Die anatomischen Verhältnisse, auf welche hier hin- gedeutet wird, bewirken sowohl Verdunstungsschutz, als auch Schutz gegen die Zerstörung des Chlorophylls in den zu intensiv besonnten Blättern, und sind, wie es scheint, ziemlich gleichmässig über die Kontinente im Bereich analoger, das offene Land und Steppenwüsten auszeichnender Pflanzenbestände verbreitet. Wiesner hat eine Abhandlung über die "Natürlichen Einrichtungen zum Schutze des Chlorophylls" (1876) herausgegeben, in welcher als Schutzmittel gegen Lichtzerstörung die Lage und Form der Blätter, ihr Oberhautbau und die Wirkung von Behaarung genannt werden. --
Wie im letzten Abschnitt bei Betrachtung der See- tangvegetation näher besprochen werden wird, bildet die durch Absorption im Meereswasser schwindende Licht- menge den zwingenden Grund des Abschlusses ozeanischer Flora in geringen Tiefen von meistens nur 200 m; ohne Licht keine Ernährung. Um so überraschender war es, dass die Plankton-Expedition 1889 in Tiefen von 1000 bis 2200 m des Atlantischen Ozeans zahlreiche Exemplare einer kleinen Alge: Halosphaera viridis, fand, welche als zweite Ausnahme gegen die sonstige Allgewalt des Lichtes, wiederum im Ozean, dastehen.
Wärme. Die Temperatur ist derjenige meteoro- logische Faktor, dessen Wirkungsweise auf die organische Welt, insbesondere auch auf das Pflanzenleben, von jeher am meisten durchforscht und durchdacht ist; es liegt dies dem Menschen um so näher, als er selbst von ihm viel stärker in Mitleidenschaft gezogen wird als vom Licht, dessen Mangel sich wenigstens nicht sogleich in Funktionsstörungen seines Organismus äussert, wie es bei den Pflanzen der Fall ist. Die Temperatur tritt übrigens, wenngleich an die Polhöhe in erster Linie gebunden, doch in so ganz anderer Verteilungsweise als die Licht- menge auf, zeigt weder ihre Maxima unter dem Aequator selbst, noch ihre Minima an den Polen, ist sogleich nach Luft und Boden, Land und Wasser, so verschiedenartig abgestimmt, dass man sich dieser Verschiedenheiten wohl
Schutzmittel. Licht im Ozean.
Die anatomischen Verhältnisse, auf welche hier hin- gedeutet wird, bewirken sowohl Verdunstungsschutz, als auch Schutz gegen die Zerstörung des Chlorophylls in den zu intensiv besonnten Blättern, und sind, wie es scheint, ziemlich gleichmässig über die Kontinente im Bereich analoger, das offene Land und Steppenwüsten auszeichnender Pflanzenbestände verbreitet. Wiesner hat eine Abhandlung über die „Natürlichen Einrichtungen zum Schutze des Chlorophylls“ (1876) herausgegeben, in welcher als Schutzmittel gegen Lichtzerstörung die Lage und Form der Blätter, ihr Oberhautbau und die Wirkung von Behaarung genannt werden. —
Wie im letzten Abschnitt bei Betrachtung der See- tangvegetation näher besprochen werden wird, bildet die durch Absorption im Meereswasser schwindende Licht- menge den zwingenden Grund des Abschlusses ozeanischer Flora in geringen Tiefen von meistens nur 200 m; ohne Licht keine Ernährung. Um so überraschender war es, dass die Plankton-Expedition 1889 in Tiefen von 1000 bis 2200 m des Atlantischen Ozeans zahlreiche Exemplare einer kleinen Alge: Halosphaera viridis, fand, welche als zweite Ausnahme gegen die sonstige Allgewalt des Lichtes, wiederum im Ozean, dastehen.
Wärme. Die Temperatur ist derjenige meteoro- logische Faktor, dessen Wirkungsweise auf die organische Welt, insbesondere auch auf das Pflanzenleben, von jeher am meisten durchforscht und durchdacht ist; es liegt dies dem Menschen um so näher, als er selbst von ihm viel stärker in Mitleidenschaft gezogen wird als vom Licht, dessen Mangel sich wenigstens nicht sogleich in Funktionsstörungen seines Organismus äussert, wie es bei den Pflanzen der Fall ist. Die Temperatur tritt übrigens, wenngleich an die Polhöhe in erster Linie gebunden, doch in so ganz anderer Verteilungsweise als die Licht- menge auf, zeigt weder ihre Maxima unter dem Aequator selbst, noch ihre Minima an den Polen, ist sogleich nach Luft und Boden, Land und Wasser, so verschiedenartig abgestimmt, dass man sich dieser Verschiedenheiten wohl
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[21/0043]
Schutzmittel. Licht im Ozean.
Die anatomischen Verhältnisse, auf welche hier hin-
gedeutet wird, bewirken sowohl Verdunstungsschutz, als
auch Schutz gegen die Zerstörung des Chlorophylls in
den zu intensiv besonnten Blättern, und sind, wie es
scheint, ziemlich gleichmässig über die Kontinente im
Bereich analoger, das offene Land und Steppenwüsten
auszeichnender Pflanzenbestände verbreitet. Wiesner hat
eine Abhandlung über die „Natürlichen Einrichtungen
zum Schutze des Chlorophylls“ (1876) herausgegeben, in
welcher als Schutzmittel gegen Lichtzerstörung die Lage
und Form der Blätter, ihr Oberhautbau und die Wirkung
von Behaarung genannt werden. —
Wie im letzten Abschnitt bei Betrachtung der See-
tangvegetation näher besprochen werden wird, bildet die
durch Absorption im Meereswasser schwindende Licht-
menge den zwingenden Grund des Abschlusses ozeanischer
Flora in geringen Tiefen von meistens nur 200 m; ohne
Licht keine Ernährung. Um so überraschender war es,
dass die Plankton-Expedition 1889 in Tiefen von 1000 bis
2200 m des Atlantischen Ozeans zahlreiche Exemplare
einer kleinen Alge: Halosphaera viridis, fand, welche als
zweite Ausnahme gegen die sonstige Allgewalt des Lichtes,
wiederum im Ozean, dastehen.
Wärme. Die Temperatur ist derjenige meteoro-
logische Faktor, dessen Wirkungsweise auf die organische
Welt, insbesondere auch auf das Pflanzenleben, von jeher
am meisten durchforscht und durchdacht ist; es liegt
dies dem Menschen um so näher, als er selbst von ihm
viel stärker in Mitleidenschaft gezogen wird als vom
Licht, dessen Mangel sich wenigstens nicht sogleich in
Funktionsstörungen seines Organismus äussert, wie es bei
den Pflanzen der Fall ist. Die Temperatur tritt übrigens,
wenngleich an die Polhöhe in erster Linie gebunden,
doch in so ganz anderer Verteilungsweise als die Licht-
menge auf, zeigt weder ihre Maxima unter dem Aequator
selbst, noch ihre Minima an den Polen, ist sogleich nach
Luft und Boden, Land und Wasser, so verschiedenartig
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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/43>, abgerufen am 21.11.2024.
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