begleitet ihn die in Hochtibet am höchsten steigende Myri- caria germanica.
Von Vegetationsregionen sind folgende zu unter- scheiden:
1. Karakorum und nordwestlicher Himalaya. Am Pamir kreuzen sich eine Menge verschiedenartiger Florenbestand- teile; es ist klar, dass in diesen südwestlichen Hochgebirgen über- haupt der Anschluss an die orientale und pontische Flora ein inniger sein muss. So ist hier eine mannigfaltige Baumvegetation in 1200--2500 m Höhe, von Ahorn-, Apfel-, Kirsch-, Nussbäumen und den Juniperus-Stämmen, welche noch 3300 m hoch mit Weiden, Birken und baumartiger Ephedra gemischt vorkommen (s. Geogr. Mittlgn. 1883, S. 69 und 1884, S. 81). Der milde Vegetations- charakter vom grünenden Kaschmir ist bekannt; der strenge inner- asiatische Charakter hebt erst jenseits der Indus-Wasserscheide an. Von hier haben die Brüder Schlagintweit die eingehendsten Aufzeich- nungen über Vegetation und deren Höhengrenzen geliefert (siehe G. J., IX, 175), welche mit 6038 m den höchsten Stand der Phanerogamen erreichen. Myricaria und Tamarix (indica) steigen hier zu 4000--5000 m, die höchsten Sträucher wurden vereinzelt bis 5181 m hoch gefunden. Diese Höhen in den Karakorumketten sinken aber im Künlün unter 4000 m herab, wo die Baumgrenze bei 2775 m und die Höhengrenze des Gerstenbaues bei 2950 m liegt.
2. Die aralo-kaspische Salzsteppenregion und die
3. turkestanische Wald- und Hochsteppen-Vegeta- tionsregion bilden ein reiches Florengebiet, in welchem von be- sonderem Interesse der Thian-schan von Fergana bis mitten in die Gobi hineinzieht. (Ueber die Grenze zwischen 2 und 3 vergl. Regel, G. J., IX, 178.) In diesen Gebirgen gibt es keine Sumpf- moore, kein Vaccinium, kein Rhododendron; Salsolaceen, Eremurus, Ferula, Astragalus, Umbilicus treten für sie massenhaft auf. Pi- stacia tritt noch auf; als weiteres Beispiel für den systematischen Charakter seien folgende Leguminosen genannt: Sophora, Halimo- dendron (Orient!), Colutea, Eremosparton, Glycyrrhiza, Chesneya, Sewerzowia, strauchige Hedysarum, Alhagi, Onobrychis, Ononis und die Trifolien, ausserdem Astragaleen. In den Niederungen wechseln zumeist Salz- und Wassermoore mit Röhricht und Ge- strüpp, Sand- und Thonwüsten mit Weiden, und wo Wasser ge- nügend, ist auch Gartenland mit wertvollen Produkten; Pappel- bäume bekränzen die Flussläufe. -- Diese Florenbedeckung hat ein relativ junges Alter; denn, wie Krassnoff (nach Muschketoff) angibt, war noch in der Tertiärzeit der Thian-schan ein Archipel, der in einem Meere lag, welches die gegenwärtige aralo-kaspische Ebene bedeckte und durch zwei Meeresstrassen in der Songarei und Fergana mit dem centralasiatischen Meere in Verbindung stand. Später folgten grosse Vergletscherungen im Gebirge, die jetzt bei der herrschenden Trockenheit grossenteils geschwunden sind. Noch
5. Inner-Asien.
begleitet ihn die in Hochtibet am höchsten steigende Myri- caria germanica.
Von Vegetationsregionen sind folgende zu unter- scheiden:
1. Karakorum und nordwestlicher Himalaya. Am Pamir kreuzen sich eine Menge verschiedenartiger Florenbestand- teile; es ist klar, dass in diesen südwestlichen Hochgebirgen über- haupt der Anschluss an die orientale und pontische Flora ein inniger sein muss. So ist hier eine mannigfaltige Baumvegetation in 1200—2500 m Höhe, von Ahorn-, Apfel-, Kirsch-, Nussbäumen und den Juniperus-Stämmen, welche noch 3300 m hoch mit Weiden, Birken und baumartiger Ephedra gemischt vorkommen (s. Geogr. Mittlgn. 1883, S. 69 und 1884, S. 81). Der milde Vegetations- charakter vom grünenden Kaschmir ist bekannt; der strenge inner- asiatische Charakter hebt erst jenseits der Indus-Wasserscheide an. Von hier haben die Brüder Schlagintweit die eingehendsten Aufzeich- nungen über Vegetation und deren Höhengrenzen geliefert (siehe G. J., IX, 175), welche mit 6038 m den höchsten Stand der Phanerogamen erreichen. Myricaria und Tamarix (indica) steigen hier zu 4000—5000 m, die höchsten Sträucher wurden vereinzelt bis 5181 m hoch gefunden. Diese Höhen in den Karakorumketten sinken aber im Künlün unter 4000 m herab, wo die Baumgrenze bei 2775 m und die Höhengrenze des Gerstenbaues bei 2950 m liegt.
