Afrika überwiegen
sie bei weitem, in Indien sind sie mächtig ausgedehnt
(⅔ des Waldlandes von Birma werden auf die „Mixed
forests“
dieser Formation gerechnet), in Brasilien gehen
sie von der Provinz Bahia weit durch das Innere des
Landes als die „Region der Hamadryaden“ im Ausdruck
von Martius, kehren auch auf den Antillen wieder. Eine
genauere Arealunterscheidung bleibt allerdings der Zu-
kunft vorbehalten; zunächst gilt Abteilung 1 der Zone IV
(s. S. 90) als ihr Entwickelungsreich.

Dass die tropischen regengrünen Waldformationen,
in innigster Berührung mit den tropischen Regenwäldern
stehend, die mannigfachsten Uebergänge zu letzteren zeigen,
ist nur natürlich; so ist es mit allen Formationsabteilun-
gen in gleicher Vegetationszone der Fall. Ihr Merkmal
liegt in den gegen die Trockenzeiten gerichteten, über-
mäßig zu Tage tretenden biologischen Schutzeinrichtun-
gen, welche nicht allein eine weitaus häufigere Entlaubung
der dikotylen Bäume herbeiführt, sondern die xerophyti-

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[255/0285] III. Tropische regengrüne Wälder. der phys. Erdkunde. Am weitesten nach Norden erstrecken sich dieselben in Ostasien (bis über 55°) und gerade hier gehen einzelne Tropenformen am weitesten ebenfalls nach Norden. Sobald nun die Trockenzeiten einen erheblicheren Teil des Jahres einnehmen, als die immergrün-saftige Vegetation zu ertragen vermag, besonders in den Land- gebieten, wo aus geographischen Gründen der Gebirgs- lagerung oder Plateauerhebung, oder aus Gründen der Bodenbeschaffenheit, eine geringfügigere absolute Wasser- menge im Jahreswechsel den Pflanzen geboten wird, müssen die üppigen tropischen Wälder mit ihrem höchsten Reichtum immerwährender Fruchtbarkeit einer trockene- ren Waldformation Platz machen, welche ich als tropische regengrüne Wälder zu den ersteren in Gegensatz bringe. Man könnte sie auch „winterdürre“ Tropenwälder nennen, doch scheint es besser, den temperierten Klimaten ent- lehnten Begriff des Winters hinter dem der belebenden Regenzeit zurückstehen zu lassen. Diese grosse Formationsabteilung nimmt vielleicht einen grösseren Teil der Tropenwaldzone ein, als die immergrünen Regenwälder selbst; in Afrika überwiegen sie bei weitem, in Indien sind sie mächtig ausgedehnt (⅔ des Waldlandes von Birma werden auf die „Mixed forests“ dieser Formation gerechnet), in Brasilien gehen sie von der Provinz Bahia weit durch das Innere des Landes als die „Region der Hamadryaden“ im Ausdruck von Martius, kehren auch auf den Antillen wieder. Eine genauere Arealunterscheidung bleibt allerdings der Zu- kunft vorbehalten; zunächst gilt Abteilung 1 der Zone IV (s. S. 90) als ihr Entwickelungsreich. Dass die tropischen regengrünen Waldformationen, in innigster Berührung mit den tropischen Regenwäldern stehend, die mannigfachsten Uebergänge zu letzteren zeigen, ist nur natürlich; so ist es mit allen Formationsabteilun- gen in gleicher Vegetationszone der Fall. Ihr Merkmal liegt in den gegen die Trockenzeiten gerichteten, über- mäßig zu Tage tretenden biologischen Schutzeinrichtun- gen, welche nicht allein eine weitaus häufigere Entlaubung der dikotylen Bäume herbeiführt, sondern die xerophyti-

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Zitationshilfe: Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/285>, abgerufen am 22.11.2024.