gemeinsame Gattungen und Arten finden sich circumpolar in allen drei Kontinenten; je weiter nach Süden, desto stärkere Differenzen langandauernder eigener Floren- entwickelung finden sich mit den Ueberresten der tropi- schen Verwandtschaft.
Wir können daher das Gesagte in folgende Sätze zusammenfassen: 1. Ein an geologischem Alter jüngstes Florenelement, das arktische, ist im höchsten Norden rein entwickelt und vermischt sich gegen die Grenzen der Subtropen hin stets mehr mit dem arktotertiären Floren- element; die in dieser Weise besiedelten Länder und Inseln bilden das "Nordische Florenreich". Im hohen Norden bildet dasselbe ein allen Kontinenten und ark- tischen Inseln gemeinsames Florengebiet; seine südlicheren Zonen zeigen immer mehr die alten Kontinentalabsonde- rungen und führen dadurch zu einer Mehrzahl verschie- dener Gebiete, die ganz allmählich oder plötzlich von den boreal-subtropischen Florenreichen abgelöst werden. 2. Das arktotertiäre Florenelement ist während der längeren abgeschlossenen Entwickelung in vier selbständigen Floren- reichen ausgeprägt, welche verwandtschaftlich in ver- schiedenem Grade unter sich und mit dem nordischen Florenelement zusammenhängen. Das erste ist das atlantisch-mediterrane, das zweite das pontisch- orientale (innerasiatische), das dritte das ostasiati- sche, das vierte das nordmexikanisch-kalifornisch- virginische Florenelement. 3. Von den vier letzt- genannten Florenelementen ist das erste mit dem zweiten, und das dritte mit dem vierten durch grössere Verwandt- schaft ausgezeichnet. 4. Die Reinerhaltung des arkto- tertiären Elementes, oder die Einmischung des jüngeren borealen, oder umgekehrt, führt zu Formationen und Vege- tationsregionen von geschiedenem Charakter; im allge- meinen sind die Hochgebirge der subtropischen Floren- reiche von borealen Vegetationsregionen mit sogar ark- tischen Besiedlern eingenommen.
In den "Florenreichen" (Ergänzungsheft 74 der G. M., S. 36 bis 37) ist in drei Gruppen nach der eben angeführten grösseren Verwandtschaft der Länder zu einander eine ausführliche Tabelle
Fünf boreale Florenreiche.
gemeinsame Gattungen und Arten finden sich circumpolar in allen drei Kontinenten; je weiter nach Süden, desto stärkere Differenzen langandauernder eigener Floren- entwickelung finden sich mit den Ueberresten der tropi- schen Verwandtschaft.
Wir können daher das Gesagte in folgende Sätze zusammenfassen: 1. Ein an geologischem Alter jüngstes Florenelement, das arktische, ist im höchsten Norden rein entwickelt und vermischt sich gegen die Grenzen der Subtropen hin stets mehr mit dem arktotertiären Floren- element; die in dieser Weise besiedelten Länder und Inseln bilden das „Nordische Florenreich“. Im hohen Norden bildet dasselbe ein allen Kontinenten und ark- tischen Inseln gemeinsames Florengebiet; seine südlicheren Zonen zeigen immer mehr die alten Kontinentalabsonde- rungen und führen dadurch zu einer Mehrzahl verschie- dener Gebiete, die ganz allmählich oder plötzlich von den boreal-subtropischen Florenreichen abgelöst werden. 2. Das arktotertiäre Florenelement ist während der längeren abgeschlossenen Entwickelung in vier selbständigen Floren- reichen ausgeprägt, welche verwandtschaftlich in ver- schiedenem Grade unter sich und mit dem nordischen Florenelement zusammenhängen. Das erste ist das atlantisch-mediterrane, das zweite das pontisch- orientale (innerasiatische), das dritte das ostasiati- sche, das vierte das nordmexikanisch-kalifornisch- virginische Florenelement. 3. Von den vier letzt- genannten Florenelementen ist das erste mit dem zweiten, und das dritte mit dem vierten durch grössere Verwandt- schaft ausgezeichnet. 4. Die Reinerhaltung des arkto- tertiären Elementes, oder die Einmischung des jüngeren borealen, oder umgekehrt, führt zu Formationen und Vege- tationsregionen von geschiedenem Charakter; im allge- meinen sind die Hochgebirge der subtropischen Floren- reiche von borealen Vegetationsregionen mit sogar ark- tischen Besiedlern eingenommen.
In den „Florenreichen“ (Ergänzungsheft 74 der G. M., S. 36 bis 37) ist in drei Gruppen nach der eben angeführten grösseren Verwandtschaft der Länder zu einander eine ausführliche Tabelle
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Fünf boreale Florenreiche.
gemeinsame Gattungen und Arten finden sich circumpolar
in allen drei Kontinenten; je weiter nach Süden, desto
stärkere Differenzen langandauernder eigener Floren-
entwickelung finden sich mit den Ueberresten der tropi-
schen Verwandtschaft.
Wir können daher das Gesagte in folgende Sätze
zusammenfassen: 1. Ein an geologischem Alter jüngstes
Florenelement, das arktische, ist im höchsten Norden rein
entwickelt und vermischt sich gegen die Grenzen der
Subtropen hin stets mehr mit dem arktotertiären Floren-
element; die in dieser Weise besiedelten Länder und
Inseln bilden das „Nordische Florenreich“. Im hohen
Norden bildet dasselbe ein allen Kontinenten und ark-
tischen Inseln gemeinsames Florengebiet; seine südlicheren
Zonen zeigen immer mehr die alten Kontinentalabsonde-
rungen und führen dadurch zu einer Mehrzahl verschie-
dener Gebiete, die ganz allmählich oder plötzlich von den
boreal-subtropischen Florenreichen abgelöst werden.
2. Das arktotertiäre Florenelement ist während der längeren
abgeschlossenen Entwickelung in vier selbständigen Floren-
reichen ausgeprägt, welche verwandtschaftlich in ver-
schiedenem Grade unter sich und mit dem nordischen
Florenelement zusammenhängen. Das erste ist das
atlantisch-mediterrane, das zweite das pontisch-
orientale (innerasiatische), das dritte das ostasiati-
sche, das vierte das nordmexikanisch-kalifornisch-
virginische Florenelement. 3. Von den vier letzt-
genannten Florenelementen ist das erste mit dem zweiten,
und das dritte mit dem vierten durch grössere Verwandt-
schaft ausgezeichnet. 4. Die Reinerhaltung des arkto-
tertiären Elementes, oder die Einmischung des jüngeren
borealen, oder umgekehrt, führt zu Formationen und Vege-
tationsregionen von geschiedenem Charakter; im allge-
meinen sind die Hochgebirge der subtropischen Floren-
reiche von borealen Vegetationsregionen mit sogar ark-
tischen Besiedlern eingenommen.
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bis 37) ist in drei Gruppen nach der eben angeführten grösseren
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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/375>, abgerufen am 24.11.2024.
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