2. Die aralo-kaspische Salzsteppenregion und die
3. turkestanische Wald- und Hochsteppen-Vegeta- tionsregion bilden ein reiches Florengebiet, in welchem von be- sonderem Interesse der Thian-schan von Fergana bis mitten in die Gobi hineinzieht. (Ueber die Grenze zwischen 2 und 3 vergl. Regel, G. J., IX, 178.) In diesen Gebirgen gibt es keine Sumpf- moore, kein Vaccinium, kein Rhododendron; Salsolaceen, Eremurus, Ferula, Astragalus, Umbilicus treten für sie massenhaft auf. Pi- stacia tritt noch auf; als weiteres Beispiel für den systematischen Charakter seien folgende Leguminosen genannt: Sophora, Halimo- dendron (Orient!), Colutea, Eremosparton, Glycyrrhiza, Chesneya, Sewerzowia, strauchige Hedysarum, Alhagi, Onobrychis, Ononis und die Trifolien, ausserdem Astragaleen. In den Niederungen wechseln zumeist Salz- und Wassermoore mit Röhricht und Ge- strüpp, Sand- und Thonwüsten mit Weiden, und wo Wasser ge- nügend, ist auch Gartenland mit wertvollen Produkten; Pappel- bäume bekränzen die Flussläufe. — Diese Florenbedeckung hat ein relativ junges Alter; denn, wie Krassnoff (nach Muschketoff) angibt, war noch in der Tertiärzeit der Thian-schan ein Archipel, der in einem Meere lag, welches die gegenwärtige aralo-kaspische Ebene bedeckte und durch zwei Meeresstrassen in der Songarei und Fergana mit dem centralasiatischen Meere in Verbindung stand. Später folgten grosse Vergletscherungen im Gebirge, die jetzt bei der herrschenden Trockenheit grossenteils geschwunden sind. Noch
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0442"n="410"/><fwplace="top"type="header">5. Inner-Asien.</fw><lb/>
begleitet ihn die in Hochtibet am höchsten steigende <hirendition="#i">Myri-<lb/>
caria germanica</hi>.</p><lb/><p>Von Vegetationsregionen sind folgende zu unter-<lb/>
scheiden:</p><lb/><p>1. <hirendition="#g">Karakorum und nordwestlicher Himalaya</hi>. Am<lb/>
Pamir kreuzen sich eine Menge verschiedenartiger Florenbestand-<lb/>
teile; es ist klar, dass in diesen südwestlichen Hochgebirgen über-<lb/>
haupt der Anschluss an die orientale und pontische Flora ein<lb/>
inniger sein muss. So ist hier eine mannigfaltige Baumvegetation<lb/>
in 1200—2500 m Höhe, von Ahorn-, Apfel-, Kirsch-, Nussbäumen<lb/>
und den Juniperus-Stämmen, welche noch 3300 m hoch mit Weiden,<lb/>
Birken und baumartiger Ephedra gemischt vorkommen (s. Geogr.<lb/>
Mittlgn. 1883, S. 69 und 1884, S. 81). Der milde Vegetations-<lb/>
charakter vom grünenden Kaschmir ist bekannt; der strenge inner-<lb/>
asiatische Charakter hebt erst jenseits der Indus-Wasserscheide an.<lb/>
Von hier haben die Brüder Schlagintweit die eingehendsten Aufzeich-<lb/>
nungen über Vegetation und deren Höhengrenzen geliefert (siehe<lb/><hirendition="#i">G. J.</hi>, IX, 175), welche mit 6038 m den höchsten Stand der<lb/>
Phanerogamen erreichen. Myricaria und Tamarix (indica) steigen<lb/>
hier zu 4000—5000 m, die höchsten Sträucher wurden vereinzelt<lb/>
bis 5181 m hoch gefunden. Diese Höhen in den Karakorumketten<lb/>
sinken aber im Künlün unter 4000 m herab, wo die Baumgrenze<lb/>
bei 2775 m und die Höhengrenze des Gerstenbaues bei 2950 m liegt.</p><lb/><p>2. Die <hirendition="#g">aralo-kaspische Salzsteppenregion</hi> und die</p><lb/><p>3. <hirendition="#g">turkestanische Wald- und Hochsteppen-Vegeta-<lb/>
tionsregion</hi> bilden ein reiches Florengebiet, in welchem von be-<lb/>
sonderem Interesse der Thian-schan von Fergana bis mitten in die<lb/>
Gobi hineinzieht. (Ueber die Grenze zwischen 2 und 3 vergl.<lb/>
Regel, <hirendition="#i">G. J.</hi>, IX, 178.) In diesen Gebirgen gibt es keine Sumpf-<lb/>
moore, kein Vaccinium, kein Rhododendron; Salsolaceen, Eremurus,<lb/>
Ferula, Astragalus, Umbilicus treten für sie massenhaft auf. Pi-<lb/>
stacia tritt noch auf; als weiteres Beispiel für den systematischen<lb/>
Charakter seien folgende Leguminosen genannt: Sophora, Halimo-<lb/>
dendron (Orient!), Colutea, Eremosparton, Glycyrrhiza, Chesneya,<lb/>
Sewerzowia, strauchige Hedysarum, Alhagi, Onobrychis, Ononis<lb/>
und die Trifolien, ausserdem Astragaleen. In den Niederungen<lb/>
wechseln zumeist Salz- und Wassermoore mit Röhricht und Ge-<lb/>
strüpp, Sand- und Thonwüsten mit Weiden, und wo Wasser ge-<lb/>
nügend, ist auch Gartenland mit wertvollen Produkten; Pappel-<lb/>
bäume bekränzen die Flussläufe. — Diese Florenbedeckung hat ein<lb/>
relativ junges Alter; denn, wie Krassnoff (nach Muschketoff) angibt,<lb/>
war noch in der Tertiärzeit der Thian-schan ein Archipel, der in<lb/>
einem Meere lag, welches die gegenwärtige aralo-kaspische Ebene<lb/>
bedeckte und durch zwei Meeresstrassen in der Songarei und Fergana<lb/>
mit dem centralasiatischen Meere in Verbindung stand. Später<lb/>
folgten grosse Vergletscherungen im Gebirge, die jetzt bei der<lb/>
herrschenden Trockenheit grossenteils geschwunden sind. Noch<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[410/0442]
