Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890.auf der Grundlage von Flora und Vegetation. ander hergehende pflanzengeographische Einteilungsver-fahren erklärt, nämlich die in Florenreiche und Vege- tationszonen je nach dem systematischen oder nach dem biologischen Charakter der Pflanzenwelt. Die darin liegende Einseitigkeit macht beiderlei Einteilungen für zusammen- fassende Uebersichten schwer benutzbar. Die in den "Geographischen Mitteilungen" von 1884 veröffentlichten Karten meiner Florenreichseinteilung zeigen die Unbe- stimmtheit der Grenzlinien in zahlreichen Wanderungs- zügen und Ausbreitungsrichtungen, welche vom einen zum anderen Florenreich hinüberleiten; längst hat man einge- sehen, dass jeder Versuch, starre Grenzlinien festzusetzen, in sich selbst zerfallen muss. Etwas besser sind bezüglich der Grenzführung die Vegetationszonen daran, da sie sich an wirklich vorhandene Beobachtungsobjekte halten, wie z. B. an die äussersten Waldbestände gegenüber Moos- tundren oder Sandsteppen, an die Grenzlinien von Palm- wäldern, von immergrünen oder periodisch blattwechseln- den Dikotylen. Es sind daher die unbestimmteren Floren- reichsgrenzen durch diese viel bestimmteren der Zonen zu ergänzen. Geschieht dies, so fällt damit auch die grosse Unbestimmtheit fort, welche in der alleinigen Ver- wendung von Vegetationszonen liegen würde, die gleich- wohl auch schon in zusammenfassenden Uebersichten versucht worden ist (vergl. oben S. 71). Denn es kommt ja nicht nur darauf an, ob irgendwo Bäume, und ob immergrüne oder blattwechselnde etc. Bäume dort wach- sen, sondern ebenso sehr darauf, welcher systematischen Genossenschaft dieselben angehören. Der Charakter jeder Landschaft liegt ebenso in ihrer "Flora", wie in ihrer "Vegetation". Mit Recht hebt Grise- bach (V. d. E., Vorrede) hervor, dass die Dauer der Vegetationsperiode, deren einzelne Phasen bestimmten Werten der jährlichen Temperaturkurve entsprechen müssen, eines der wichtigsten Verhältnisse sei, an wel- ches das Wohngebiet der Pflanzen gebunden erscheine; aber zum Charakter dieses Wohngebietes gehört ebenso, an welchen Pflanzenformen, die dort zusammen sich ein- gewöhnt haben, die periodischen Erscheinungen sich ab- auf der Grundlage von Flora und Vegetation. ander hergehende pflanzengeographische Einteilungsver-fahren erklärt, nämlich die in Florenreiche und Vege- tationszonen je nach dem systematischen oder nach dem biologischen Charakter der Pflanzenwelt. Die darin liegende Einseitigkeit macht beiderlei Einteilungen für zusammen- fassende Uebersichten schwer benutzbar. Die in den „Geographischen Mitteilungen“ von 1884 veröffentlichten Karten meiner Florenreichseinteilung zeigen die Unbe- stimmtheit der Grenzlinien in zahlreichen Wanderungs- zügen und Ausbreitungsrichtungen, welche vom einen zum anderen Florenreich hinüberleiten; längst hat man einge- sehen, dass jeder Versuch, starre Grenzlinien festzusetzen, in sich selbst zerfallen muss. Etwas besser sind bezüglich der Grenzführung die Vegetationszonen daran, da sie sich an wirklich vorhandene Beobachtungsobjekte halten, wie z. B. an die äussersten Waldbestände gegenüber Moos- tundren oder Sandsteppen, an die Grenzlinien von Palm- wäldern, von immergrünen oder periodisch blattwechseln- den Dikotylen. Es sind daher die unbestimmteren Floren- reichsgrenzen durch diese viel bestimmteren der Zonen zu ergänzen. Geschieht dies, so fällt damit auch die grosse Unbestimmtheit fort, welche in der alleinigen Ver- wendung von Vegetationszonen liegen würde, die gleich- wohl auch schon in zusammenfassenden