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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890.

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2. Nord- und Mitteleuropa.
wirksame Klima verschaffen Supans Temperaturkarten
von Europa (Geogr. Mitteilungen. 1887, Taf. 10; vergl.
oben S. 77), aus denen zwei Linien der hier beigefügten
Kartenskizze entlehnt sind. Die eine vom Ural über
Perm nach Moskau und Lemberg laufende Linie zeigt
den äussersten Grenzwert der heissen (d. h. über 20°C.
konstanter Tagesmittel liegenden) Temperaturzone, südöst-
lich von welcher in 11/2 bis 5 Breitengraden Differenz
die Linie verläuft, unter welcher die heissen Tage schon
einen vollen Monat im Jahresmittel einnehmen. Die zweite,
vom nördlichen Ural über Archangel nach Haparanda
und im Bogen durch Skandinavien nach den Faröern
laufende Linie ist der Grenzwert kraftvoller Waldvegeta-
tion, da nördlich von dieser Linie die warme (d. h. wenig-
stens 10°C. konstanter Tagesmittel betragende) Jahres-
zeit unter den Betrag von 3 Monaten sinkt. Trotzdem
schiebt sich der Wald lückenhaft noch viel weiter nord-
wärts, sowohl mit Birken, als Kiefern und Fichten, und
nimmt nördlich von Mesen, im Südteil der Halbinsel
Kola und in Lappland der angeführten Karte zufolge mit
oft weniger als 2 Monaten warmer Tagesmittel fürlieb.
Es sind auch noch die Januarisothermen für 0°C. nach
Hann hinzugefügt, um die Milde des atlantischen, und
die Schroffheit des im Nordosten anhebenden Winters zu
charakterisieren. Ausserdem sind der Karte Vegetations-
linien von 3 Bäumen eingefügt.

Der ganze Länderkomplex gehört zur ersten und
zweiten Abteilung der zweiten Vegetationszone (S. 83 bis
85) und trägt den oben allgemein geschilderten Charak-
ter des "Nordischen Florenreiches" wohl ausgeprägt in
sich; seine Wälder setzen sich also aus den oben ge-
nannten wenigen Familien zusammen. Von dem arkti-
schen Gebiete abgesehen, welches in Skandinavien und
im Ural ausläuft, bilden diese Länder aber ein wohlum-
schriebenes eigenes Florengebiet, das "mitteleuro-
päische
", welches einerseits seinen Charakter in den
betreffenden herrschenden Arten (und Unterarten) der
circumpolar-gemeinsamen Stammgattungen von Pinus,
Abies, Picea, Betula, Quercus, Fagus
etc. nimmt, anderer-

2. Nord- und Mitteleuropa.
wirksame Klima verschaffen Supans Temperaturkarten
von Europa (Geogr. Mitteilungen. 1887, Taf. 10; vergl.
oben S. 77), aus denen zwei Linien der hier beigefügten
Kartenskizze entlehnt sind. Die eine vom Ural über
Perm nach Moskau und Lemberg laufende Linie zeigt
den äussersten Grenzwert der heissen (d. h. über 20°C.
konstanter Tagesmittel liegenden) Temperaturzone, südöst-
lich von welcher in 1½ bis 5 Breitengraden Differenz
die Linie verläuft, unter welcher die heissen Tage schon
einen vollen Monat im Jahresmittel einnehmen. Die zweite,
vom nördlichen Ural über Archangel nach Haparanda
und im Bogen durch Skandinavien nach den Faröern
laufende Linie ist der Grenzwert kraftvoller Waldvegeta-
tion, da nördlich von dieser Linie die warme (d. h. wenig-
stens 10°C. konstanter Tagesmittel betragende) Jahres-
zeit unter den Betrag von 3 Monaten sinkt. Trotzdem
schiebt sich der Wald lückenhaft noch viel weiter nord-
wärts, sowohl mit Birken, als Kiefern und Fichten, und
nimmt nördlich von Mesen, im Südteil der Halbinsel
Kola und in Lappland der angeführten Karte zufolge mit
oft weniger als 2 Monaten warmer Tagesmittel fürlieb.
Es sind auch noch die Januarisothermen für 0°C. nach
Hann hinzugefügt, um die Milde des atlantischen, und
die Schroffheit des im Nordosten anhebenden Winters zu
charakterisieren. Ausserdem sind der Karte Vegetations-
linien von 3 Bäumen eingefügt.