5. Inner-Asien.
begleitet ihn die in Hochtibet am höchsten steigende Myri-
caria germanica.
Von Vegetationsregionen sind folgende zu unter-
scheiden:
1. Karakorum und nordwestlicher Himalaya. Am
Pamir kreuzen sich eine Menge verschiedenartiger Florenbestand-
teile; es ist klar, dass in diesen südwestlichen Hochgebirgen über-
haupt der Anschluss an die orientale und pontische Flora ein
inniger sein muss. So ist hier eine mannigfaltige Baumvegetation
in 1200—2500 m Höhe, von Ahorn-, Apfel-, Kirsch-, Nussbäumen
und den Juniperus-Stämmen, welche noch 3300 m hoch mit Weiden,
Birken und baumartiger Ephedra gemischt vorkommen (s. Geogr.
Mittlgn. 1883, S. 69 und 1884, S. 81). Der milde Vegetations-
charakter vom grünenden Kaschmir ist bekannt; der strenge inner-
asiatische Charakter hebt erst jenseits der Indus-Wasserscheide an.
Von hier haben die Brüder Schlagintweit die eingehendsten Aufzeich-
nungen über Vegetation und deren Höhengrenzen geliefert (siehe
G. J., IX, 175), welche mit 6038 m den höchsten Stand der
Phanerogamen erreichen. Myricaria und Tamarix (indica) steigen
hier zu 4000—5000 m, die höchsten Sträucher wurden vereinzelt
bis 5181 m hoch gefunden. Diese Höhen in den Karakorumketten
sinken aber im Künlün unter 4000 m herab, wo die Baumgrenze
bei 2775 m und die Höhengrenze des Gerstenbaues bei 2950 m liegt.
2. Die aralo-kaspische Salzsteppenregion und die
3. turkestanische Wald- und Hochsteppen-Vegeta-
tionsregion bilden ein reiches Florengebiet, in welchem von be-
sonderem Interesse der Thian-schan von Fergana bis mitten in die
Gobi hineinzieht. (Ueber die Grenze zwischen 2 und 3 vergl.
Regel, G. J., IX, 178.) In diesen Gebirgen gibt es keine Sumpf-
moore, kein Vaccinium, kein Rhododendron; Salsolaceen, Eremurus,
Ferula, Astragalus, Umbilicus treten für sie massenhaft auf. Pi-
stacia tritt noch auf; als weiteres Beispiel für den systematischen
Charakter seien folgende Leguminosen genannt: Sophora, Halimo-
dendron (Orient!), Colutea, Eremosparton, Glycyrrhiza, Chesneya,
Sewerzowia, strauchige Hedysarum, Alhagi, Onobrychis, Ononis
und die Trifolien, ausserdem Astragaleen. In den Niederungen
wechseln zumeist Salz- und Wassermoore mit Röhricht und Ge-
strüpp, Sand- und Thonwüsten mit Weiden, und wo Wasser ge-
nügend, ist auch Gartenland mit wertvollen Produkten; Pappel-
bäume bekränzen die Flussläufe. — Diese Florenbedeckung hat ein
relativ junges Alter; denn, wie Krassnoff (nach Muschketoff) angibt,
war noch in der Tertiärzeit der Thian-schan ein Archipel, der in
einem Meere lag, welches die gegenwärtige aralo-kaspische Ebene
bedeckte und durch zwei Meeresstrassen in der Songarei und Fergana
mit dem centralasiatischen Meere in Verbindung stand. Später
folgten grosse Vergletscherungen im Gebirge, die jetzt bei der
herrschenden Trockenheit grossenteils geschwunden sind. Noch
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 410. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/442>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.