Druskowitz, Helene von: Moderne Versuche eines Religionsersatzes. Heidelberg, 1886.ebenso wie dieses von Comte's Altruismus. Beide Denker, Beide gehen zunächst von der falschen Anschauung aus, ebenſo wie dieſes von Comte’s Altruismus. Beide Denker, Beide gehen zunächſt von der falſchen Anſchauung aus, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0043" n="34"/> ebenſo wie dieſes von Comte’s Altruismus. Beide Denker,<lb/> Schopenhauer und Feuerbach, befinden ſich hier in derſelben<lb/> oppoſitionellen Stellung gegen Kant und beide irren in ihrer<lb/> Oppoſition.</p><lb/> <p>Beide gehen zunächſt von der falſchen Anſchauung aus,<lb/> als handle es ſich in der Moral nur um das Verhältniß von<lb/> Menſch zu Menſch, während doch auch das Verhältniß des<lb/> Menſchen zur eigenen Perſönlichkeit, ſowie das zur Jdee, zur<lb/> Wahrheit, welches durch das intellektuelle Gewiſſen be-<lb/> zeichnet wird, in Betracht kommt. Das intellektuelle Gewiſſen<lb/> kann uns aber unter Umſtänden zur Härte, ja zur Grau-<lb/> ſamkeit gegen die Mitmenſchen beſtimmen, und doch iſt der<lb/> Moral ihr Recht geſchehen. Aber auch dann, wenn es ſich<lb/> darum handelt, dem Mitmenſchen einen Nutzen zu gewähren,<lb/> oder ihn vor Schaden zu hüten, werden, wenn unſere Hand-<lb/> lungen wirklich moraliſchen Werth beſitzen ſollen, die Gefühle<lb/> der Achtung, der Sympathie, der Liebe immer nur eine ſecun-<lb/> däre Rolle ſpielen dürfen, während das <hi rendition="#aq">primum mobile</hi> etwas<lb/> von jenen Gefühlen ganz Unabhängiges ſein muß. Es iſt<lb/> jene innere Stimme, jenes Bewußtſein, welches auch dann<lb/> ſeine Macht über uns geltend macht, wenn es ſich darum<lb/> handelt, etwas gegen unſern Willen zu thun, unſere eigenen<lb/> glühendſten Wünſche fremdem Jntereſſe unterzuordnen, uns<lb/> völlig gleichgültige Menſchen zu fördern, unſern Feinden<lb/> Gerechtigkeit widerfahren zu laſſen; es iſt jenes nur all-<lb/> mählich im Menſchen erwachende, <hi rendition="#aq">a priori</hi> gegebene Bewußtſein<lb/> einer höheren idealen Ordnung, die der Menſch in Wirklich-<lb/> keit umſetzen ſoll; es iſt der allmählich zum Durchbruch ge-<lb/> langende Sinn für Gleichgewicht und Harmonie der menſch-<lb/> lichen Jntereſſen, ein Sinn, der dem äſthetiſchen Trieb nicht<lb/> nur verwandt, ſondern im Grunde ein und dasſelbe mit ihm<lb/> iſt. Um ſo ſchöner, um ſo menſchlicher, wenn wir unſere<lb/> moraliſchen Handlungen zugleich mit Sympathie für die Per-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [34/0043]
ebenſo wie dieſes von Comte’s Altruismus. Beide Denker,
Schopenhauer und Feuerbach, befinden ſich hier in derſelben
oppoſitionellen Stellung gegen Kant und beide irren in ihrer
Oppoſition.
Beide gehen zunächſt von der falſchen Anſchauung aus,
als handle es ſich in der Moral nur um das Verhältniß von
Menſch zu Menſch, während doch auch das Verhältniß des
Menſchen zur eigenen Perſönlichkeit, ſowie das zur Jdee, zur
Wahrheit, welches durch das intellektuelle Gewiſſen be-
zeichnet wird, in Betracht kommt. Das intellektuelle Gewiſſen
kann uns aber unter Umſtänden zur Härte, ja zur Grau-
ſamkeit gegen die Mitmenſchen beſtimmen, und doch iſt der
Moral ihr Recht geſchehen. Aber auch dann, wenn es ſich
darum handelt, dem Mitmenſchen einen Nutzen zu gewähren,
oder ihn vor Schaden zu hüten, werden, wenn unſere Hand-
lungen wirklich moraliſchen Werth beſitzen ſollen, die Gefühle
der Achtung, der Sympathie, der Liebe immer nur eine ſecun-
däre Rolle ſpielen dürfen, während das primum mobile etwas
von jenen Gefühlen ganz Unabhängiges ſein muß. Es iſt
jene innere Stimme, jenes Bewußtſein, welches auch dann
ſeine Macht über uns geltend macht, wenn es ſich darum
handelt, etwas gegen unſern Willen zu thun, unſere eigenen
glühendſten Wünſche fremdem Jntereſſe unterzuordnen, uns
völlig gleichgültige Menſchen zu fördern, unſern Feinden
Gerechtigkeit widerfahren zu laſſen; es iſt jenes nur all-
mählich im Menſchen erwachende, a priori gegebene Bewußtſein
einer höheren idealen Ordnung, die der Menſch in Wirklich-
keit umſetzen ſoll; es iſt der allmählich zum Durchbruch ge-
langende Sinn für Gleichgewicht und Harmonie der menſch-
lichen Jntereſſen, ein Sinn, der dem äſthetiſchen Trieb nicht
nur verwandt, ſondern im Grunde ein und dasſelbe mit ihm
iſt. Um ſo ſchöner, um ſo menſchlicher, wenn wir unſere
moraliſchen Handlungen zugleich mit Sympathie für die Per-
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