der abgeleiteten Reihen vielfach eine sehr lebhafte Neugier geltend, herauszubekommen, welcher Kategorie von Umfor- mungen die gerade gelernten Reihen angehörten. Dass diese zerstreuend und dadurch verlangsamend eingewirkt haben muss, ist nicht nur an sich wahrscheinlich, sondern auch noch durch das Resultat bei den durch Silbenpermutation abgeleiteten Reihen. Man erwartet, dass die Identität der Silbenmasse sowie der Anfangs- und Endsilben sich bei diesen durch eine, wenn auch noch so geringe, Arbeitsersparnis geltend mache. Dies zeigt sich auch bei den Versuchen der ersten Gruppe. Bei denen der zweiten Gruppe dagegen wird an ihrer Stelle ein geringer Mehraufwand an Zeit bemerklich, der, wenn er nicht bloss zufällig ist, kaum anders als durch jene zer- streuende Neugier erklärt werden kann.
Möglicherweise haben beide Ursachen gleichzeitig ein- gewirkt, sodass also die ersten Versuche etwas zu hohe, die zweiten etwas zu kleine Zahlen ergeben haben. Erlaubt man sich unter dieser Voraussetzung, die beiden Zahlenreihen zu- sammenzuwerfen, um die entgegengesetzten Fehler in etwa zu kompensieren, so gewinnt man schliesslich aus sämtlichen 85 Doppelversuchen folgende Tabelle. (Die Zahlen der vier mittleren Kolumnen bedeuten Sekunden.)
[Tabelle]
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* Die wahrscheinlichen Fehler sind berechnet aus den einzelnen
Ebbinghaus, Über das Gedächtnis. 10
der abgeleiteten Reihen vielfach eine sehr lebhafte Neugier geltend, herauszubekommen, welcher Kategorie von Umfor- mungen die gerade gelernten Reihen angehörten. Daſs diese zerstreuend und dadurch verlangsamend eingewirkt haben muſs, ist nicht nur an sich wahrscheinlich, sondern auch noch durch das Resultat bei den durch Silbenpermutation abgeleiteten Reihen. Man erwartet, daſs die Identität der Silbenmasse sowie der Anfangs- und Endsilben sich bei diesen durch eine, wenn auch noch so geringe, Arbeitsersparnis geltend mache. Dies zeigt sich auch bei den Versuchen der ersten Gruppe. Bei denen der zweiten Gruppe dagegen wird an ihrer Stelle ein geringer Mehraufwand an Zeit bemerklich, der, wenn er nicht bloſs zufällig ist, kaum anders als durch jene zer- streuende Neugier erklärt werden kann.
Möglicherweise haben beide Ursachen gleichzeitig ein- gewirkt, sodaſs also die ersten Versuche etwas zu hohe, die zweiten etwas zu kleine Zahlen ergeben haben. Erlaubt man sich unter dieser Voraussetzung, die beiden Zahlenreihen zu- sammenzuwerfen, um die entgegengesetzten Fehler in etwa zu kompensieren, so gewinnt man schlieſslich aus sämtlichen 85 Doppelversuchen folgende Tabelle. (Die Zahlen der vier mittleren Kolumnen bedeuten Sekunden.)
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* Die wahrscheinlichen Fehler sind berechnet aus den einzelnen
Ebbinghaus, Über das Gedächtnis. 10
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der abgeleiteten Reihen vielfach eine sehr lebhafte Neugier
geltend, herauszubekommen, welcher Kategorie von Umfor-
mungen die gerade gelernten Reihen angehörten. Daſs diese
zerstreuend und dadurch verlangsamend eingewirkt haben muſs,
ist nicht nur an sich wahrscheinlich, sondern auch noch durch
das Resultat bei den durch Silbenpermutation abgeleiteten
Reihen. Man erwartet, daſs die Identität der Silbenmasse
sowie der Anfangs- und Endsilben sich bei diesen durch eine,
wenn auch noch so geringe, Arbeitsersparnis geltend mache.
Dies zeigt sich auch bei den Versuchen der ersten Gruppe.
Bei denen der zweiten Gruppe dagegen wird an ihrer Stelle
ein geringer Mehraufwand an Zeit bemerklich, der, wenn er
nicht bloſs zufällig ist, kaum anders als durch jene zer-
streuende Neugier erklärt werden kann.
Möglicherweise haben beide Ursachen gleichzeitig ein-
gewirkt, sodaſs also die ersten Versuche etwas zu hohe, die
zweiten etwas zu kleine Zahlen ergeben haben. Erlaubt man
sich unter dieser Voraussetzung, die beiden Zahlenreihen zu-
sammenzuwerfen, um die entgegengesetzten Fehler in etwa
zu kompensieren, so gewinnt man schlieſslich aus sämtlichen
85 Doppelversuchen folgende Tabelle. (Die Zahlen der vier
mittleren Kolumnen bedeuten Sekunden.)
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* Die wahrscheinlichen Fehler sind berechnet aus den einzelnen
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Ebbinghaus, Hermann: Über das Gedächtnis. Leipzig, 1885, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebbinghaus_gedaechtnis_1885/161>, abgerufen am 17.07.2024.
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