Der ganze Länderkomplex gehört zur ersten und
zweiten Abteilung der zweiten Vegetationszone (S. 83 bis
85) und trägt den oben allgemein geschilderten Charak-
ter des „Nordischen Florenreiches“ wohl ausgeprägt in
sich; seine Wälder setzen sich also aus den oben ge-
nannten wenigen Familien zusammen. Von dem arkti-
schen Gebiete abgesehen, welches in Skandinavien und
im Ural ausläuft, bilden diese Länder aber ein wohlum-
schriebenes eigenes Florengebiet, das „mitteleuro-
päische
“, welches einerseits seinen Charakter in den
betreffenden herrschenden Arten (und Unterarten) der
circumpolar-gemeinsamen Stammgattungen von Pinus,
Abies, Picea, Betula, Quercus, Fagus
etc. nimmt, anderer-

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[364/0394] 2. Nord- und Mitteleuropa. wirksame Klima verschaffen Supans Temperaturkarten von Europa (Geogr. Mitteilungen. 1887, Taf. 10; vergl. oben S. 77), aus denen zwei Linien der hier beigefügten Kartenskizze entlehnt sind. Die eine vom Ural über Perm nach Moskau und Lemberg laufende Linie zeigt den äussersten Grenzwert der heissen (d. h. über 20°C. konstanter Tagesmittel liegenden) Temperaturzone, südöst- lich von welcher in 1½ bis 5 Breitengraden Differenz die Linie verläuft, unter welcher die heissen Tage schon einen vollen Monat im Jahresmittel einnehmen. Die zweite, vom nördlichen Ural über Archangel nach Haparanda und im Bogen durch Skandinavien nach den Faröern laufende Linie ist der Grenzwert kraftvoller Waldvegeta- tion, da nördlich von dieser Linie die warme (d. h. wenig- stens 10°C. konstanter Tagesmittel betragende) Jahres- zeit unter den Betrag von 3 Monaten sinkt. Trotzdem schiebt sich der Wald lückenhaft noch viel weiter nord- wärts, sowohl mit Birken, als Kiefern und Fichten, und nimmt nördlich von Mesen, im Südteil der Halbinsel Kola und in Lappland der angeführten Karte zufolge mit oft weniger als 2 Monaten warmer Tagesmittel fürlieb. Es sind auch noch die Januarisothermen für 0°C. nach Hann hinzugefügt, um die Milde des atlantischen, und die Schroffheit des im Nordosten anhebenden Winters zu charakterisieren. Ausserdem sind der Karte Vegetations- linien von 3 Bäumen eingefügt. Der ganze Länderkomplex gehört zur ersten und zweiten Abteilung der zweiten Vegetationszone (S. 83 bis 85) und trägt den oben allgemein geschilderten Charak- ter des „Nordischen Florenreiches“ wohl ausgeprägt in sich; seine Wälder setzen sich also aus den oben ge- nannten wenigen Familien zusammen. Von dem arkti- schen Gebiete abgesehen, welches in Skandinavien und im Ural ausläuft, bilden diese Länder aber ein wohlum- schriebenes eigenes Florengebiet, das „mitteleuro- päische“, welches einerseits seinen Charakter in den betreffenden herrschenden Arten (und Unterarten) der circumpolar-gemeinsamen Stammgattungen von Pinus, Abies, Picea, Betula, Quercus, Fagus etc. nimmt, anderer-

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Zitationshilfe: Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/394>, abgerufen am 24.11.2024.