Ebbinghaus, Hermann: Über das Gedächtnis. Leipzig, 1885.und Wirkungen erscheint uns unter Umständen wohl möglich, § 6. Möglichkeit der Herstellung konstanter Versuchs- bedingungen. Wer an die komplicierten Vorgänge des höheren psychi- Indessen man wird sich doch hüten müssen, diesen rich- und Wirkungen erscheint uns unter Umständen wohl möglich, § 6. Möglichkeit der Herstellung konstanter Versuchs- bedingungen. Wer an die komplicierten Vorgänge des höheren psychi- Indessen man wird sich doch hüten müssen, diesen rich- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0031" n="15"/> und Wirkungen erscheint uns unter Umständen wohl möglich,<lb/> wenn wir nur bei den Wiederholungen unserer Versuche die<lb/> an und für sich schon erforderliche Gleichheit der maſsgeben-<lb/> den Bedingungen verwirklichen können.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head>§ 6.<lb/><hi rendition="#b">Möglichkeit der Herstellung konstanter Versuchs-<lb/> bedingungen.</hi></head><lb/> <p>Wer an die komplicierten Vorgänge des höheren psychi-<lb/> schen Lebens denkt oder herkommt von der Beschäftigung<lb/> mit den noch komplicierteren Erscheinungen des Staats- und<lb/> Gesellschaftslebens, wird im allgemeinen geneigt sein, die<lb/> Möglichkeit, behufs psychologischer Experimente konstante<lb/> Versuchsumstände herzustellen, zu verneinen. Nichts ist uns<lb/> geläufiger als die Willkür, das aller Vorsicht und Berechnung<lb/> Spottende des geistigen Geschehens. Faktoren, die offenbar<lb/> höchst maſsgebende sind und ebenso höchst wandelbare, die<lb/> geistige Frische, das Interesse an dem Gegenstande, die An-<lb/> spannung der Aufmerksamkeit, die durch plötzliche Einfälle<lb/> und Entschlüsse bewirkten Veränderungen des Gedankenlaufs,<lb/> haben wir gar nicht oder nur in ungenügender Weise in un-<lb/> serer Gewalt.</p><lb/> <p>Indessen man wird sich doch hüten müssen, diesen rich-<lb/> tigen Einsichten zu viel Wichtigkeit beizulegen auſserhalb der<lb/> Vorgänge, aus deren Beobachtung sie gewonnen wurden. Alle<lb/> jene unbotmäſsigen Momente sind von der gröſsten Wichtig-<lb/> keit für die höheren geistigen Vorgänge, die überhaupt nur<lb/> bei einer besonders günstigen Konkurrenz der Umstände zu<lb/> stande kommen. Die niederen, alltäglichen und ohne Unter-<lb/> laſs geschehenden Prozesse sind ihrem Einfluſs keineswegs<lb/> entzogen, aber wir haben es allerdings meist in unserer Ge-<lb/> walt, da, wo es darauf ankommt, denselben praktisch wenig<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [15/0031]
und Wirkungen erscheint uns unter Umständen wohl möglich,
wenn wir nur bei den Wiederholungen unserer Versuche die
an und für sich schon erforderliche Gleichheit der maſsgeben-
den Bedingungen verwirklichen können.
§ 6.
Möglichkeit der Herstellung konstanter Versuchs-
bedingungen.
Wer an die komplicierten Vorgänge des höheren psychi-
schen Lebens denkt oder herkommt von der Beschäftigung
mit den noch komplicierteren Erscheinungen des Staats- und
Gesellschaftslebens, wird im allgemeinen geneigt sein, die
Möglichkeit, behufs psychologischer Experimente konstante
Versuchsumstände herzustellen, zu verneinen. Nichts ist uns
geläufiger als die Willkür, das aller Vorsicht und Berechnung
Spottende des geistigen Geschehens. Faktoren, die offenbar
höchst maſsgebende sind und ebenso höchst wandelbare, die
geistige Frische, das Interesse an dem Gegenstande, die An-
spannung der Aufmerksamkeit, die durch plötzliche Einfälle
und Entschlüsse bewirkten Veränderungen des Gedankenlaufs,
haben wir gar nicht oder nur in ungenügender Weise in un-
serer Gewalt.
Indessen man wird sich doch hüten müssen, diesen rich-
tigen Einsichten zu viel Wichtigkeit beizulegen auſserhalb der
Vorgänge, aus deren Beobachtung sie gewonnen wurden. Alle
jene unbotmäſsigen Momente sind von der gröſsten Wichtig-
keit für die höheren geistigen Vorgänge, die überhaupt nur
bei einer besonders günstigen Konkurrenz der Umstände zu
stande kommen. Die niederen, alltäglichen und ohne Unter-
laſs geschehenden Prozesse sind ihrem Einfluſs keineswegs
entzogen, aber wir haben es allerdings meist in unserer Ge-
walt, da, wo es darauf ankommt, denselben praktisch wenig
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