Uebersichten versucht worden ist (vergl. oben S. 71). Denn es kommt ja nicht nur darauf an, ob irgendwo Bäume, und ob immergrüne oder blattwechselnde etc. Bäume dort wach- sen, sondern ebenso sehr darauf, welcher systematischen Genossenschaft dieselben angehören. Der Charakter jeder Landschaft liegt ebenso in ihrer „Flora“, wie in ihrer „Vegetation“. Mit Recht hebt Grise- bach (V. d. E., Vorrede) hervor, dass die Dauer der Vegetationsperiode, deren einzelne Phasen bestimmten Werten der jährlichen Temperaturkurve entsprechen müssen, eines der wichtigsten Verhältnisse sei, an wel- ches das Wohngebiet der Pflanzen gebunden erscheine; aber zum Charakter dieses Wohngebietes gehört ebenso, an welchen Pflanzenformen, die dort zusammen sich ein- gewöhnt haben, die periodischen Erscheinungen sich ab- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0359" n="329"/><fw place="top" type="header">auf der Grundlage von Flora und Vegetation.</fw><lb/> ander hergehende pflanzengeographische Einteilungsver-<lb/> fahren erklärt, nämlich die in Florenreiche und Vege-<lb/> tationszonen je nach dem systematischen oder nach dem<lb/> biologischen Charakter der Pflanzenwelt. Die darin liegende<lb/> Einseitigkeit macht beiderlei Einteilungen für zusammen-<lb/> fassende Uebersichten schwer benutzbar. 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auf der Grundlage von Flora und Vegetation.
ander hergehende pflanzengeographische Einteilungsver-
fahren erklärt, nämlich die in Florenreiche und Vege-
tationszonen je nach dem systematischen oder nach dem
biologischen Charakter der Pflanzenwelt. Die darin liegende
Einseitigkeit macht beiderlei Einteilungen für zusammen-
fassende Uebersichten schwer benutzbar. Die in den
„Geographischen Mitteilungen“ von 1884 veröffentlichten
Karten meiner Florenreichseinteilung zeigen die Unbe-
stimmtheit der Grenzlinien in zahlreichen Wanderungs-
zügen und Ausbreitungsrichtungen, welche vom einen zum
anderen Florenreich hinüberleiten; längst hat man einge-
sehen, dass jeder Versuch, starre Grenzlinien festzusetzen,
in sich selbst zerfallen muss. Etwas besser sind bezüglich
der Grenzführung die Vegetationszonen daran, da sie sich
an wirklich vorhandene Beobachtungsobjekte halten, wie
z. B. an die äussersten Waldbestände gegenüber Moos-
tundren oder Sandsteppen, an die Grenzlinien von Palm-
wäldern, von immergrünen oder periodisch blattwechseln-
den Dikotylen. Es sind daher die unbestimmteren Floren-
reichsgrenzen durch diese viel bestimmteren der Zonen
zu ergänzen. Geschieht dies, so fällt damit auch die
grosse Unbestimmtheit fort, welche in der alleinigen Ver-
wendung von Vegetationszonen liegen würde, die gleich-
wohl auch schon in zusammenfassenden Uebersichten
versucht worden ist (vergl. oben S. 71). Denn es kommt
ja nicht nur darauf an, ob irgendwo Bäume, und ob
immergrüne oder blattwechselnde etc. Bäume dort wach-
sen, sondern ebenso sehr darauf, welcher systematischen
Genossenschaft dieselben angehören. Der Charakter
jeder Landschaft liegt ebenso in ihrer „Flora“,
wie in ihrer „Vegetation“. Mit Recht hebt Grise-
bach (V. d. E., Vorrede) hervor, dass die Dauer der
Vegetationsperiode, deren einzelne Phasen bestimmten
Werten der jährlichen Temperaturkurve entsprechen
müssen, eines der wichtigsten Verhältnisse sei, an wel-
ches das Wohngebiet der Pflanzen gebunden erscheine;
aber zum Charakter dieses Wohngebietes gehört ebenso,
an welchen Pflanzenformen, die dort zusammen sich ein-
gewöhnt haben, die periodischen Erscheinungen sich ab-
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