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Dühring, Eugen: Der Weg zur höheren Berufsbildung der Frauen und die Lehrweise der Universitäten. 2. Aufl. Leipzig, 1885.

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geometrischen Methode, ist ziemlich einfach zu erledigen und
setzt grade zu dem Wichtigsten in den Stand, nämlich zur Er-
fassung der Grundlehren von der allgemeinen Schwere. Eignet
man sich überdies noch ein paar einfache Rechnungsgebilde der
modernen Mathematik, nämlich einige sehr einfache Differential-
und Integralbegriffe nebst ein paar der einfachsten Potentialformen
an, so kann im Bereich der astronomischen Erkenntniss kaum
mehr etwas Erhebliches vorkommen, was sich nicht mit diesen
Hülfsmitteln ableiten und beweisen liesse. Für die fundamentale
Hauptsache kann aber schon die Bekanntschaft mit dem Wesen
und der Berechnung der erwähnten Kegelschnitte genügen. Die
Curven zweiten Grades bilden nämlich einen Markstein, bis zu
welchem die rein mathematische Orientirung ausgedehnt werden
muss, wenn sie für die Anwendungen Früchte tragen soll, und
zwar muss das Wenige, was von diesen Curven zu lernen ist,
sogleich vollständig, d. h. mit Rücksicht auf die Stetigkeit und
mithin auf die geometrischen Differentiale, ins Auge gefasst
werden.

Die vorangehenden Fingerzeige können selbstverständlich
nicht eine eingehende Anleitung ersetzen. Sie sollen nur Er-
läuterungen sein, in welcher Art man sich zu verhalten habe.
Zum vollständigen Studium der Mathematik haben mein Sohn
und ich am Ende unseres Werks "Neue Grundmittel und Er-
findungen zur Analysis u. s. w." eine specielle kritische Anleitung
gegeben. Diese, sowie einige der einfacheren und mehr grund-
legenden Lehren des fraglichen Buchs können auch von denen
benützt werden, welche sich auf die äussersten Höhen und in die
entlegensten Regionen der abstractesten, ja zum Theil nur spe-
culativ interessanten Mathematik zu begeben keine Ursache haben.
An Klärung der wesentlichen Begriffe und an Bezeichnung der
einfachsten Studienwege und Studienmittel haben aber Alle ein
Interesse, und das fragliche Werk ist so eingerichtet, dass sich
die Einfachheiten daraus für sich, unter Weglassung der speciali-
stischen Entwicklungen, leicht entnehmen lassen.

Gäbe es einen Cursus der Mathematik in dem zugleich mo-
dernen und einfach praktischen Sinne, wie ich ihn meine, so wäre
das Studium mindestens um das Zehnfache erleichtert. Da eine
solche Bearbeitung aber fehlt, so kommt dem Lernenden unver-
meidlich viel Schutt in den Weg. Ein Conglomerat von zweck-
losen Abstractionen und Ausspinnungen, die nicht mit Rücksicht

geometrischen Methode, ist ziemlich einfach zu erledigen und
setzt grade zu dem Wichtigsten in den Stand, nämlich zur Er-
fassung der Grundlehren von der allgemeinen Schwere. Eignet
man sich überdies noch ein paar einfache Rechnungsgebilde der
modernen Mathematik, nämlich einige sehr einfache Differential-
und Integralbegriffe nebst ein paar der einfachsten Potentialformen
an, so kann im Bereich der astronomischen Erkenntniss kaum
mehr etwas Erhebliches vorkommen, was sich nicht mit diesen
Hülfsmitteln ableiten und beweisen liesse. Für die fundamentale
Hauptsache kann aber schon die Bekanntschaft mit dem Wesen
und der Berechnung der erwähnten Kegelschnitte genügen. Die
Curven zweiten Grades bilden nämlich einen Markstein, bis zu
welchem die rein mathematische Orientirung ausgedehnt werden
muss, wenn sie für die Anwendungen Früchte tragen soll, und
zwar muss das Wenige, was von diesen Curven zu lernen ist,
sogleich vollständig, d. h. mit Rücksicht auf die Stetigkeit und
mithin auf die geometrischen Differentiale, ins Auge gefasst
werden.

