Ebbinghaus, Hermann: Über das Gedächtnis. Leipzig, 1885.(die allerdings durchschnittlich etwas weniger als 3 Buch- von Anfang bis zu Ende durchgelesen; schwierigere Stellen wurden also
nicht etwa besonders gelernt und dann eingefügt. Geschah das letztere, so fielen die Zeiten erheblich geringer aus; von der Anzahl von Wieder- holungen kann man dann nicht mehr sprechen. Natürlich geschah das Lesen zwar möglichst mit gleichförmiger Schnelligkeit, aber nicht in dem langsamen und mechanisch geregelten Tempo, welches für die Silben- reihen festgesetzt war. Die Regelung der Geschwindigkeit war der freien Schätzung überlassen; einmaliges Durchlesen einer Stanze erforderte 20--23 Sekunden. (die allerdings durchschnittlich etwas weniger als 3 Buch- von Anfang bis zu Ende durchgelesen; schwierigere Stellen wurden also
nicht etwa besonders gelernt und dann eingefügt. Geschah das letztere, so fielen die Zeiten erheblich geringer aus; von der Anzahl von Wieder- holungen kann man dann nicht mehr sprechen. Natürlich geschah das Lesen zwar möglichst mit gleichförmiger Schnelligkeit, aber nicht in dem langsamen und mechanisch geregelten Tempo, welches für die Silben- reihen festgesetzt war. Die Regelung der Geschwindigkeit war der freien Schätzung überlassen; einmaliges Durchlesen einer Stanze erforderte 20—23 Sekunden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0085" n="69"/> (die allerdings durchschnittlich etwas weniger als 3 Buch-<lb/> staben zählen dürften), so gewinnt man durch Vergleichung<lb/> der jetzt gefundenen Zahl von Wiederholungen mit den obigen<lb/> einen wenigstens <hi rendition="#g">ungefähren</hi> numerischen Ausdruck für<lb/> die auſserordentliche Begünstigung, welche der Einprägung<lb/> von Reihen durch die vereinigten Bande des Sinnes, des<lb/> Rhythmus, des Reims und der Zugehörigkeit zu einer ein-<lb/> zigen Sprache zu Teil wird. Denkt man sich unsere obige<lb/> Kurve in der Krümmung, die sie einzuschlagen scheint, noch<lb/> eine Strecke fortgeführt, so muſs man voraussetzen, daſs ich<lb/> sinnlose Reihen von 70—80 Silben nach 70—80maliger Wieder-<lb/> holung auswendig hersagen könnte. Waren die Silben durch<lb/> die eben erwähnten Fäden äuſserlich und innerlich aneinander<lb/> gekettet, so reducierte sich also dieses Erfordernis für mich<lb/> auf etwa 1/10 seines Betrages.</p><lb/> <note xml:id="note-0085" prev="#note-0084" place="foot" n="*">von Anfang bis zu Ende durchgelesen; schwierigere Stellen wurden also<lb/> nicht etwa besonders gelernt und dann eingefügt. Geschah das letztere,<lb/> so fielen die Zeiten erheblich geringer aus; von der Anzahl von Wieder-<lb/> holungen kann man dann nicht mehr sprechen. Natürlich geschah das<lb/> Lesen zwar möglichst mit gleichförmiger Schnelligkeit, aber nicht in dem<lb/> langsamen und mechanisch geregelten Tempo, welches für die Silben-<lb/> reihen festgesetzt war. Die Regelung der Geschwindigkeit war der freien<lb/> Schätzung überlassen; einmaliges Durchlesen einer Stanze erforderte<lb/> 20—23 Sekunden.</note> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </body> </text> </TEI> [69/0085]
(die allerdings durchschnittlich etwas weniger als 3 Buch-
staben zählen dürften), so gewinnt man durch Vergleichung
der jetzt gefundenen Zahl von Wiederholungen mit den obigen
einen wenigstens ungefähren numerischen Ausdruck für
die auſserordentliche Begünstigung, welche der Einprägung
von Reihen durch die vereinigten Bande des Sinnes, des
Rhythmus, des Reims und der Zugehörigkeit zu einer ein-
zigen Sprache zu Teil wird. Denkt man sich unsere obige
Kurve in der Krümmung, die sie einzuschlagen scheint, noch
eine Strecke fortgeführt, so muſs man voraussetzen, daſs ich
sinnlose Reihen von 70—80 Silben nach 70—80maliger Wieder-
holung auswendig hersagen könnte. Waren die Silben durch
die eben erwähnten Fäden äuſserlich und innerlich aneinander
gekettet, so reducierte sich also dieses Erfordernis für mich
auf etwa 1/10 seines Betrages.
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* von Anfang bis zu Ende durchgelesen; schwierigere Stellen wurden also
nicht etwa besonders gelernt und dann eingefügt. Geschah das letztere,
so fielen die Zeiten erheblich geringer aus; von der Anzahl von Wieder-
holungen kann man dann nicht mehr sprechen. Natürlich geschah das
Lesen zwar möglichst mit gleichförmiger Schnelligkeit, aber nicht in dem
langsamen und mechanisch geregelten Tempo, welches für die Silben-
reihen festgesetzt war. Die Regelung der Geschwindigkeit war der freien
Schätzung überlassen; einmaliges Durchlesen einer Stanze erforderte
20—23 Sekunden.
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