Die vorangehenden Fingerzeige können selbstverständlich
nicht eine eingehende Anleitung ersetzen. Sie sollen nur Er-
läuterungen sein, in welcher Art man sich zu verhalten habe.
Zum vollständigen Studium der Mathematik haben mein Sohn
und ich am Ende unseres Werks „Neue Grundmittel und Er-
findungen zur Analysis u. s. w.“ eine specielle kritische Anleitung
gegeben. Diese, sowie einige der einfacheren und mehr grund-
legenden Lehren des fraglichen Buchs können auch von denen
benützt werden, welche sich auf die äussersten Höhen und in die
entlegensten Regionen der abstractesten, ja zum Theil nur spe-
culativ interessanten Mathematik zu begeben keine Ursache haben.
An Klärung der wesentlichen Begriffe und an Bezeichnung der
einfachsten Studienwege und Studienmittel haben aber Alle ein
Interesse, und das fragliche Werk ist so eingerichtet, dass sich
die Einfachheiten daraus für sich, unter Weglassung der speciali-
stischen Entwicklungen, leicht entnehmen lassen.

Gäbe es einen Cursus der Mathematik in dem zugleich mo-
dernen und einfach praktischen Sinne, wie ich ihn meine, so wäre
das Studium mindestens um das Zehnfache erleichtert. Da eine
solche Bearbeitung aber fehlt, so kommt dem Lernenden unver-
meidlich viel Schutt in den Weg. Ein Conglomerat von zweck-
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[90/0099] geometrischen Methode, ist ziemlich einfach zu erledigen und setzt grade zu dem Wichtigsten in den Stand, nämlich zur Er- fassung der Grundlehren von der allgemeinen Schwere. Eignet man sich überdies noch ein paar einfache Rechnungsgebilde der modernen Mathematik, nämlich einige sehr einfache Differential- und Integralbegriffe nebst ein paar der einfachsten Potentialformen an, so kann im Bereich der astronomischen Erkenntniss kaum mehr etwas Erhebliches vorkommen, was sich nicht mit diesen Hülfsmitteln ableiten und beweisen liesse. Für die fundamentale Hauptsache kann aber schon die Bekanntschaft mit dem Wesen und der Berechnung der erwähnten Kegelschnitte genügen. Die Curven zweiten Grades bilden nämlich einen Markstein, bis zu welchem die rein mathematische Orientirung ausgedehnt werden muss, wenn sie für die Anwendungen Früchte tragen soll, und zwar muss das Wenige, was von diesen Curven zu lernen ist, sogleich vollständig, d. h. mit Rücksicht auf die Stetigkeit und mithin auf die geometrischen Differentiale, ins Auge gefasst werden. Die vorangehenden Fingerzeige können selbstverständlich nicht eine eingehende Anleitung ersetzen. Sie sollen nur Er- läuterungen sein, in welcher Art man sich zu verhalten habe. Zum vollständigen Studium der Mathematik haben mein Sohn und ich am Ende unseres Werks „Neue Grundmittel und Er- findungen zur Analysis u. s. w.“ eine specielle kritische Anleitung gegeben. Diese, sowie einige der einfacheren und mehr grund- legenden Lehren des fraglichen Buchs können auch von denen benützt werden, welche sich auf die äussersten Höhen und in die entlegensten Regionen der abstractesten, ja zum Theil nur spe- culativ interessanten Mathematik zu begeben keine Ursache haben. An Klärung der wesentlichen Begriffe und an Bezeichnung der einfachsten Studienwege und Studienmittel haben aber Alle ein Interesse, und das fragliche Werk ist so eingerichtet, dass sich die Einfachheiten daraus für sich, unter Weglassung der speciali- stischen Entwicklungen, leicht entnehmen lassen. Gäbe es einen Cursus der Mathematik in dem zugleich mo- dernen und einfach praktischen Sinne, wie ich ihn meine, so wäre das Studium mindestens um das Zehnfache erleichtert. Da eine solche Bearbeitung aber fehlt, so kommt dem Lernenden unver- meidlich viel Schutt in den Weg. Ein Conglomerat von zweck- losen Abstractionen und Ausspinnungen, die nicht mit Rücksicht

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Projekt: Texte zur Frauenfrage um 1900 Gießen/Kassel: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-06-13T16:46:57Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Dühring, Eugen: Der Weg zur höheren Berufsbildung der Frauen und die Lehrweise der Universitäten. 2. Aufl. Leipzig, 1885, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/duehring_berufsbildung_1885/99>, abgerufen am 28.04.2024.